Fujitsu-CEO im CW-Interview

"One-Stop-Shopping in der Cloud"

02.12.2010 von Wolfgang Herrmann
Rolf Schwirz, seit 1. Oktober CEO von Fujitsu Technology Solutions (FTS), erklärt die Cloud-Strategie des Unternehmens.

CW: Sie waren viele Jahre für Oracle und SAP tätig. Bedeutet Ihre Berufung zum CEO, dass sich Fujitsu stärker in Softwaremärkten engagiert?

Fujitsu-CEO Rolf Schwirz will für die neuen Cloud-Angebote auch Softwarehersteller ins Boot holen.
Foto: Fujitsu

Schwirz: Wenn Fujitsu sich heute und in Zukunft auch mit Software beschäftigt, ist das ja nicht nur der Tatsache geschuldet, dass jemand aus der Softwarebranche ins Unternehmen kommt. Es hat mit der Entwicklung der Informationstechnologie generell zu tun. Wir sehen, dass gegenwärtig wieder ein Paradigmenwechsel stattfindet. Es gab Client-Server-Computing, dann so etwas wie Internet-Computing, und jetzt geht die Reise in Richtung Cloud-Computing-Paradigma. Was bedeutet das? - Kunden suchen nach radikal neuen Wegen, wie sie IT konsumieren können. Das Stichwort dabei lautet flexibles Pricing. Wer mehr von einer Ressource braucht, ist bereit, mehr dafür zu bezahlen. Wer weniger braucht, will auch weniger ausgeben.

CW: Gibt es dieses Modell nicht längst mit Konzepten wie On-Demand-Computing?

Schwirz: Wer macht denn wirklich On-Demand-Computing?

CW: IBM redet seit Jahren darüber…

Schwirz: In den meisten Fällen ist dabei aber nur ein Teil der IT-Architektur betroffen. Ich kenne viele Kunden, die zum Beispiel On-Demand-CRM nutzen. Aber dass ein Unternehmen die gesamte IT auf dieses Konzept ausgerichtet hat, ist bisher doch nicht vorgekommen. In diese Richtung geht aber die Entwicklung. Kunden erwarten heute, dass die gesamte IT on demand zur Verfügung steht. Hier geht es um Agilität, Variabilität und Zuverlässigkeit beim Nutzen und Bezahlen von IT. Um auf Ihre Ausgangsfrage zurückzukommen:

Ich glaube, dass man in diesem Umfeld nur erfolgreich agieren kann, wenn man nicht nur die Infrastruktur als Service zur Verfügung stellt sondern auch die Kundenanforderungen auf der Softwareseite abdeckt. Die Mehrheit der Kunden setzt nach wie vor Software on premise ein. Wer wie wir ernsthaft ins Cloud Computing reinwachsen will, muss darauf eine Antwort finden.

Cloud-Einsatz in Unternehmen
Cloud Computing in Unternehmen
Nur wenige Unternehmen (13 Prozent) haben keine Verwendung für Cloud Computing. Die meisten nutzen bereits vorhandene Dienste.
Cloud genießt hohe Bedeutung
Auf einer Skala von 5 (sehr große Bedeutung) bis 1 (sehr geringe Bedeutung) erreicht das XaaS-Modell einen Index-Wert von 3,42. Das ist überdurchschnittlich hoch, so die Autoren der Studie.
Favorisierte Modelle
Die meisten Befragten streben Kombinationen aus privater und öffentlicher Cloud an.
Die Vorteile der Cloud
Unternehmen wollen mit Cloud-Installationen vor allem Kosten sparen. Aber auch die in Aussicht gestellte Flexibilität interessiert Anwender.
Bedenken gegenüber der Cloud
Vor allem die Sicherheit und der Datenschutz beschäftigen die Anwender. Hier müssen Provider noch mehr Vertrauen schaffen.
Cloud und SOA
Mehr als ein Drittel der Befragten sieht eine starke Verbindung von Cloud Computing und SOA.
Cloud und BPM
Die Verbindung von Cloud Computing mit dem Business Process Management (BPM) ist weniger stark ausgeprägt.

Application Services aus der Cloud

CW: Vor einem Jahr hat Fujitsu das Thema Infrastructure as a Service in den Mittelpunkt gerückt. Auch damals war schon die Rede von Application Services. Was planen Sie konkret?

Schwirz: Wir haben zum Beispiel erst kürzlich eine Initiative gestartet, über die wir ISVs einladen, unsere Plattform zu benutzen und sich dort einzubringen. Das sind vorwiegend solche ISVs, die bereit sind, diesen On-Demand- oder Cloud-Computing-Weg mit uns zu gehen und auch ein flexibles Pricing anbieten. Zusätzlich planen wir auch eigene Investments in Sachen Software. Konkreter kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht werden.

CW: Ihr Kollege Richard Christou, Corporate Senior Executive Vice President, hat auf der Hausmesse VISIT 2010 das Bild eines globalen Cloud-Angebots gezeichnet. Was muss man sich darunter vorstellen? Eine Art One-Stop-Shopping für Cloud-Services aller Art?

Schwirz: Zunächst einmal bedeutet Fujitsus Global Cloud Standard, dass wir die Rechenzentren, die wir für die Cloud-Infrastruktur brauchen, global nach den gleichen Architekturmerkmalen aufbauen. Infrastructure as a Service wird damit zu einem einheitlichen Angebot. Durch die Vernetzung dieser Data Center können wir unseren Kunden eine nahezu unbegrenzte Skalierbarkeit bieten. Die nächste Ebene heißt Platform as a Service, die natürlich auch Middleware umfasst. Der Kunde kann seine Applikationen auf diese Plattform bringen und dort nutzen. Der oberste Layer in diesem Modell ist Software as a Service. Wenn wir diese Schichten alle zusammen haben, können wir tatsächlich One-Stop-Shopping anbieten.

Hilft die deutsche Cloud?

CW: Sicherheits- und Datenschutzbedenken gehören noch immer zu den größten Hindernissen für eine breite Akzeptanz von Cloud-Services in Unternehmen. Was halten Sie von den Initiativen für eine " deutsche Cloud " , die zuerst der Bitkom angestoßen hat?

Schwirz: Ich glaube, dass das Cloud-Computing-Paradigma keine staatlichen Grenzen kennt. Es mag in einzelnen Kundensegmenten sinnvoll sein, eine deutsche Cloud aufzubauen, für Behörden oder Banken beispielsweise. Solche Entwicklungen werden wir sehen. Wir werden aber auch erleben, dass in einigen Ländern, in denen die Einstellung zur Datensicherheit eine andere ist als hierzulande, die Public Cloud eine bedeutende Rolle spielen wird. Und natürlich wird es noch andere Spielarten geben, auf die wir uns einstellen müssen. So können beispielsweise die Applikationen eines Unternehmens in der Cloud laufen, während der Datenbank-Server nach wie vor im hauseigenen RZ steht. Als Provider muss man dann etwa dafür sorgen, dass Datenbank- und Applikations-Server miteinander kommunizieren können. Man kann das auch hybride Cloud nennen.

CW: Anbieter wie IBM oder Hewlett-Packard mit einem ähnlich breiten Portfolio wie Fujitsu positionieren sich ebenfalls im Cloud-Markt. Wie grenzen Sie sich von diesen Playern ab?

Schwirz: Wenn man Cloud Computing als Service für ein Unternehmen betreibt, ist das mehr als in anderen Bereichen des IT-Markts eine Vertrauensfrage. Ich weiß aus Erfahrung, dass man beim Kunden viel über Features, Functions und Capabilities reden kann. Am Ende des Tages entscheiden Menschen auf Kunden- und auf Anbieterseite, wer zum Zuge kommt. Hier spielen Faktoren wie Qualität, Verlässlichkeit und Kundenzufriedenheit eine wichtige Rolle. Und in dieser Beziehung sehe ich Fujitsu mit seinen Werten sehr gut aufgestellt. (wh)