Praxistest: Motorola RAZR V3i

02.04.2007

Lieferumfang / Verarbeitung

Als Motorola Mitte 2004 das RAZR V3 vorstellte, stand die Handywelt Kopf: der ans legendäre StarTac angelehnte Formfaktor und die revolutionär geringe Tiefe des Handys markierte den Beginn einer neuen Ära: die der Ultraslim-Handys. Der Nachfolger V3i muss mit einem schlichteren Lieferumfang auskommen als das "Original": die schlichte Pappschachtel beherbergt neben allem Obligatorischen ein USB-Datenkabel, Motorolas ausgereifte PC-Suite Mobile Phone Tools 4.0 und eine 64MB große MicroSD-Speicherkarte mit SD-Adapter - ein Headset lag zu unserer Verwunderung leider nicht bei.

Der Formfaktor des V3i entspricht 1:1 dem des legendären V3, sodass das Handy prima für Hemd- und Hosentaschen geeignet ist. Trotz der geringen Tiefe (14mm) ist das V3i recht breit und wirkt im aufgeklappten Zustand ziemlich lang. Vor allem Materialauswahl und kleine Details heben das V3i vom Vorgänger ab: die Klappenoberseite ist mit einer Titanschicht überzogen, die das Handy dank kreisförmiger Bürstung aus jedem Blickwinkel metallisch funkeln lässt. Minimale Knarzgeräusche lassen eine durchschnittliche Fertigungsqualität vermuten, die im schlecht verarbeiteten Akkudeckel gipfelt, der sich nur mit viel Fingerspitzengefühl entfernen und nur mit leichter Gewaltanwendung wieder vollständig aufbringen lässt.

Das Display bleibt mit 176x220 Pixeln Auflösung bei einer Diagonalen von 5,6 cm und 262.144 Farben brilliant und leuchtstark, leider verfälschen die Farben schon unter leichter Neigung des Blickwinkels. Das kleine Außendisplay mit 96 mal 80 Pixeln Auflösung stellt maximal 4096 Farben dar und ist nach unserer Einschätzung etwas heller ausgefallen als beim Ur-RAZR. Auch bei der Tastatur setzt Motorola auf Bewährtes: Aluminium deckt fast die gesamte Innenseite des Folders ab. Die Zwischenräume der Tasten sind mit einer lichtdurchlässigen, blauen Gummierung gefüllt, Die Tastaturbeleuchtung des V3i schlägt einen dunkleren Blauton an, der die Tastatur in gestochen scharfem, luminiszenten Licht hervorhebt - im Zusammenspiel mit dem mattschwarzen Gehäuse ist Motorola hier ein wirklich cooles Ambiente gelungen. Klar definierte knackige Druckpunkte und ein äußerst kurzer Tastenhub ermöglichen schnelles und fehlerfreies Tippen. Direkt unter dem Folderscharnier liegt ein unscheinbarer Helligkeitssensor, der die Beleuchtung bei Bedarf abschaltet, um eine optimale Ablesbarkeit zu gewährleisten.

Ausstattung

Statt VGA-Schnappschüssen nimmt die V3i-Cam jetzt Fotos mit 1,2 Megapixeln Auflösung und digitalem 8x-Zoom auf, deren Resultate eher für Ernüchterung sorgen: Bei schlechteren Witterungsverhältnissen wirken Bilder verschleiert, entfernte Objekte verpixelt und unscharf. Ähnlich wie beim RAZR V3 lässt sich die Kamera auch im zugeklappten Zustand des Handys verwenden ? dann dient das Außendisplay als Sucher. Bilder können als Wallpaper oder Screensaver verwendet oder über die Bluetooth-Schnittstelle an kompatible Fotodrucker geschickt werden, die dann Poster oder eine Bildübersicht auf DIN A4 ausspucken. Auch 3GP-Videos mit maximal 176x144 Pixeln Auflösung lassen sich mit dem V3i jetzt aufnehmen ? die sind aber qualitativ höchstens für MMS interessant.

Der interne Speicher des V3i wurde geringfügig auf 12MB aufgestockt und kann mit Transflash- bzw. MicroSD-Cards auf bis zu 1 GB erweitert werden. Businessaffine Nutzer freuen sich über 2000 Kontakte im Adressbuch sowie Bereinigungsfunktionen, die dafür sorgen, dass die Posteingänge nicht überquellen. Für den schnellen Versand von Mediendateien oder längeren Texten sind sowohl MMS- als auch Email-Client des V3i gut geeignet: Die Maximalgröße einer MMS-Nachricht beträgt 300kB, Emails können mit beliebig großen Attachments bestückt werden und lassen sich parallel von mehreren Accounts abrufen. Gleich zwei Medienplayer spendiert Motorola seinem Designfolder, die sich abgesehen von WMA-Files auf alle gängigen Medienformate verstehen. Schade, dass keiner von beiden in der Praxis einem iTunes-Client oder Walkman-Phone von Sony Ericsson das Wasser reichen kann. Dafür lassen sich beide Player "minimieren", um zum Beispiel bei laufender Musik eine SMS schreiben zu können. Wer sich ein optionales Headset gönnt, kann sich über klaren Klang und hohe Dynamik freuen, gleiches gilt auch für den großen, fußseitig verbauten Lautsprecher; der lässt sich auch von extremen Höhen oder Bässen kaum aus der Ruhe bringen.

Eine vollfunktionale Bluetooth-Schnittstelle (leider ohne A2DP-Profil) findet weiterhin ihren Platz im RAZR, über den MiniUSB-Port lässt sich das Telefon mit einem PC verbinden und sogar als USB-Speichermedium zum leichteren Befüllen mit Musik erkennen. Der integrierte WAP-Browser stellt WAP1.1- und WAP2.0/XHTML-Seiten anstandslos dar, HTML-Seiten werden mit einer Fehlermeldung abgewiesen. Dank GPRS surft man mit vernünftiger Geschwindigkeit auf den Minisites des mobilen Webs, die Darstellung von wap.ebay.de oder dem O2 Active-Portal wirken wie schon beim Vorgänger ganz ansprechend und funktional, der Browser bringt aber vergleichsweise wenig Inhalt auf eine Displayseite.

Das Telefonbuch des V3i nimmt zu jedem Kontakt mehrere Rufnummern und EMailadressen verschiedener Kategorien auf und kann jetzt auch mit jeweils einer Postadresse befüllt werden. Zwischen Vor- und Zuname wird leider nicht unterschieden, was die Synchronisation der Kontakte gelegentlich zum Puzzlespiel macht - dafür lässt sich einem Kontakt ein Nickname zuweisen, der z.B. die ICQ-Kennung eines Kontakts aufnimmt. Kontakte können Anrufergruppen zugeordnet und mit individuellen Anruferbildern und Klingeltönen versehen werden. Der Kalender des V3i stellt sich displayfüllend und übersichtlich, wenn auch ziemlich einfarbig dar. Die auch bei anderen Motorola-Handys zu findenen Unzulänglichkeiten findet man aber auch beim V3i: So können Termine in der Wochenansicht abhängig von der festgelegten Startzeit nur im Zeitraum von 9 Stunden dargestellt werden und sich überschneidende Termine werden nicht besonders gekennzeichnet.

Praxistest: Motorola RAZR V3i
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Aufs mobile Gaming-hat Motorola das RAZR V3i zwar nicht optimiert, das Handy verfügt aber über eine zeitgemäße MIDP2.0 / CLDC 1.1-JVM mit 800kB Arbeitsspeicher. Jedoch sind die 3 wichtigen Java Specification Requests 82, 120 und 75 dazugekommen: sie ermöglichen den Austausch von Daten via Bluetooth, z.B. für Multiplayer-Matches, und lassen Java-Midlets auf Nachrichten- und PIM-Daten zugreifen. Drei Spiele sind ab Werk vorinstalliert: Asphalt Urban GT (Autorennen), Rebels (Vertical/Parallax-Shooter) und Solitaire (Kartenspiel mit vier Spielvarianten) sind zwar keine Dauerbrenner, füllen aber die eine oder andere langweilige Minute.

Bedienung / Telefonfunktionen

Das V3i-Menü kennt man von vielen anderen Motorola-Geräten. Es wurde gegenüber dem V3 in erster Linie um einige funktionale Punkte erweitert. Der Homescreen zeigt Uhrzeit, Betreiberlogo und auf Wunsch vier Shortcut-Icons, die auf die Funktionen der Navkeyrichtungen hinweisen. Das Hauptmenü lässt sich wahlweise als 3x3-Gitter- oder Listenmenü mit bunten, putzig animierten Symbolen anzeigen. Praktisch: Diese lassen sich beliebig anordnen und wer die "Arbeit" mit seinem Mobiltelefon effizienter gestalten will, kann auf beinahe jedem erdenklichen Menüpunkt durch längeres Drücken der Menütaste einen Shortcut anlegen, der sich dann im Hauptmenü über eine Kurzwahltaste aktivieren lässt. Skins und Themes beeinflussen viele Elemente der Menüführung und das Aussehen der Nutzeroberfläche. Migranten anderer Hersteller tun sich erfahrungsgemäß etwas schwer, auf einem neuen Motorola-Handy SMS zu tippen, denn statt T9 kommt bei Motorola das "iTap"-System zum Einsatz, das in der Lage ist, Worte vorausschauend zu ergänzen. Die anzulernenden Sprachkommandos wichen einer sprecherunabhängigen Sprachsteuerung, die mit ihrer verschwindend geringen Trefferrate aber kaum für die Praxis geeignet ist. Mit ihr lassen sich mit viel Glück Kontakte anwählen oder einige Telefonfunktionen via Sprache aktivieren.

Der Fuß des V3i beherbergt die GSM-Antenne des V3i, die das Handy in allen vier Frequenzbändern GSM 850/900/1800/1900 Mhz funken lässt. Netzschwankungen konnten wir lediglich im E-Netz feststellen, im D-Netz bleibt das RAZR V3i felsenfest mit dem Rest der Welt verbunden. O2-Genionkunden dürfen sich über die Kompatibilität zur Homezone, die über ein kleines Häuschen neben dem Betreiberlogo signalisiert wird. Die Sprachqualität wusste uns auf ganzer Linie zu überzeugen: Der Rauschfilter beseitigt nahezu alle störenden Umgebungsgeräusche und lässt eine glasklare Verständigung mit dem Gesprächspartner zu. Die Leistung der Freisprecheinrichtung fanden wir ebenfalls enorm: der Gesprächspartner wird glasklar verstanden und die maximale Lautstärke lässt es zu, das Handy beiseite zu legen und unbehelligt am PC weiterzuarbeiten.

Praxistest: Motorola RAZR V3i
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Der Akku des V3i leistet trotz kleinen 680mAh Kapazität Beachtliches. Bei sporadischer Nutzung von Bluetooth, Telefonie und Musikwiedergabe hält er bis zu einer Woche durch - mehr Stromverbaucher als im V3 hat das "i" ohnehin kaum aufzuweisen. Bei Maximalnutzung aller Multimedia-Features will das Handy zumeist alle zwei Tage wieder ans Netz. Wer Strom sparen will, kann den Flugzeugmodus des V3i aktivieren, der jeglichen GSM-Funk abschaltet. So erreicht man deutlich längere Betriebszeiten beim Musikhören, ist aber nicht mehr telefonisch erreichbar.

Fazit

Wie sein Vorgänger weiß das V3i die Zielgruppe zu begeistern: Designorientierte Kunden und Individualisten mit Hang zum Extravaganten freuen sich über die neue Titanhülle. Freaks belächeln dagegen die altbackene 1,2-Megapixelkamera und die beide notdürftigen MP3-Player. Neuerungen beschränken sich auf einige Details, die sich in der Praxis durchaus bemerkbar machen. Wer vor allem Wert auf Design und Verarbeitung legt und das Handy nur zum Simsen und Telefonieren benötigt, kann getrost noch zum alten RAZR V3 greifen. Das V3i passt sich mit neuem MicroSD-Kartenslot und Multimedia-Funktionen den gängigen Handy-Standards an. Sprachqualität und Akkuausdauer sind weitere Stärken des neuen RAZR.

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