Oracle vs. Usedsoft: Schlammschlacht um Second-Hand-Software

11.08.2006
Nachdem das Oberlandesgericht München eine einstweilige Verfügung gegen den Lizenzhändler Usedsoft bestätigt hatte, wird der Ton zwischen beiden Kontrahenten immer rüder.

Nachdem Oracle die einstweilige Verfügung gegen den Weiterverkauf von Nutzungsrechten auch im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München durchsetzte, gehen die gerichtlichen Scharmützel weiter (siehe auch: Oracle punktet gegen Lizenzhändler). Der Lizenzhändler hatte trotz seiner Niederlage öffentlich behauptet, die Richter hätten grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware bestätigt. Nun hat Oracle vor dem Landesgericht München eine einstweilige Verfügung erwirkt, wonach Usedsoft dies nicht weiter verbreiten darf (Aktenzeichen 7 O 14055/06).

Geärgert hat die Oracle-Verantwortlichen in erster Linie eine Pressemeldung von Usedsoft. Unter der Überschrift "OLG bestätigt Handel mit Gebrauchtsoftware" hatte der Münchner Lizenzhändler behauptet, "Oracle-Software, die per CD verkauft wurde", dürfe auch in Zukunft gebraucht gehandelt werden. Damit sei ein "zukunftsweisendes Geschäftskonzept im Grundsatz bestätigt". Weiter hatte Usedsoft unter Berufung auf nicht genannte Experten prognostiziert, Oracle habe wegen nicht geklärter Besitzverhältnisse eine Prozesslawine von Seiten seiner Kunden zu erwarten.

Das Landgericht München hat Usedsoft nun per einstweiliger Verfügung verboten, diese Behauptungen aufzustellen und weiter zu verbreiten. Diese seien irreführend und verletzten damit das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, hieß es in einer Mitteilung Oracles. In Medienberichten sei der Eindruck entstanden, der Inhalt des OLG-Urteils sei unklar. "Das Angebot und der Vertrieb von Datenträgern mit Software war nicht Gegenstand des Urteils des OLG München", zitiert Oracle die Richter vom Landgericht. Mit dem aktuellen Beschluss sei ein weiterer Schlagabtausch in der Auseinandersetzung um gebrauchte Software zugunsten Oracle ausgegangen, triumphierte der Datenbankspezialist.

Usedsoft will sich von den Drohgebärden Oracles offenbar nicht einschüchtern lassen. "Dass Oracle heute eine einstweilige Verfügung erwirkt hat gegen unsere Aussage, das OLG habe den Handel mit Gebrauchtsoftware auf CD bestätigt, sind alberne Wortklaubereien", kritisierte Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider. "Tatsache bleibt, dass das OLG-Urteil lediglich für online übertragene Oracle-Software gilt." Nur dies sei Gegenstand des Streits vor Gericht gewesen. Damit bleibe aber der Handel mit gebrauchter Software grundsätzlich zulässig. Der Lizenzhändler beruft sich dabei auf die Urteilsbegründung. Hier heiße es dazu, mit dem Urteil werde "... nicht verboten die eventuelle Weitergabe von Medienträgern, die von der Klägerin (Oracle) stammen und ihre Programme enthalten ...".

Usedsoft baut sein Geschäftsmodell auf der Rechtsgrundlage des Erschöpfungsgrundsatzes im deutschen Urheberrecht auf. Danach erschöpfe sich das Recht eines Herstellers an seinem Produkt in dem Moment, in dem er es in Form eines Vervielfältigungsstücks in Verkehr bringe. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000 (Aktenzeichen I ZR 244/97) lasse sich diese Regelung nicht durch Lizenzbedingungen der Softwarehersteller aushebeln.

Der Second-Hand-Lizenzhändler will sich deshalb nicht von seinen Geschäften abhalten lassen. Oracle sei der einzige namhafte Softwarehersteller, der seine Produkte zumindest teilweise online vertreibe, hieß es von Seiten Usedsofts. Alle andere führenden Anbieter verkauften ihre Software ausschließlich auf CD. "Folgerichtig ist der Weiterverkauf des größten Teils der auf dem Markt befindlichen Software durch das OLG-Urteil von Anfang August nicht verboten worden und weiterhin rechtskräftig", argumentieren die Usedsoft-Verantwortlichen.

Ob die Softwareanbieter, die durch die jüngsten Urteile in ihrem Kampf gegen den missliebigen Gebrauchtmarkt bestärkt sein dürften, dies so hinnehmen werden, ist fraglich. Auch die Waage Justitias neigt sich derzeit wohl eher auf die Seite der Softwarehersteller. So liest sich eine Mitteilung des OLG Münchens, die der COMPUTERWOCHE vorliegt, nicht ganz so optimistisch, wie dies die Usedsoft-Verantwortlichen gerne hätten. Unter dem Titel "Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen rechtswidrig" bestätigte OLG-Richterin Sibylle Fey das Urteil des Landgerichts München, wonach "der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen beziehungsweise der Weiterverkauf von Softwarelizenzen an Dritte verboten wurde, weil es sich um eine Verletzung des Urheberrechts handelt". Im Weiteren spezifiziert die Richterin das Geschäftsmodell von Usedsoft, Nutzungsrechte zu handeln, wobei sich die Kunden die Software selbst anderweitig beschaffen müssten. "Dieser Geschäftspraxis hat jetzt das Oberlandesgericht einen Riegel vorgeschoben."

Nicht zu entscheiden hatte das Gericht die Frage, "ob unter bestimmten Voraussetzungen die Weitergabe von Datenträgern, die von Oracle stammen und ihre Programme enthalten, zulässig ist", führt das Gericht weiter aus. Usedsoft habe bislang beim Vertrieb der Lizenzen nicht auf den Einsatz von Datenträgern zurückgegriffen. Damit steht eine ausdrückliche Bestätigung des Lizenzhandels via CD, wie sie die Usedsoft-Verantwortlichen gerne in das Urteil hineininterpretieren möchten, noch aus. Die nächsten Streitigkeiten und Prozesse dürften somit nur eine Frage der Zeit sein.

Begonnen hatte der Streit zwischen Oracle und Usedsoft Anfang des Jahres (siehe auch: Oracle geht gegen Lizenzhändler vor). Die Oracle-Verantwortlichen waren Anfang 2006 vor den Kadi gezogen, weil Usedsoft lediglich die Nutzungsrechte für Software weiter veräußern wollte, die Kunden jedoch aufforderte, sich die entsprechende Software von der Internet-Seite Oracles herunter zu laden (siehe auch: Oracle geht gegen Lizenzhändler vor). Laut dem Urteil des Landgerichts vom 19. Januar dieses Jahres (Aktenzeichen 7 O 23237/05) verletze dieses Vorgehen das allein dem Softwarehersteller zustehende Vervielfältigungsrecht. Es sei zulässig, dass Oracle seinen Kunden im Rahmen der Lizenzbestimmungen nur einfache, nicht weiter abtretbare Nutzungsrechte einräume. Diese dürften nicht an Dritte übertragen werden.

Daran ändere auch der Erschöpfungsgedanke nichts, wonach ein einmal in Umlauf gebrachtes Produkt ohne Zustimmung des Rechteinhabers weiter verkauft werden darf. Mit einer einstweiligen Verfügung verboten die Richter dem Lizenzhändler den Weiterverkauf gebrauchter Oracle-Software. Nachdem Usedsoft in Berufung gegangen war (siehe auch: Streit um Gebrauchtsoftware geht weiter), hatte das OLG am 3. August den Spruch des Landgerichts bestätigt (Aktenzeichen 7 O 23237/05). Usedsoft-Chef Schneider monierte, es gebe auch mit den jüngsten Urteilen keine rechtliche Klarheit. Die künstliche Unterscheidung zwischen der Softwareübertragung online oder via CD verkompliziere das Thema. Softwarekunden könnten nicht sicher sein, in welchem Besitzverhältnis sie zu ihrer gekauften Software stünden. Schneider kündigte an, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. (ba)