Mobile Commerce/Mobile Dienste helfen der Agrarindustrie

Online auf dem Acker

04.10.2002
In den Märkten der Agrarwirtschaft können mobile Dienste die Schnittstelle zwischen Landwirten und Pflanzenschutzanbieteren verbessern. Letztere erhoffen sich davon eine erhöhte Kundenbindung und zusätzliche Einnahmen. Von Matthias Nachtmann*

In den Kernsegmenten des Agrarmarktes kämpfen die Anbieter mit stagnierenden Einnahmen. Insbesondere der Markt für Pflanzenschutzmittel ist davon betroffen. Die Erlöse mit konventionellen Agrarchemie-Produkten gehen bereits seit Mitte der 90er Jahre zurück. Zudem erfüllen technische Innovationen, wie etwa die Gen-Technologie bei Pflanzen, nur bedingt die Erwartungen der Branche. Hersteller suchen deshalb einerseits nach neuen Produkt- und Dienstleistungsansätzen. Andererseits müssen sie die Effizienz ihrer Prozesse verbessern. Beide Szenarien werden nachfolgend anhand von Beispielen erläutert.

Im ersten Fall ergeben sich durch mobile Services völlig neue Möglichkeiten an der Schnittstelle zum Kunden, in der Regel also zum Landwirt. Die Miniaturisierung von Endgeräten stellt in Kombination mit der beinahe flächendeckenden Verfügbarkeit der Mobilkommunikation den direkten Draht zwischen Landwirt und Händler oder Hersteller her. So können beispielsweise bei der Begutachtung des Befallsdrucks (das heißt der Intensität des Schädlingsbefalls) noch auf dem Feld des Bauern online das geeignete Pflanzenschutzmittel identifiziert, der Bedarf kalkuliert und eine Bestellung angestoßen werden.

Mobile Dienste bieten zudem auch effizientere Möglichkeiten, Pflanzenschutzmittel mit einfachen, aber konkreten Mehrwertdiensten in Szene zu setzen und den Kunden am "Point of Decision" anzusprechen. Der optimale Nutzen ergibt sich dabei aus der Kombination bestehender Monitoring-Systeme zur Überwachung des Pflanzenwachstums mit der Verfügbarkeit und Echtzeit-Anbindung mobiler Endgeräte.

Steigt etwa die Wahrscheinlichkeit für das Erreichen einer wirtschaftlichen Schadschwelle in einem bestimmten Gebiet, kann ein Hersteller diese Information unmittelbar an betroffene Landwirte senden und damit einen wertvollen Frühkontakt schaffen. Hinweise auf Verfügbarkeiten und Konditionen und gegebenenfalls eine direkte Bestellmöglichkeit lenken den Kunden zum Anbieter. Entsprechende Mobile-Service-Systeme sind heute bereits verfügbar. Ihr Einsatz ist deshalb vor allem von der Qualität und Flächendeckung der Monitoring-Systeme abhängig.

Prozessverbesserung

Ein weiteres Potenzial mobiler Dienste liegt in der Verbesserung von Prozessen in der Pflanzenschutzindustrie. Die mobile Datenübertragung ermöglicht dabei zunächst effizientere Abläufe, indem ortsunabhängig und in Echtzeit etwa Daten aus Freilandversuchen an die Backend-IT übermittelt werden. Schnittstellenprobleme oder die händische Datenübertragung lassen sich so als Fehlerquelle vermeiden und die Datenübertragung deutlich beschleunigen.

Vor allem bei der Suche nach neuen Wirkstoffen können Mobile Devices hilfreich sein. Denn die Verantwortlichen aus den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen stehen unter hohem Wettbewerbs- und Zeitdruck. Sie müssen immer mehr neue Produkte in immer kürzerer Zeit zur Marktreife bringen. Dazu ist eine effizientere Auswahl erfolgversprechender Wirkstoffe beziehungsweise die effizientere Abwicklung von Zulassungsversuchen notwendig.

Mobile Services helfen, die Versuchsdaten effizienter zu erfassen, zu übertragen und zu verarbeiten. Wichtige Informationen können beispielsweise auf dem Versuchsfeld in ein mobiles Endgerät ein- und an das auswertende System im Unternehmen weitergegeben werden. Die Daten werden dann ohne Eingriff des Versuchstechnikers in eine zentrale Rechnereinheit übertragen und dort ausgewertet. Im Prozess entfällt somit die Sammlung und Papiererfassung der Daten. In Abhängigkeit von den nachgeordneten Systemen werden die Daten gemäß den entsprechenden Regelungen dokumentiert und einer Online-Qualitätskontrolle, einer globalen Echtzeitauswertung oder einem anderen statistischen Auswertungsverfahren zugeführt, noch während die Wissenschaftler den Freilandversuch auswerten.

Erste Erfahrungen zeigen, dass mit Hilfe der mobilen Datenerhebung die Auswahl und Überprüfung von Wirkstoffen bis zu acht Wochen beschleunigt und die Qualität der Datenerhebung (zum Beispiel durch eine in Echtzeit durchgeführte Online-Qualitätskontrolle) signifikant verbessert werden kann. Der vielfach geforderte Nachweis der Rentabilität der Online-Projekte ist hier relativ einfach zu erbringen. (wh)

*Matthias Nachtmann ist Agraringenieur und Senior Berater der Csar Consulting, Solutions and Results AG in Sulzbach und Frankfurt am Main.