Personalberater: Talentsucher haben wieder Konjunktur

28.06.2007 von Winfried Gertz
Fach- und Führungskräfte werden häufig von Personalberatern vermittelt. Deren Dienstleistung geht inzwischen weit über klassische Stellenanzeigen und die direkte Ansprache geeigneter Kandidaten hinaus.

Nach den Krisenjahren haben SAP-Berater, IT-Sicherheitsexperten und andere gefragte Spezialisten nun wieder bessere Chancen, den Arbeitsplatz zu wechseln. Davon profitieren auch die Personalberater. Laut einer Studie des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) legte deren Umsatz im Jahre 2006 um 19 Prozent zu. Mit der Vermittlung von Fach- und Führungskräften wurden in Deutschland 1,15 Milliarden Euro verdient. Acht Prozent vom Umsatz entfallen auf Telekommunikation, IT, Medien, Entertainment und Sicherheit, die so genannten Times-Märkte.

Hier lesen Sie …

  • warum Personalberater wieder gefragt sind;

  • welche Zusatzleistungen Headhunter anbieten;

  • welche Trends sich in der Personalberatung abzeichnen.

CW-TV: Tipps zum Umgang mit Personalberatern (Video: 4:35 Minuten).

Der Service der knapp 1900 "diskreten Dienstleister" ist inzwischen ähnlich gefragt wie zum Ende der 90er Jahre, als Internet-Unternehmen und etablierte Konzerne sich beim Ringen um Fach- und Führungskräfte einen erbitterten Wettstreit lieferten. Die Konjunkturaussicht ist blendend: 2007 soll der Branchenumsatz auf das historische Hoch von 1,37 Milliarden Euro zulegen. "Viele Firmen sitzen allerdings noch auf dem hohen Ross", sagt Michael Allimadi, Partner der Heidelberger Personalberatung Apentia, die auf SAP-Experten spezialisiert ist. "Sie haben sich noch nicht darauf eingestellt, dass der Personalmarkt inzwischen ein Bewerbermarkt geworden ist."

Hauptumsatzträger der rund 4000 in der Branche beschäftigten Consultants, darunter zahlreiche Einzelkämpfer, ist die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften. 58.000 Suchaufträge wurden 2006 vergeben, auf die "klassische Personalberatung" entfallen gut 90 Prozent des Geschäfts. Der Rest verteilt sich auf Dienstleistungen wie Management-Audits, Diagnostik, Coaching, Karriere- oder Outplacement-Beratung.

Headhunter: Internet-Recherche nimmt zu

Häufiger als die Jahre davor sprechen Berater ihre Kandidaten über kombinierte Suchmethoden an, also eine Mischung aus Anzeigen-, Direkt- und Internet-Suche, wie eine aktuelle Befragung des BDU ergab.

Personalberater arbeiten mit verschiedenen Suchmethoden. Am meisten verbreitet mit gut 50 Prozent ist die Direktsuche, auch Executive Search oder Headhunting genannt.

Zunehmen wird die Internet-Recherche. Insbesondere auf der geschäftlich ausgerichteten Kontaktbörse Xing herrscht Ausnahmezustand. Das Umfeld ist wie geschaffen für die Kandidatenansprache: Hier tummelt sich ein hochkarätiges Publikum, zur Kontaktaufnahme jederzeit bereit. Da viele Xing-Mitglieder ihr Profil ausführlich gestalten und ihre Kompetenzen und beruflichen Erfahrungen laufend aktualisieren, ist es für Personalberater ein Leichtes, durch Eingabe von Stichwörtern in die interne Suchmaschine schnell geeignete Kandidaten zu finden.

Personalberater lieben Xing

Der von Kritikern auch als "digitaler Tabledance" apostrophierte Exhibitionismus der Xing-Mitglieder, die bereitwillig private Kontaktdaten und selbst Firmenorganigramme preisgeben, ist für Headhunter eine einzige Info-Goldader. "Die Resonanz auf unsere Anschreiben", bestätigt Siglinde Pfluger, eine freiberufliche Researcherin aus Starnberg, "ist enorm." Der Hinweis auf offene Positionen, per Link auf der Website der Personalberatungsfirma nachzulesen, veranlasst zahlreiche IT-Beschäftigte, nicht lange zu fackeln. Zwar kann und will nicht jeder gleich seinen Job kündigen. Aber die Berater sind überrascht, wie positiv das Feedback ausfällt.

Hinzu kommt, dass Xing erst jüngst einen "Marktplatz" eröffnete, auf dem Unternehmen und Bewerber schnell zueinanderfinden können.

Die Bereitschaft, sich auf die Risiken eines Karrieresprungs einzulassen, ist in der IT-Szene spürbar gestiegen. Weitere Beobachtung: Heute suchen Mitarbeiter nicht mehr unbedingt selbst nach attraktiven Positionen, sondern lassen sich unter Umständen einfach finden - sei es auf Xing, dem amerikanischen Linkedin oder auf Jobportalen jeglicher Couleur: 70 Prozent der Stellensuchenden, so eine Studie der Universität Frankfurt am Main, haben den Lebenslauf bei einem der Job- oder Business-Portale hinterlegt oder wollen dies tun.

Seriöse Berater …

  • analysieren die Situation beim auftraggebenden Unternehmen sorgfältig;

  • legen das Anforderungsprofil fest;

  • suchen systematisch;

  • führen Interviews und sammeln Informationen über die Kandidaten;

  • präsentieren Kandidaten einschließlich vertraulicher Berichte über sie;

  • holen Referenzen ein;

  • beraten Kandidaten und Mandanten bis zum Vertragsschluss;

  • betreuen die neuen Unternehmen bis zur Integration im Unternehmen.

(Quelle: Consultingstar.com)

Das klassische Headhunting wandelt sich

Heike Cohausz, Rundstedt HR Partners: "Die Förderung von Talenten wird auch für Personalberater wichtig."

"Die neuen Entwicklungen zeigen, dass sich das klassische Headhunting deutlich verändern wird", sagt Mathias Hiebeler, geschäftsführender Gesellschafter der Münchner Personalberatung Heads. Schließlich könnten Unternehmen im Internet selbst nach Kandidaten suchen. Die Chance des Personalberaters liege künftig darin, seine Mandanten sowie die Fach- und Führungskräfte persönlich zu begleiten, und zwar möglichst lange. "Mitarbeiterbindung sowie die Förderung von Talenten wird für Personalberater immer wichtiger", bestätigt Heike Cohausz, Geschäftsführerin der Düsseldorfer Personalberatung Rundstedt HR Partners. "Aber in Unternehmen sind wir oft mit Führungskräften und Personalern konfrontiert, die diese Herausforderung noch nicht erkannt haben."

Cohausz geht mit ihrer Kritik an Managern, die fahrlässig mit Leistungsträgern umgehen, noch weiter: "Sogar Kandidaten, die Unternehmen in der Probezeit verlassen und diesen Schritt begründen können, vermitteln wir problemlos auf andere Positionen." Eine plausible Entwicklung: Steigt der Marktwert des Mitarbeiters, lässt er sich weder ein Weiterbildungsverbot gefallen noch einen Maulkorb umhängen.

Personalberater haben also vorläufig alle Hände voll zu tun. Für Siegfried Hesker, geschäftsführender Gesellschafter der Berliner HSC Personalmanagement, sind branchenfokussierte Consultants im Vorteil. "Auftraggeber vertrauen die Personalberatung eher einem Spezialisten an als teuren internationalen und auch teilweise arrogant auftretenden Bauchladen-Anbietern." HSC ist auf IT spezialisiert und betreut derzeit 44 Unternehmen, darunter SAP und Oracle. "Viel wichtiger, als neue Mandanten zu gewinnen, ist uns, die Kooperation mit Stammkunden zu vertiefen", so Hesker

Headhunter verdienen wieder richtig gut

Häufiger als die Jahre davor sprechen Berater ihre Kandidaten über kombinierte Suchmethoden an, also eine Mischung aus Anzeigen-, Direkt- und Internet-Suche, wie eine aktuelle Befragung des BDU ergab.

Und das lassen sich die Talentsucher gut honorieren. Anders als in der Flaute, als Auftraggeber entweder das Honorar auf 25 Prozent des Jahresgehalts des Kandidaten drückten oder nur auf Erfolgsbasis (Contingency fees) mit Personalberatern zusammenarbeiten wollten, gilt nun wieder das bewährte "Retainer"-Modell: ein Drittel bei Auftragserteilung, ein Drittel bei Einstellung, der Rest wird nach der Probezeit fällig. Nach Angaben des Branchendienstes Consultingstar.com sind Erfolgshonorare für seriöse Personalberater ebenso tabu wie so genannte Windhundrennen: Statt sich auf einen Wettlauf mit Konkurrenten einzulassen, wird auf Basis eines Exklusivvertrags gearbeitet. (hk)