Oliver Ahrens, Acer: "Zum Spagat brauchen Sie zwei Beine"

27.02.2006
Mit Oliver Ahrens, Geschäftsführer von Acer Deutschland sprach CW-Redakteur Christoph Witte über die Herausforderungen eines PC-Herstellers, der noch seinen Schwerpunkt im Endverbrauchermarkt und im Markt für kleinere Unternehmen hat.

CW: Was macht ein Business-Notebook für Sie aus?

AHRENS: Das kommt ganz darauf an, was Sie mit dem Rechner machen wollen. Wenn Sie ihn als reinen Desktop-Ersatz einsetzen - also einen großen Bildschirm benötigen, eine große Festplatte, DVD und einen schnellen Prozessor, dann ist das sicher ein ganz anderes Notebook als eins, das Frequent Traveller einsetzen. Solche Geräte müssen vor allem handlich, leicht, klein und mit langer Batterielaufzeit ausgestattet sein. Und natürlich sollten sie alle mobilen Verbindungsmöglichkeiten ins Internet bieten.

CW: Sie bezeichnen Acer als Plattform-Lieferant. Das signalisiert Infrastruktur, Basisarbeit. Was verstehen Sie unter dem Begriff Plattform?

Oliver AHRENS: 'Wir brauchen nachvollziehbare Technologiesprünge und relevante Innovationen.'
Foto: Acer

AHRENS: Wir übernehmen die volle Verantwortung für die Hardware, die wir unseren Kunden übergeben. Acer lässt sich dabei von zwei Leitgedanken bestimmen. Wir stellen hochqualitative Hardware und neue Technologie mit relevanten Innovationen möglichst vielen Anwendern zur Verfügung. Außerdem wollen wir den Nutzer in die Lage versetzen, die Hardware möglichst sinnvoll zu nutzen. Dazu haben wir unter anderem den schnellen Zugriff auf wichtige Funktionen durch eine Empowerment-Taste integriert. So sorgen wir dafür, dass unsere Hardware, die an sie gestellten Erwartungen erfüllt. Der Anwender will seine Ziele erreichen, in der Regel interessiert er sich nicht für Chips oder Betriebssysteme. Wir liefern Infrastruktur dazu und die muss absolut zuverlässig sein. Darauf konzentrieren wir uns und kleistern das nicht zu mit darüber hinaus gehenden Service- oder Softwareangeboten zu.

CW: Sie sind in ihrem Geschäft extrem abhängig von den neuen Technologien, die ihre Bausteinlieferanten anbieten. Ihr Business brummt, wenn es Technologiesprünge gibt. Ist das nicht gefährlich?

AHRENS: Wir brauchen nachvollziehbare Technologiesprünge und relevante Innovationen. Ein gutes Beispiel für so einen Sprung ist die Centrino Duo Technologie, die mehr Mobilität, schlankere Bauformen und trotzdem mehr Systemperformance erlaubt. Das wirkt sich natürlich positiv auf unseren Absatz aus. Man kann sogar sagen, dass wir uns am wohlsten in Phasen hektischer technologischer Aktivität fühlen. Dann lässt sich gegenüber dem Anwender eine Neuanschaffung am leichtesten argumentieren.

CW: Wenn alle den Centrino Duo einbauen, wie differenzieren Sie sich dann noch vom Wettbewerb? Sie können doch höchstens von einem Zeitvorsprung profitieren.

AHRENS: Das ist richtig aber der Vorsprung hängt auch immer sehr stark von der Business Intelligenz der Wettbewerber ab. Man muss konitnuierlich die Nase vorn haben. Die Frage ist immer die, wie schnell haben sie die Technologie verfügbar und zweitens wie schnell können Sie ein Produkt daraus machen? Wir sind da sehr schnell. Wie bei Centrino Duo werden wir auch beim Thema 3G/HSDPA on board die Ersten sein, die Produkte am Markt haben werden. Eine wichtige Rolle spielt hierbei natürlich auch, wie ernst Sie als Hersteller vom Komponenten-Lieferanten genommen werden, damit sie eine ausreichende Stückzahl beispielsweise an CPUs bekommen.

CW: Wie groß muss der Vorsprung sein?

AHRENS: Da reichen vier Wochen. Allerdings müssen wir immer vier Wochen besser sein. Dann gewöhnen sich die Händler und die Endkunden daran. Erst dann werden wir als gut wahrgenommen.

CW: Wie sieht Ihre Umsatzverteilung zwischen Consumer- und Unternehmensgeschäft aus?

AHRENS: Es ist wohl balanciert. Im Corporate-Geschäft müssen wir aber besser werden, da wollen wir wachsen. Wenn wir den hiesigen Platzhirschen Fujitsu Siemens angreifen wollen, dann brauchen wir ein erfolgreiches Corporate-Geschäft. Im Consumer- und SME-Geschäft sind wir dagegen schon sehr gut unterwegs.

CW: Ist das nicht ein Spagat, wenn man Consumer- und Corporate-Geschäft machen will? Das sind doch sehr unterschiedliche Anforderungen.

AHRENS: Zum Spagat brauchen Sie zwei Beine. Und wir sind froh, sie zu haben. Anderes gesagt, wir verstehen beide Märkte sehr gut und sehen keinen Widerspruch.

CW: Wie hoch ist der Anteil an Laptops in ihrem Geschäft?

AHRENS: Etwa 65 Prozent, wobei die Desktops aber stark wachsen. Das gilt für Deutschland, aber auch in ähnlicher Weise für die anderen Märkte.

CW: Wie verhält es sich mit den so genannten konvergenten Produkten?

AHRENS: Die lieben wir natürlich. Da geht es um neue Technologien, um schnelllebige Produkte und um eine kluge Partnerwahl im Channelvertrieb. Sie stellen eines unserer ganz wichtigen Wachstumsfelder dar.

CW: Wie groß soll dieses Geschäft werden?

AHRENS: Bis in zwei Jahren sollen aus diesem Produktsegment 15 Prozent unseres Umsatzes kommen. Ich äußere mich bewusst vorsichtig, weil wir alle nicht wirklich wissen, was wir im Bereich digital home in zwei Jahren verkaufen werden

CW: Und die Preise? Entwickeln die sich bei den konvergenten Produkten genauso schnell nach unten wie im PC-Markt?

AHRENS: Eigentlich noch schneller, weil sie dort noch ein unheimliches Gerangel zwischen alten und neuen Marktteilnehmern vorfinden.

CW: Also leidet der neue Markt, in dem Acer ja wachsen will an der alten Krankheit rapider Preisverfall.

AHRENS: Da ist dann der mit der besten Medizin gefragt. und die setzt sich zusammen aus dem schnellen Phase-In relevanter Technologie, effizienten Prozessen und einem sauberen Channel-Management.

CW: Um zu wachsen, müssen sie auch verdrängen. In Deutschland sind sie die Nummer vier. Ganz vorne steht FSC.Was machen die besser als Acer?

AHRENS: Zum einem wird innerhalb des Siemens-Konzern ein interessantes Umsatzvolumen bewegt, quasi exklusiv.. Zum anderem gibt es das von Siemens geerbte Behördengeschäft mit einem Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro. Da wo wir mit gleichen Mitteln agieren, etwa im Consumergeschäft, im SMB- oder im Soho-Markt sind wir entweder genau so gut oder besser.

CW: Warum ist das Corporate Geschäft für sie so wichtig? Und wie wollen Sie da ernsthaft mitmischen?

AHRENS: Wir waren bisher sehr channeltreu und haben auch das Corporate-Geschäft ausschließlich über die Partner abgewickelt. Das wollen wir auch nicht ändern, wir wollen aber dem Partner helfen, das Leistungsvermögen von Acer zu präsentieren. Wir gehen selbst mit in die großen Unternehmen und präsentieren unser Portfolio, unsere Strategie, unsere Servicekonzepte. Bei einer Ausschreibung ist aber der Partner derjenige, der anbietet. Ich denke, dies ist der beste Weg auf die Short-Liste der IT-Einkäufer in den Unternehmen.

CW: Dass der Wunsch nach Acer-PCs also vom Kunden ausgeht?

AHRENS: Ja, genau. Wir wissen, dass wir uns da einiges vorgenommen haben. Wir müssen zehn bis 15 Jahre IT-Historie aufholen, in denen wir uns nicht um diesen Markt gekümmert haben. Hier muss Überzeugungsarbeit geleistet werden - mit Technologie, mit stabilen Unternehmensdaten und nicht zuletzt mit den Menschen, die uns vertreten. Am Ende muss sich der Entscheider trauen, gegen seine angestammten Hersteller und für Acer zu entscheiden. Das ist nicht leicht.

CW: Noch einmal Technologie. Wie wichtig ist das 3G-on-board-Angebot für das Business-Umfeld?

AHRENS: Sehr wichtig. Wir bieten mit Centrino Duo und 3G zwei neue, wichtige Mobility Technologien an. Uneingeschränkte Mobilität wird eines der Schwerpunktthemen im Business-Umfeld der nächsten Jahre. Deshalb freue ich mich auch so auf dieses Jahr.

CW: Wenn Laptops immer stärker zu Kommunikationsgeräten werden, werden dann auch die TK-Anbieter zu einem Absatzkanal für Sie?

AHRENS: Ja, ich glaube, dass sich die TK-Händler und -Provider dieses Geschäft nicht entgehen lassen werden.

CW: Werden Laptops dann ähnlich subventioniert wie Handys?

AHRENS: Mit Sicherheit. Ob wir das toll finden ist eine andere Frage, aber ich glaube, es ist unvermeidlich.

CW: CeBIT: Gehen Sie selbst hin?

AHRENS: Ja klar. Die CeBIT ist für uns ein großer Treffpunkt. Sie ermöglicht es, dass wir uns effizient mit unseren Partnern treffen können. Das ist die wichtigste Funktion für uns. Die CeBIT ist schon lange keine große Ankündigungsmesse mehr und große Geschäfte werden auch nicht mehr auf der Messe abgeschlossen. Wir nutzen die CeBIT, um neue Partner zu akquirieren und erste Gespräche über das back-to-school-Geschäft zu führen.

CW: Stört sie die starke Ausrichtung der CeBIT Richtung Consumer-Elektronik?

AHRENS: Der Trend ist sicher da. Uns stört er nicht, wir bieten in beiden Märkten Produkte an. Allerdings stellt sich die Frage, ob die CeBIT nicht etwas spät dran ist. Ich habe da meine Zweifel, ob die CeBIT die Consumer-Elektronik noch erfolgreich integrieren kann. Mich persönlich würde es freuen. Aber die Frage ist, ob eine Konzentration auf Business-IT und TK nicht langfristig erfolgversprechender wäre. Für mich passt das besser zu Hannover als der Digital Lifestyle.