So vermeiden Sie den Powerpoint-Overkill

Präsentieren ohne Powerpoint

15.05.2015
Nein, Sie brauchen keine 89 Folien, um Ihren Vortrag professionell zu untermauern. Autor Matthias Pöhm erklärt in seinem neuen Buch, wie Sie Ihr Publikum ohne Powerpoint fesseln.
  • Eine Powerpoint-Präsentation kann von Ihnen als Redner ablenken
  • Nutzen Sie lieber ein Flipchart

Pflichttermin Jahresversammlung: Das Unternehmen will allen Mitarbeitern zeigen, welche Erfolge es im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielt hat. Ganze Hallen werden dazu leergeräumt, bestuhlt, Großbildleinwände aufgestellt. Der versammelten Mannschaft werden nun lückenlos die Zahlen des letzten Jahres in allen Produktsparten, in allen Länderverteilungen, in allen Spezifikationen präsentiert - natürlich mit Powerpoint. Eine endlose Folienflut ergießt sich über die zwangsverpflichtete Belegschaft, was gut und gerne drei Stunden dauern kann.

Lieber Flipchart als immer nur Powerpoint, meint Autor Matthias Pöhm.
Foto: wavebreakmedia - shutterstock.com

Wer die Anwesenden nach der Versammlung in einem diskreten Moment fragt, ob es sich gelohnt habe, bei dieser Veranstaltung anwesend zu sein, erntet mehrheitliches Kopfschütteln. Wirtschaftlich ist dies ebenfalls nicht: Rechnet man die Stundenlöhne der mental Abwesenden zusammen, kommt man deutschlandweit auf einen Betrag von 490 Millionen Euro - verschwendet durch langatmige Powerpoint Präsentationen nur bei Bilanz-Meetings.

Aber es geht auch anders. Hier sind ein paar Tipps, wie Sie Ihre nächsten Präsentationen spannender machen können:

Weniger ist mehr

Nehmen Sie zunächst eine Selektion der Themen vor. Wenn Sie die Zuhörer Ihrer Präsentation am nächsten Tag fragen würden, wie viele Zahlen sie behalten haben, dann kämen Sie höchstens auf zehn Prozent. Deshalb streichen Sie Dreiviertel ihrer Zahlen und konzentrieren Sie sich nur auf die wenigen drei bis fünf Ziffern, die Ihr Publikum wirklich interessieren. Den Rest können sich Interessierte zu Hause selbst anschauen. Alles, was nicht spannend ist, und alles, was sowieso nicht behalten wird, kann ersatzlos wegfallen.

Erzählen Sie eine Geschichte

Der Weg ist das Ziel: Wie bei einem Fussballspiel liegt die Wirkung nicht im Ergebnis, sondern in der Vorbereitung des Ergebnisses. Deshalb berichten Sie bei den wenigen wichtigen Ziffern nicht nur über das Ergebnis, sondern darüber, wie Sie das Ergebnis mit allen Rückschlägen, Schwierigkeiten und begleitenden Anekdoten erreicht haben. Das wird dann eine Geschichte, bei der das Publikum automatisch zuhört.

Die Dramaturgie des Flipcharts

Die meisten Redner wollen nicht wahrhaben, dass sie fast alles auf dem Flipchart darstellen können. Balkendiagramme, Schemazeichnungen, Schlüsselworte, Kernziffern … all das lässt sich mit einer um einen Faktor höheren Wirkung auf das Flipchart zeichnen.

Nehmen wir an, Sie wollen die Erhöhung der Datenmenge zeigen, wie sie vor fünf Jahren vorausgesagt wurde, gegenüber der tatsächlichen Datenmenge heute. Jetzt zeichnen Sie zunächst schweigend eine XY-Diagramm und versehen es an der Y-Achse mit der Referenz: 5 Terabyte. Dann sagen Sie: "Im Jahr 2010 lag der Bedarf an Speicherplatz, den wir für unsere Firma in fünf Jahren vorhergesagt haben, bei …"

Jetzt zeichnen Sie einen Balken, von unten beginnend bis zu einem bestimmten Level und kommentieren: "6,5 Terabyte." Dann drehen Sie sich wieder ins Publikum und sagen: "Der Bedarf, den wir 2015 tatsächlich haben, beträgt …. " und jetzt zeichnen Sie einen Balken, bewusst langsam … weit über den alten Balken hinaus, immer weiter, immer weiter bis unter das Ende des Flipchart-Blattes, beenden den Balken, drehen sich wieder zum Publikum und sagen: "35 Terabyte!"

Diese Inszenierung beindruckt wesentlich mehr, als ein fertig gelayoutetes und ausführlich beschriftetes PowerPoint-Diagramm.

Bewegen Sie sich

Die Wirkung eines Bildes entsteht nicht nur durch das fertige Bild oder durch Bits und Bytes auf dem Bildschirm, sondern durch den Akt des Erschaffens durch einen Menschen aus Fleisch und Blut. Wenn Sie sich selber nicht physisch bewegen, bewegen Sie auch Ihr Publikum nicht. Deswegen hat Powerpoint in der direkten Gegenüberstellung kaum eine Chance. Denn dort bewegen Sie maximal den Knopf auf Ihrer Fernbedienung.

Wenn Sie mehr als 200 Leute im Saal haben, dann lassen Sie mit der Kamera Ihr Flipchart filmen und zeigen es auf der Grossbildleinwand. Das wirkt noch imposanter.

Zehn Todsünden bei Powerpoint
Powerpoint ist kein Versteckspiel.
Schlechte Redner verstecken sich hinter ihrer Präsentation. Wenn sie dann noch den Raum abdunkeln, so dass man sie nicht sieht, ist aus ihrer Sicht alles perfekt. Denn sie wollen sich gar nicht zeigen, nicht reden und schon gar nicht etwas präsentieren.
Die Präsentation ist die beste Lesevorlage. Oder?
Miese Redner lesen ab. Statt frei zu sprechen und die Stichpunkte auf den Folien als Leitfaden für den Vortrag zu nehmen, buchstabieren sie jeden einzelnen Punkt. Und vergessen dabei, dass das Auditorium viel schneller ist und längst alles abgelesen hat.
Langeweile vom ersten Punkt an.
Die Titel auf den Folien sollten ihre Namen verdienen. Jeder Folientitel muss wie eine Schlagzeile in der Zeitung die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Eine Folienüberschrift wie "Technische Umsetzung 1 bis 5" tut das definitiv nicht.
Bunte Bilder machen froh.
Klar, Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Vor allem über den Redner. Wer Cliparts mit realen Bildern mischt und dazu noch Cartoons oder typografische Darstellungen presst, überfordert sich und sein Publikum. Das ästhetische Chaos auf der Folie spiegelt das Chaos im Kopf des Referenten wider. Bitte bei einer Bildsprache bleiben. Wenige große Bilder sind besser, als ein Briefmarken-Potpourri.
Schlussfloskeln auf der letzten Folie
"Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!" auf der letzten Folie ist ein Armutszeugnis. Ein Dank ist eine persönliche Botschaft, die durchaus während des Vortrages vom Redner übermittelt werden kann. Das aber vorher hinzuschreiben signalisiert: Mir ist egal, wer da vor mir sitzt. Vielleicht war das Publikum ja unaufmerksam. Dann wäre der Dank nicht angebracht. Besser einen einprägsamen Slogan hinschreiben und diesen am Ende stehen lassen.
Nach dem Vortrag flüchten.
Die Flucht von der Bühne ist bei PPT-Rednern weit verbreitet. Doch der schnelle Abgang drückt nur die Unsicherheit des Referenten aus. Er will keine Fragen beantworten und steht dem Auditorium nicht mehr zu Verfügung. Eigentlich wollte er überhaupt nicht vortragen.
Alles dabei.
Der Foliensammler nimmt zum Vortrag immer alle Folien mit. Er springt munter hin und her und sagt den Leuten, was sie jetzt nicht sehen dürfen. Dieses Verhalten zeigt nicht nur, dass der Referent keine Lust hatte sich vorzubereiten, es sagt auch, dass er Herrschaftswissen anhäuft, das er nicht teilen will.
Vorsprung durch Technik.
Audi hat Recht. Wer seine Präsentation technisch nicht im Griff hat, hat verloren. Statt bei Rückfragen zu vorherigen Folien einfach die Foliennummer einzugeben und mit "Enter" direkt dorthin zu springen, beendet der Technikmuffel den Präsentationsmodus, blättert zeitraubend zur gesuchten Folie zurück, um dann wieder umständlich die Show zu starten.
Hilfsmittel ignorieren.
Ein Computer kann mehr als nur eine Ansicht zeigen. Wer differenziert, kann besser steuern. Das Publikum sieht nur die Folien, der Referent jedoch kann sich auf seinem Bildschirm am Rednerpult die nächsten Folien anzeigen oder zusätzliche Notizen einblenden lassen. So bleibt er Herr der Lage und ist dem Publikum immer einen Schritt voraus.
Testen - wieso?
Das geht doch auch während des Vortrags, meinen manche PPT-Redner. Besonders, wer nur mit Stick anreist, tut gut daran, vor dem Vortrag zu testen, ob die Präsentation auf dem Rechner läuft, ob Schriften, Kontraste und das Format stimmen. Denn langatmige Laptopforschungen will niemand im Publikum sehen.

Und wenn es doch Powerpoint sein muss ...

Die einzigen Elemente, die bei Powerpoint funktionieren, sind Fotos. Aber hier gilt:

- Nur ein Foto auf einer Folie und ...

- das immer flächendeckend und ...

- ohne begleitenden Text.

Denn eine selbsterklärende Folie ist eine schlechte Folie. Eine Folie, die selbsterklärend ist, ist ohne Spannung und damit betreutes Lesen.

Aus sieben mach 14

Wenn Sie in Zukunft eine Powerpoint-Präsentation mit beispielsweise sieben Folien haben, dann beträgt die Anzahl der Folien in Ihrem Computer 14. Denn: Sie schalten zwischen jede Ihrer Normalfolien eine Schwarzfolie. Schwarzfolien sind Folien, die beim Aktivieren den Bildschirm ausschalten. Sie fokussieren die Aufmerksamkeit. Die meisten Redner haben in der Regel eine gestaltete Folie im Hintergrund als Pausenfüller eingeschaltet. Das lenkt jedoch die Aufmerksamkeit des Publikums von Ihnen und Ihrem Vortrag ab.

Drei Sekunden reichen

Eine Folie sollte maximal drei Sekunden eingeschaltet sein - es sei denn, Sie nehmen noch länger darauf Bezug. Denn Sie als Redner sind der Energieträger - nicht eine tote Folie. Nach drei Sekunden schalten Sie mit Ihrer Fernbedienung auf die dahinter geschaltete Schwarzfolie, und Sie stehen wieder im Mittelpunkt.

Zu Buch und Autor

Mehr Tipps gibt es in dem Buch von Matthias Pöhm: "Präsentieren Sie noch, oder faszinieren Sie schon. Abschied vom betreuten Lesen." (Preis 24.90 Euro) . Matthias Pöhm coacht Spitzenleute aus Politik und Wirtschaft für deren öffentliche Auftritte und veranstaltet das "teuerste Rhetorik-Seminars Europas" (FAZ), wo die Teilnehmer vor 120 Menschen als bestelltem Publikum reden müssen. Viel Medienecho erzeugte er, als er die weltweit operierende "Anti-PowerPoint-Partei" gründete. Pöhm gilt als einer der besten Rhetoriktrainer im deutschsprachigen Raum. www.rhetorik-seminar-online.com

Alternative zu PowerPoint im Video

Sehen Sie in einem YouTube-Video die Gegenüberstellung von PowerPoint zur Alternative Flipchart.