Logistiknetzwerk und CRM

Ohne hohe Datenqualität wird Same Day Delivery zum Flop

23.09.2014 von Holger Wandt
Die Zustellung von Online-Bestellungen noch am gleichen Tag ist ein absehbarer Trend im E-Commerce. Doch was nützt die beste Logistik für eine schnelle Lieferung, wenn die Adressdatenqualität nicht stimmt? Ein 16-seitiges Whitepaper stellt „Sechs Erfolgsfaktoren für den datenbasierten E?Commerce“ vor.

Amazon experimentiert nicht nur mit Drohnen als fliegende Paketboten, sondern hat vor allem vor wenigen Tagen in den USA seinen Same-Day Delivery Service auf die Großstädte New York City, Baltimore, Indianapolis, Dallas, Philadelphia und Washington DC ausgeweitet. Schon länger gibt es den schnellen Lieferservice in Los Angeles, Phoenix, San Francisco und Seattle. Wenn die Bestellungen von mehr als einer Million Artikeln, darunter zum Beispiel beliebte Filme, Videospiele oder auch alltägliche und nötige Gebrauchsgegenstände wie Windeln oder Shampoo, bis zum Mittag eingegangen sind, kann eine Lieferung noch am gleichen Tag gewährleistet werden.

Bis zum Jahr 2020 soll der Markt für diesen Service auch in Westeuropa, so die aktuelle Branchenstudie "Same-day Delivery: The next evolutionary step in parcel logistics" der Unternehmensberatung McKinsey & Company auf rund drei Milliarden Euro wachsen. Damit wird er in wenigen Jahren 15 Prozent des Umsatzes mit Standardpaketen ausmachen und deutlich schneller wachsen als der Online-Handel insgesamt, der um jährlich 11 Prozent zulegen soll. Heute liegt der Anteil von Same-day Delivery bei weniger als einem Prozent.

Holger Wandt: "Schon der Milchmann früher kannte das Geheimnis: Die beste Bindung zu seinen Kunden baut man auf, wenn man sie persönlich anspricht und ein Gefühl der Wertschätzung vermittelt."
Foto: Human Inference

Kunden würden für zeitnahe Belieferung zahlen

Etwa jeder zweite Kunde, so die Studie, ist bereit, bei einem Einkaufswert von 59 Euro für eine taggleiche Zustellung rund 6 bis 7 Euro zu bezahlen. Mehr als 70 Prozent würden 3,50 bis 4,50 Euro ausgeben, was in etwa dem normalen Paketporto entspricht. Insgesamt zeigt die Befragung, dass die Option einer taggleichen Zustellung dann attraktiv ist, wenn sie nicht mehr als etwa 10 Prozent des Einkaufswertes kostet.

Doch die mit diesem Service verbundenen Chancen kann als Händler nur nutzen, wer eine hohe Produktverfügbarkeit und volle Transparenz über den lokalen Warenbestand hat. Außerdem braucht er eine leistungsfähige Logistik und Kapazitäten für eine schnelle Kommissionierung und Verpackung, damit die Vorlaufzeiten reduziert und taggleiche Bestellungen bevorzugt abgewickelt werden können.

Mit entscheidend ist aber auch das Management der Kundendaten. Denn welchen Nutzen kann eine schnelle Bearbeitung der Bestellung haben, wenn die Lieferadresse falsch ist und der Kunde offensichtlich woanders wohnt? Was bringt es, ein Webangebot zu personalisieren, wenn man den Kunden nicht eindeutig identifzieren kann? Und was hilft eine interaktive Self-Service-Website, auf der die Daten des Bestellers nicht validiert werden? Im Rahmen eines guten Kundendatenmanagements stellen sich deshalb unter anderem folgende Fragen:

Sechs Erfolgsfaktoren für den datenbasierten E-Commerce

In der Praxis haben sich sechs Erfolgsfaktoren für den datenbasierten E-Commerce herauskristallisiert. Wenn sie berücksichtigt werden, scheitert der Online-Handel zumindest nicht an der fehlenden Adressdatenqualität.

Erfolgsfaktor 1: Den Kunden erkennen

Um die Qualität von Kundendaten zu überprüfen, muss jeder Eintrag in der Datenbank auf vier essenzielle Punkte hin überprüft werden: Ist er aktuell, komplett, korrekt und eindeutig? Die Identifzierung von Kundendaten beginnt also bereits beim Vergleich der gerade eingegebenen Daten mit den in den relevanten Systemen bereits registrierten Informationen. Ist "Bäcker König" mit "Bäckerei König" identisch? Und handelt es sich bei "J. Bäcker-König" um dieselbe Person wie bei "Jutta Bäcker"? Für einen automatisierten Vergleich bedarf es allerdings einer gewissen Toleranz, weil die Dublettenerkennung sonst ungenaue Ergebnisse liefert. Aus diesem Grund ist eine intelligente, automatisierte Identifzierungsmethode für den erfolgreichen E-Commerce unverzichtbar.

Erfolgsfaktor 2: Den Kunden kennenlernen

Nur wenn der Kunde eindeutig erkannt wird, ist es auch möglich, weitere Aspekte in die Gesamtsicht einfließen zu lassen. Etwa eine Kaufübersicht oder bisheriges Zahlungsverhalten. Auch die Durchführung von Bonitätsprüfungen wird möglich oder eine Ergänzung der Kundendaten beispielsweise um Referenzdaten aus anderen Dateien. Dadurch kann der Online-Händler seine Kunden persönlich und zielgerichtet kontaktieren. Auch für eine Cross-Channel-Strategie, die das traditionelle Ladengeschäft und den Online-Shop miteinander verbindet, ist das unerlässlich, um ein mögliches Upselling-Potenzial auszuschöpfen.

Erfolgsfaktor 3: First Time Right

Mit dem First Time Right-Prinzip wird die Verschmutzung der Kundendaten bereits an der Quelle verhindert, wodurch die Qualität aller Systeme dauerhaft gewährleistet bleibt. Anhand klarer Richtlinien wird bei der Eingabe über ein Self-Service-Portal oder über andere Wege (Call Center, Außendienst) automatisch, schnell und zuverlässig kontrolliert, ob die Kundendaten in der (den) Datenbank(en) bereits vorhanden sind. Darüber hinaus müssen die Daten validiert und bei Bedarf korrigiert, ergänzt und standardisiert werden.

Erfolgsfaktor 4: Das Nutzererlebnis personalisieren

Schon der Milchmann früher kannte das Geheimnis: Die beste Bindung zu seinen Kunden baut man auf, wenn man sie persönlich anspricht und ein Gefühl der Wertschätzung vermittelt. Sein CRM-System war sein Gedächtnis, in dem das Wissen über jeden seiner Abnehmer gespeichert war. Doch heute sitzt die Datenbank nicht mehr in den Köpfen der Mitarbeiter und umfasst Unmengen an Kundendaten, die erschlossen werden müssen. Alle Kenntnisse, die es zu einem Kunden versteckt in allen möglichen Systemen und Quellen gibt, müssen zusammengeführt und dem gesamten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist das Schaffen eines zentralen Kundenbildes, das die Basis für eine Personalisierung des Nutzererlebnisses darstellt. Denn je relevanter Angebote zum jeweiligen Zeitpunkt sind, desto wahrscheinlicher wird ein Kunde sie nutzen.

Erfolgsfaktor 5: International denken

Auch wenn viele Unternehmen sich in erster Linie auf ihren lokalen Markt konzentrieren, kennt der E-Commerce faktisch keine Grenzen. Dies bietet große Chancen für eine Umsatzsteigerung, bringt aber etliche Herausforderungen im Bereich Datenmanagement mit sich. Das fängt bei den Drop-Down-Menüs zur Länderauswahl bei der Adresseingabe an und hört bei den Postleitzahlen und Hausnummern noch längst nicht auf. Denn die sind in manchen Ländern ganz unterschiedlich angeordnet. Auch die Namensgebung von Personen und Unternehmen, ebenso wie die Schreibweise von Währung und Datum, unterscheiden sich international erheblich voneinander. Automatisierte Systeme mit landesspezifschen Kenntnissen von Sprache, Konventionen, Vorschriften und Bräuchen sind deshalb ein Muss.

Erfolgsfaktor 6: E-Commerce als Frage der Strategie verstehen

Um der immer härter werdenden Konkurrenz im E-Commerce die Stirn bieten zu können und die Kunden auch online so zu bedienen, wie sie es sich wünschen, müssen alle Kanäle und Prozesse, vor allem aber die IT-Systeme im Unternehmen miteinander in Einklang gebracht werden. Das ist die große strategische Herausforderung. Das Beratungsunternehmen Gartner stellt dazu fest: "Wenn Datenqualität und -management nicht in Ordnung sind, sind alle Daten, die online und offline zu den Kunden gesammelt werden, faktisch wertlos". Doch wenn die Aktivitäten im Bereich E-Commerce in die strategischen Zielsetzungen eines Unternehmens eingegliedert sind, werden sie sich wechselseitig befruchten.

Ohne saubere Daten kein vollständiges Kundenbild

Eigentlich sollten sich Online-Händler mit jedem zusätzlichem Touchpoint, an dem Käufer Kontakt zum Unternehmen aufnehmen, und nach jeder Interaktion ein besseres Bild von ihren Kunden machen können. In der Praxis jedoch zeigt sich, dass dies noch längst nicht immer der Fall ist. Denn Daten sind unvollständig, verschmutzt und unzuverlässig. Mitarbeiter sind nicht in der Lage, die Kunden richtig zu identifizieren. Oder die Online-Umgebung ist unzureichend ausgerüstet, um auf internationaler Ebene Kundendaten zu verarbeiten. Und in der Zwischenzeit werden den vorhandenen Daten Tag für Tag unzuverlässige Informationen hinzugefügt.

E-Commerce-Firmen sorgen sie für ein einheitliches Nutzererlebnis auf allen Kanälen, indem sie dafür sorgen, ihre Kunden besser zu erkennen und genauer kennenzulernen, bei der Eingabe von Kundendaten das First Time Right Prinzip beachten und indem sie internationale Kenntnisse zu Kundendatennutzen und ihre gesamten Aktivitäten im Bereich Online-Handel in ihre gesamte Unternehmensstrategie eingliedern. Ein Datenmanagement, das in Ordnung gebracht wurde, ermöglicht ein akkurates, komplettes, korrektes und eindeutiges Bild von den Kunden und schafft die Voraussetzungen für einen erfolgreichen E-Commerce.

Mehr zu diesem Thema gibt es im kostenlosen Whitepaper "Die 6 Erfolgsfaktoren für datenbasierten E-Commerce" zu lesen. (bw)