Security-Papst Kaspersky

"Ohne digitalen Pass ist die Demokratie gefährdet"

06.03.2012 von Karin Quack
Auf dem "Executive Dialog" am Vorabend der CeBIT warnte Eugene Kaspersky vor den gesellschaftlichen Folgen der starken IT-Fixierung und dem allzu sorglosen Umgang mit den technischen Möglichkeiten.

"Ich bin paranoid", outete sich der Gründer, Chairman und CEO des Anti-Viren-Spezialisten Kaspersky Lab, "und das nicht, weil ich in diesem Geschäft bin; vielmehr bin ich in diesem Geschäft, weil ich immer schon paranoid war".

Mit diesem Bekenntnis erwarb Kaspersky quasi jedes Recht zu einem Rundumschlag in Sachen Worst-Case-Szenarios. Sein Vorredner, der Gartner-Vice-Präsident Peter Sondergaard, hatte gerade konstatiert, zwei Drittel der CEOs billigten der IT in dieser Dekade einen größeren Wertbeitrag zu als jemals zuvor. Kaspersky konterte: "Ich bin davon überzeugt, dass die IT in dieser Dekade nicht nur den größten Wertbeitrag leisten, sondern auch den größten Schaden anrichten wird."

Selbstverständlich kann man solche Bemerkungen als Eigenwerbung abtun. Aber einige von Kasperskys Thesen sind kaum von der Hand zu weisen. Beispielsweise lasse sich gut beobachten, wie sich Cyber-Kriminelle immer wieder neue Spielwiesen suchten, so der Sicherheitsexperte. In den vergangenen acht Jahren habe Kaspersky Lab insgesamt rund 1000 Virenangriffe auf mobile Endgeräte gezählt. Heute gäbe es dieselbe Anzahl innerhalb eines Monats.

Anhaltende Sorgen bereitet den IT-Managern auch der Schutz der digitalen Privatsphäre. In Deutschland sei die Privacy gut geschützt, lobte Kaspersky. Aber im internationalen Umfeld spiele das kaum eine Rolle: "Das Internet kennt keine Ländergrenzen."

Social Media - ein zweischneidiges Schwert

Auch die viel gepriesenen Social Media sind für den selbsternannten Paranoiker ein zweischneidiges Schwert. Sie dienten nicht nur der Transparenz und Demokratisierung, sondern eigneten sich auch hervorragend, um Menschen zu manipulieren.

Am Ende könne die Online-Fixiertheit der Kinder und jungen Erwachsenen (im Fachjargon: "Digital Natives") sogar das Ende der Demokratie einläuten. "Diese Kids werden kaum jemals in ein Wahlbüro gehen", sagte Kaspersky. Als möglichen Ausweg sieht er nur den digitalen Identitätsnachweis und die Wahlmöglichkeit am heimischen Computer oder am Smartphone.

Seine Zuhörer - hauptsächlich CIOs und hochrangige Manager aus der IT-Branche - forderte Kaspersky auf, diesen Gefahren ins Auge zu blicken: "Werden Sie auch paraonoid. Aber bitte bringen Sie nicht die Kassandra um, die Sie vor den Gefahren warnt."