Praxistest: Nokia 5500

04.11.2006

Lieferumfang / Verarbeitung

In der silberfarbigen Box liegt erwartungsgemäß ein betont robustes Handy, bei dem wuchtiges Hartplastik, Gummi und neuerdings auch eine Metallumrandung auf der Frontseite das optische Konzept dominieren. Kein Wunder, schließlich müssen wahre Outdoor-Handys auch gegen derbe Stöße und Spritwasser geschützt sein. Auffällig sind dabei die leichte Taillierung auf Höhe der Steuertasten sowie der farbliche abgesetzte Streifen (beim Testgerät knallgelb), der sich einmal komplett um das Display zieht. Ansonsten wurde das 5500 eher schlicht gehalten, denn weder beim Tastaturlayout noch bei der Gestaltung des Steuerblocks griffen die Macher großartig in die Trickkiste - wozu auch, schließlich steht beim 5500 eher Funktionalität im Vordergrund.

Um vor agressivem Wasser wirksam geschützt zu sein, lagern der Akku, die SIM-Karte sowie der Wechselspeicherkarten-Slot unter einer Gummischutzlasche. Grundsätzlich eine praktikable Lösung, die allerdings zwei Schönheitsfehler hat. Erstes Problem: Um den Deckel zu entfernen, muss man den Verschluss um 90 Grad drehen, was ohne Hilfsmittel nahezu unmöglich ist. In der Praxis hat sich eine 1 Cent-Münze als probater Dietrich erwiesen. Zweites Problem: Nach mehrmaligem Öffnen leiert die Gummilasche so stark aus, dass sie an der Unterseite nicht mehr bündig mit der Oberschale abschließt - also ausgerechnet über der Stelle, wo alle Anschlüsse liegen! Wer mit dem Finnen waghalsigere Schwimmexperimente durchführen möchte, dürfte am Handy nicht lange Freude haben. Das ist allerdings auch der einzige Schwachpunkt im Bereich Verarbeitung, denn ansonsten ist der Sportler tadellos in Schuss: er steckt selbst größere Fallhöhen mit einem müden Lächeln weg.

Oberhalb der insgesamt sechs Steuertasten plus Joypad liegt ein 262K-TFT-Display, das dank der gehobenen Auflösung von 208 x 208 Pixel sehr kontraststark und farbintensiv abbildet. Bei einer Größe von nur 3,0 x 3,0 cm kommen die Schriftzeichen allerdings eher mickrig rüber. Wie es sich für ein Outdoor-Handy ziemt, gehören einige Zugaben zum Gesamtpaket dazu. Neben einem hochwertigeren Headset mit einem externen Clip zum Steuern der Musik-Player-Funktionen, liegen auch ein USB-Kabel sowie ein Gürtelclip bei. Wer also mit dem Nokia 5500 joggen und dabei seine musikalischen Fähigkeiten nutzen möchte, ist vom Start weg bestens gerüstet, zumal auch eine 64 MB große microSD-Karte samt Adapter in der Verpackung liegen ? das reicht immerhin für rund 16 Lieblingslieder.

Ausstattung

Die größte Komfortveränderung gegenüber dem direkten Vorgängermodell 5140i ist sicherlich die Verwendung des erweiterbaren Betriebssystems S60. Wer mit diesem OS vertraut ist, weiß auch um dessen Stärken: maximale Flexibilität, gute PIM-Funktionen und optimale Synchronisierungsfeatures. So lassen sich problemlos neue Applikationen draufspielen, Daten mit dem heimischen Rechner abgleichen sowie das optische Erscheinungsbild nach eigenem Gusto beliebig personalisieren. Für ein Outdoor-Handy ist das 5500 also auch ein erstaunlich ausgereiftes Business-Phone, denn im Organizerbereich gibt es kaum einen Punkt, wo der Tester keinen Haken machen konnte. Egal, ob Kalender, Weltzeit, drei E-Mail-Konten oder einem eigenen Ordner für Daten-Synchronisierung (Outlook/SyncML) ? das 5500 steht einem klassischen Business-Handy in kaum etwas nach. On Top gibt es sogar ein Zip-Programm, mit dem man Datenpakete komprimieren bzw. entpacken kann.

Auch im Bereich Connectivity trägt das 5500 Schlips und Kragen. Neben einer Bluetooth-Schnittstelle bauten die Finnen einen Infrarotport ein, was heutzutage eher die Ausnahme ist. Die Bluetooth-Schnittstelle unterstützt sogar das SIM Access Profil, das Autofahrern vollen Zugriff auf die Handy-Kontakte der SIM-Karte gewährt und das Wählen von Telefonnummern deutlich vereinfacht. Auf der Habenseite stehen außerdem noch GPRS Klasse 10 sowie der Datenturbo EDGE. Alle Businessfunktionen wären bekanntlich nur die Hälfte wert, wenn der Speicherplatz nicht ausreichend groß ausgelegt ist. In dieser Disziplin ist der finnische Sportler vorbildlich aufgestellt. Bis zu 2.000 Adressen mit über zehn Merkmalen und maximal 300 Kurzmitteilungen teilen sich einen dynamischen Speicherplatz. Neben den 64 MB auf der microSD-Speicherkarte steckt außerdem ein nochmal so großes festes Datenarchiv unter der Haube. Unterm Strich bietet das 5500 somit ausreichend viele Möglichkeiten, Medien unterschiedlichster Couleur zu verstauen.

Nun aber zum Sport: Größe, Gewicht und Alter eingeben und schon kann der Nutzer in einem eigenen Menüorder sich gleich drei Programme für die körperliche Ertüchtigung zunutze machen. Ein Laufprogramm, das jeden Schritt und die zurückgelegten Distanzen dokumentiert und Durchschnittgeschwindigkeit eines Läufers errechnen kann, soll für Bewegung sorgen. Ein entsprechendes Tagebuch archiviert die persönlichen Trainingsergebnisse und -ziele. Zwei Trainingstests sorgen für Motivation: Im so genannten Cooper-Test muss man zwölf Minuten mit dem Nokia 5500 so schnell laufen wie möglich, um das Ausdauerniveau zu ermitteln. Beim Radtest muss der Proband fünf Minuten auf einem Trainingsfahrrad absolvieren, um die allgemeine, aerobe Ausdauerleistung zu berechnen. Hierfür ist allerdings ein spezielles Messgerät erforderlich. Da im Praxistest der Schrittzähler recht präzise arbeitet, erhält der (angehende) Sportler mit dem Nokia 5500 einen durchaus nützlichen Trainingspartner, mit dem sich zum einen übersichtlich Leistungsfortschritte dokumentieren und zum anderen anvisierte Trainingsziele definieren lassen (z.B. der gewünschte Kalorienverbrauch). Flankiert wird das Sportprogramm durch einige pfiffige Ideen. Um beim Joggen mit dem 5500 nicht aus dem Tritt zu geraten, werden dank einer Text-to-Speech-Funktion eingehende Kurzmitteilungen vorgelesen bzw. Anrufernamen genannt. Dies geschieht durch einfaches Klopfen auf die Tastaturoberfläche. Durch diese Sensorbedienung lassen sich per Doppeltipp auch der MP3-Player und der momentane Trainingsstand abrufen. Eine wirklich gute Idee, die allerdings einen entscheidenden Haken hat: Da die Sprachausgabe nicht sonderlich lautstark ist, geht die elektronische Stimme bei zu vielen Nebengeräuschen komplett unter.

Im Bereich Multimedia bietet der Naturbursche ebenfalls Oberklasse-Komfort. So überzeugt der Music-Player, der auch mit AAC-Dateien klarkommt, mit einem 5-Band-Equalizer, Playlisten und Zufallsgenerator. Der Klang über das mitgelieferte Headset ist außerdem im oberen Qualitätsdrittel anzusiedeln. Die 2 Megapixel-CMOS-Digitalkamera liefert unterm Strich hingegen nur dürftige Ergebnisse, was auch daran liegt, dass weder ein Kameralicht noch ein Autofokus zur qualitativen Optimierung beitragen. Vor allem die mangelnde Schärfe und der selbst bei Tageslichtaufnahmen sichtbare unangenehme Blaustich lassen kaum abzugsfähige Aufnahmen zu.

Praxistest: Nokia 5500
Praxistest: Nokia 5500
Praxistest: Nokia 5500

Eher dürftig fallen die sonst so typischen Outdoor-Funktionen aus. Neben einer Taschenlampe an der Spitze des Geräts gibt es noch eine Push-to-Talk-Taste auf der rechten Gehäuseseite, wobei sich dieser Walkie-Talkie-Modus in Deutschland allerdings nicht durchgesetzt hat. Das Thermometer und der Kompass des Vorgängermodells wurden hingegen ersatzlos gestrichen. Alle weiteren, gehobenen Standardfunktionen sind selbstredend auch an Bord. Dazu gehört ein Diktiergerät, Sprachwahl/-steuerung sowie eine exzellente Freisprecheinrichtung, die selbst größere Räume ausreichend laut klar beschallt.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Im Vergleich zum Vorgängermodell halten sich die Probleme mit der dicken Oberschale in Grenzen, denn bis auf die beiden oberen Steuertasten lassen sich alle Knöpfe dank eines angenehmen und präzisen Druckpunkts gut bedienen. Sämtliche Befehle werden dabei in Bruchteilen einer Sekunde umgesetzt ? größere Bedenksekunden treten nur selten auf. Die Menüführung des Series60-Betriebssystems, das sich beim 5500 auf eine quadratische Fläche pressen lassen musste, überzeugt ansonsten erneut durch Intuitivität und Flexibilität. Zwar nötigt die erhöhte Komplexität dieses OS dem User eine längere Eingewöhnungsphase ab, doch recht schnell erschließen sich einem die Qualitäten dieses Betriebssystem, das dem Besitzer viel Spielraum für Personalisierung lässt.

Praxistest: Nokia 5500

Bei der Akkuleistung macht das 5500 gegenüber dem Vorgängermodell leider einen deutlichen Schritt zurück, denn der Lithium Ionen-Akku bettelte bereits nach drei Tagen Dauereinsatz wieder nach Strom. Einer der Gründe für dieses enttäuschende Ergebnis ist das Betriebssystem, das sich erfahrungsgemäß das eine oder andere Milliampere mehr genehmigt. Bei der Empfangsleistung präsentiert sich der Sportler sowohl in D- als auch E-Netzen als solider Arbeiter, ohne aber im Vergleich mit gestandenen Referenzgeräten zu glänzen. Wer also mit dem 5500 in entlegenden Wäldern unterwegs ist, muss Empfangsabbrüche einkalkulieren. Auch bei der Sprachqualität wird kein Leistungssport geboten, denn dafür kommen Stimmen tonal etwas zu grell und leider auch zu leise rüber, was bei einem Outdoor-Handy schnell zu Verständigungsproblemen führen kann, wenn Umgebungsgeräusche vorhanden sind. Immerhin halten sich Nebengeräusche bei Telefonaten in engen Grenzen.

Fazit

Das Nokia 5500 ist derzeit das mit Abstand am besten ausgestattete Outdoor-Handy auf dem Markt. Vor allem durch die Einbeziehung des Profi-Systems S60 gelingt der Spagat zwischen Outdoor- und Indoor-Einsatz, sodass dieser Finne sicherlich ein breites Publikum ansprechen dürfte. Bezeichnendes Merkmal ist vor allem die "Ruggedness", die Robustheit des Handys. Auf der anderen Seite lassen sich einige Mängel in punkto Handhabung und bei den Messwerten nicht wegdiskutieren. Vor allem die filligrane Displaydarstellung, die schwergängigen Steuertasten sowie die mäßige Akku-Performance dürften manchen potentiellen Käufer abschrecken. Die witzigen Outdoor-Funktionen, die man in allen Vorgängern fand, hat das 5500 abgelegt und orientiert sich jetzt eher an der allgemeinen Fitnesskultur als an den Bedürfnissen verlorengegangener Radwanderer. Alle, die ihrem Handy also etwas mehr als die übliche Alltagsbelastung zumuten möchten oder müssen, sind mit Nokias 5500 exzellent beraten.

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