Orientierungshilfe für R/3-Anwender

28.02.2005 von Michael Jacob
Firmen müssen eine Reihe technischer Details beachten, wenn sie auf Mysap ERP 2004 migrieren wollen.

Hier lesen Sie …

  • in welchen Fällen sich ein baldiges Upgrade auf Mysap ERP 2004 empfiehlt;

  • welche Optionen bei der technischen Migration zur Auswahl stehen;

  • welche zusätzlichen Anforderungen an Hard- und Software die neue ERP-Lösung mit sich bringt.

Bereits 2002 kündigte SAP mit der Einführung von "R/3 Enterprise" eine neue strategische Plattform an. Diese basierte erstmals auf dem "Web Application Server" (Web AS), der die Öffnung hin zu einer offenen Architektur mit Java und Internet-Standards bedeutete. In der Folge wurden neue Funktionen, zum Beispiel in den Bereichen Human Resources, Financials, Supply-Chain-Management entwckelt und über "R/3 Extension Sets" ausgeliefert. Im Rückblick ist heute festzustellen, dass die damals avisierte Funktionserweiterung nie in R/3 Enterprise zur Verfügung stehen wird. Inzwischen hat der Hersteller die funktionale Weiterentwicklung von R/3 eingestellt, da die Struktur des Altsystems keinen umfassenden Ausbau mehr zulässt.

Stattdessen konzentriert sich SAP auf den R/3-Nachfolger Mysap ERP 2004 und Folgeversionen. Kern dieser Applikation ist die "ERP Central Component" (ECC) 5.0, in der die Funktionen von R/3 und neuere Entwicklungen enthalten sind. Ein Umstieg von R/3 auf Mysap ERP 2004 ist mehr als ein gewohnter Release-Wechsel. Mit den bereits geplanten Releases 2005 und 2006 vergrößert sich der Abstand zwischen dem neuen ERP-System und R/3, entsprechend zeitaufwändiger und teurer gestaltet sich für R/3-Kunden in den kommenden Jahren die Migration.

Der Übergang zu Mysap ERP sollte aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden: Während das rein technische Upgrade von R/3 zu ECC 5.0 mit vergleichsweise geringem Aufwand verbunden ist, handelt es sich bei der (optionalen) Einführung neuer ERP-Funktionen primär um eine Neuimplementierung mit den üblichen, durch entsprechende Vorsorge zu verringernden Risiken.

Welches ist der richtige Weg?

Eine generelle Empfehlung für R/3-Kunden gibt es nicht. Es gilt vielmehr zu betrachten, in welchem Umfeld sich der Anwender derzeit befindet. Ein Wechsel von R/3 zu Mysap ERP bedeutet unter anderem, einen neuen Softwarevertrag abzuschließen, sofern der Kunde nicht schon einen Mysap-(ERP-)Vertrag mit dem Hersteller hat. In der Folge entstehen häufig Kosten für die SAP-Software und die Infrastruktur. Hinzu kommen die Aufwendungen für das Migrationsprojekt.

Eines der Hauptkriterien für die Wahl des Zeitpunkts ist das eingesetzte R/3-Release:

Kostenaspekte

Das Preismodell von Mysap ERP richtet sich nach Nutzerlizenzen, generischen Engines (wie etwa E-Recruiting) und Ergänzungsprodukten ("SAP Tutor", Integration von Nicht-SAP-Software über die Exchange Infrastructure). Beim Wechsel wird der Vertragswert der bestehenden SAP R/3 Software dem Preis von Mysap ERP gegenübergestellt. SAP rechnet einen Prozentsatz der R/3-Lizenz an, der sich nach dem Jahr des Vertragsabschlusses für Mysap ERP richtet. Dieser Anrechnungssatz betrug bis Ende 2004 noch 75 Prozent. Bis Ende 2005 werden 65 Prozent des R/3-Vertragswertes auf einen Mysap-ERP-Vertrag angerechnet. Der Anrechnungssatz nimmt nach der derzeit gültigen SAP-Preisliste jährlich ab. Die Softwarekosten sind somit das Delta zwischen den Gebühren für den Neuvertrag und dem R/3-Restwert. Es kann dadurch auch Situationen geben, bei denen der Kunde durch den Umstieg auf Mysap ERP Einspareffekte bei den Lizenzen zur Folge hat.

Zudem kann es für den Anwender vorteilhaft sein, noch in 2005 die Verträge für Mysap ERP zu unterzeichnen, auch wenn er erst in 2006 oder 2007 den Umstieg plant.

Funktionale Aspekte

Mysap ERP 2004 zeichnet sich neben den neuen Möglichkeiten der Plattform Netweaver durch umfangreiche Erweiterungen und Verbesserungen im Bereich der Applikationen aus. Dieser Umstand macht die Software für Kunden interessant, die funktionale Erweiterung ihres R/3-Systems benötigen. SAP erhebt den Anspruch, nicht nur normale Erweiterungen im Rahmen eines neuen Releases anzubieten, sondern tatsächlich zusätzliche Features.

Es kann für einige R/3-Kunden durchaus sinnvoll sein, statt eines Zukaufs von Softwarelösungen wie Mysap CRM gleich den kompletten Umstieg auf Mysap ERP zu vollziehen, da es die häufig benötigten Kernfunktionen bereits enthält. Dies gilt auch für das "Business Information Warehouse (BW)", das bei einem R/3 Vertrag extra in Lizenz genommen werden müsste. Mysap ERP 2004 wird mit BW ausgeliefert, und zwar als Bestandteil von Netweaver, auf dem die Anwendung aufsetzt.

Systemvoraussetzungen

Mysap ERP 2004 steht auf nahezu allen aktuellen Plattformen zur Verfügung. Im Fall der 32-Bit-Version sind dies:

Oracle 9.2 mit Suse SLES 8 IA32 , Red Hat EL 3 IA32, Windows Server 2003 32 Bit, Windows 2000 Server und bei IBM DB2/UDB 8 zusätzlich Suse SLES9 IA32 zu den von Oracle genannten Betriebssystemen.

Daneben stehen DB/2 390 und 400, Informix 9.4, Max DB 7.5 und Microsofts SQL Server 2000 zur Wahl. Details zu der eingesetzten Version aus Betriebssystem und Datenbank finden sich im "Sap Net".

Wie bereits bei R/3 folgen die Industrielösungen einem eigenen Release-Zyklus. Laut SAP laufen bereits heute 70 Prozent aller Industry Solutions auf Mysap ERP 2004. Zur Freigabe des Nachfolgers Mysap ERP 2005 werden alle Industrielösungen auf die neue Tec hnik umgestellt sein.

Das neue ERP-Produkt ist als ein Teil der "Mysap Business Suite" zu verstehen und unterstützt die typischen Kernprozesse der Unternehmen. Bei der Business Suite handelt es sich um ein funktional erweitertes ERP-System, das darüber hinaus zusätzliche Funktionen für CRM, Product-Lifecycle-Management (PLM), Supplier-Relationship-Management (SRM) und Supply-Chain-Management bietet.

Das in Mysap ERP 2004 enthaltene Netweaver 2004 hilft Anwendern, Geld bei Integrationsprojekten zu sparen. Ohne die mitgelieferten Netweaver-Funktionen zur Anwendungsintegration müssten Kunden entweder ein Nicht-SAP-Produkt für diese Zwecke erwerben oder eine Netweaver-Lizenz kaufen. In vielen Projekten reduziert die zur Anwendungskopplung konzipierte Netweaver-Komponente Exchange Infrastructure (XI) den Aufwand um 30 bis 50 Prozent, und zwar sowohl bei der Erstellung als auch bei der Pflege von Schnittstellen. Wegen dieser Effekte steigen manche Kunden vorzeitig auf Mysap ERP um.

Es wird zukünftig häufig zu beobachten sein, dass SAP-Anwender den Wechsel auf Mysap ERP nutzen, um Prozesse neu aufzusetzen sowie Schnittstellen und Integrationsplattformen zu erneuern.

Dies wird in vielen Fällen zu einer Homogenisierung der IT-Landschaft führen, weil Anwender versuchen, Nicht- SAP-Produkte durch SAP-Funktionen zu ersetzen. Aus den bisherigen Erfahrungen heraus empfiehlt es sich, möglichst weitgehend zum SAP-Standard zurückzukehren. So bietet es sich gerade bei älteren SAP-Systemen an, Modifikationen durch Funktionen der neuen ERP-Software abzulösen.

Ressourcenbedarf und IT-Anforderungen

Eine Frage, die sich immer bei neuen Releases stellt und damit erst recht bei einem neuen Produkt, ist die nach den benötigten Ressourcen. Die Erfahrungen mit der ERP Core Component 5.0. zeigen einen leicht erhöhten Ressourcenbedarf gegenüber R/3 Enterprise. Dies belegen SAP-Benchmarks sowie Aussagen von Ramp-up-Kunden. Während der Ramp-up-Phase erhalten bestimmte Anwender die ERP-Lösung, noch bevor sie allen Kunden zur Verfügung steht.

Fazit

• SAP hat die funktionale Weiterentwicklung von R/3 eingestellt, da die Struktur des Altsystems keinen umfassenden Ausbau mehr zulässt;

• Anwender müssen sich beim Umstieg auf Mysap ERP 2004 auf leicht steigende IT-Anforderungen einstellen;

• das technische Upgrade von R/3 auf die ERP Central Component 5.0 ist mit vergleichsweise geringem Aufwand verbunden.

Bei den erforderlichen CPU-Zugriffen ist keine Erhöhung der Zahl der Datenbankaufrufe zu beobachten. Es kann wegen zusätzlicher Indizes, umfangreicherer Tabellenzeilen sowie einer höheren Anzahl an Datenbankbenutzern in Mysap ERP zu einem größeren Bedarf an zusätzlicher CPU-Leistung und Arbeitsspeicher für den Datenbank-Server kommen. Dies hängt jedoch immer von der jeweiligen Datenbankplattform beziehungsweise dem Release ab.

Bezogen auf den Prozessor variiert der Leistungsbedarf je nach der eingesetzten Hardwareplattform. Messungen ergeben eine zusätzliche CPU-Nutzung von durchschnittlich fünf bis zehn Prozent für typische Mysap-ERP-2004-Prozesse. Eine gleichzeitige Umstellung auf 64-Bit-Versionen des eingesetzten Betriebssystems erhöht diese Last zusätzlich.

Auch der Bedarf an physischem Hauptspeicher wächst um fünf bis zehn Prozent. Dabei beanspruchen dialogbasierende Workloads mehr Speicher als Batch-Vorgänge.

Der Bedarf an Plattenplatz hängt vor allem von der verwendeten Datenbank und den genutzten Geschäftsszenarien ab. Hier steigen die Anforderungen um rund fünf Prozent.