IT-Kurse für Unimitarbeiter

Österreichs Hochschulen setzen auf Online-Training

23.07.2010 von Michael Sudahl
Die Technische Universität in Wien macht alle Hochschulmitarbeiter in einem landesweiten E-Learning-Projekt fit in Sachen IT-Know-how.

An Hochschulen wird gelernt - klarer Fall. Studierende saugen dort nicht erst seit dem Bologna-Prozess systematisch Wissen in sich auf. Viel seltener im Blick der Öffentlichkeit steht hingegen, dass an Lehranstalten tausende von Fachkräften täglich dafür sorgen, dass der Hochschulbetrieb reibungslos funktioniert. Noch weniger beachtet wird, dass auch sie sich weiterbilden müssen.

Albert Blauensteiner, TU Wien: "E-Learning soll eine flexiblere Weiterbildung unterstützen."

An der Technischen Universität (TU) Wien räumt man deshalb dem Lernen der Verwaltungsmitarbeiter, Assistenten, Hochschulangestellten aber auch allen Studierenden eine extra Plattform ein. Sie sollen ihr IT-Wissen möglichst ständig erweitern. Und weil neue Konzepte neue Ideen verlangen, setzt die TU gezielt auf E-Learning.

Die Vorteile des virtuellen Lernens liegen auf der Hand: "Statt starren Schulungseinheiten mit festgezurrtem Inhalt zu festgelegten Zeiten an vereinbarten Plätzen, sollen sich die 40.000 Mitarbeiter aller Hochschulen in Österreich flexibel weiterbilden", so groß schätzt Albert Blauensteiner das potenzielle Marktvolumen ein. Der Leiter des Zentralen Informatikdiensts der TU Wien hat zuerst für seine Uni das Projekt IT-Online-Weiterbildung gestartet. Rund 4000 Mitarbeiter können schon jetzt darauf zugreifen. Ziel ist es, die Webplattform "www.webkurse.at" allen staatlichen Bildungseinrichtungen anzubieten, damit diese ihr Personal fit in IT-Anwendungen machen können.

Vielseitiges Angebot

Aktuell umfassen die Curricula je einen deutschen und englischsprachigen Katalog, in denen vor allem Lotus Notes und Microsofts Office Kurse angeboten werden. Hinzu kommen Online-Schulungen für Betriebssysteme, Servertechnologielösungen und Inhalte zur Java-Programmierung sowie Script- und Websprachen wie XML. Blauensteiner sucht mit diesem Kurskatalog nicht die Konkurrenz zu klassischen Lehrinhalten, die während des Studiums vermittelt werden. Vielmehr sieht er das spezielle IT-Wissen als Voraussetzung, um sich einfacher mit modernen Kommunikationsmethoden Wissen anzueignen oder weitergeben zu können. www.webkurse.at soll Hilfestellung und ergänzendes Handwerkszeug zugleich sein.

Anhand eines Beispiels wird deutlich, wann die Online-Kurse helfen: Stellt etwa ein Uni-Controller eine Excel-Datei zusammen und findet eine Verknüpfung oder ein Makro nicht, das notwendig ist, um sein Abschlussdiagramm anzufertigen, so kann er einen entsprechenden Kurs online suchen, ihn anschauen und durchklicken bis er die Lösung gefunden hat. Das Warten auf ein Präsenzseminar, in dem obendrein Punkte vermittelt werden, die der Suchende im Moment gar nicht wissen will, ist nicht notwendig.

Tutor vor Ort hilft weiter

Stefan Janssen, Skillsoft: "Analyse-Tools helfen uns, Trends und den Bedarf abzufragen."
Foto: Stefan Janssen, Softskills

"Neben den Kursen, die modular aufgebaut zwischen drei und vier Stunden dauern, hat sich die TU für unsere Online-Bibliothek entschieden", erklärt Skillsoft Europa-Chef Stefan Janssen. Der E-Learning-Anbieter hat hier 8500 Bücher, ebenfalls überwiegend zu IT- und Desktop-Themen gelistet. Mit im Boot sind Verlage wie Microsoft Press Deutschland, PMI und gts Learning. John Wiley & Sons liefert die Für Dummies-Reihe, die sich speziell an Einsteiger richte, beschreibt Janssen das Portfolio.

Die Bibliothek ist ein nützliches Tool etwa für IT-Experten, die sich einen Überblick zum Thema Software-Testing verschaffen möchten. Mit Hilfe einer patentierten Suchfunktion kann jeder Uni-Mitarbeiter Bücher schnell durchforsten und sich Einblick in Publikationen verschiedener Autoren verschaffen. Dabei durchkämmt die Suchmaschine jede einzelne Buchseite, sogar jedes Wort. Im Ergebnis listet sie die wichtigen Titel auf, Hyperlinks führen den User zu den passenden Stellen. Kollaborative Elemente ergeben sich durch gemeinsame Bücherregale, Ordner und die Möglichkeit von Empfehlungen.

Um die TU-Beschäftigten für E-Learning und die Online-Bibliothek zu begeistern, starten Blauensteiner und sein Team mit Seminaren in der realen Welt. Seit dem Frühjahr diesen Jahres bietet die Personalentwicklung der TU Präsenz-Kurse an, in denen vermittelt wird, wie man E-Learning effektiv einsetzt. Dieser Blended Learning-Gedanke, also die Verschmelzung von Klassenzimmer und virtueller Welt, dient zum einen dazu, Vertrauen ins eigenständige Lernen zu entwickeln. Zum anderen hilft ein Tutor vor Ort, wenn Fragen auftauchen. Lernen die Kursteilnehmer später am Arbeitsplatz oder zuhause, steht ihnen rund um die Uhr ein Kundendienstcenter zur Verfügung. Dort werden binnen Stunden Mail-Anfragen zu Inhalt und Anwendung beantwortet.

Vernetzte Zukunft

Überlegt wird ebenfalls, Elemente der klassischen Schulung ins E-Learning zu übertragen. So kann sich Blauensteiner vorstellen, dass sich zu bestimmten IT-Themen Experten herauskristallisieren, die innerhalb einer Lern-Community einen Blog mit Insider-Tipps betreiben oder ganze Kurse mit mehreren Teilnehmern organisieren und sogar Wissen testen. "Es ist gut denkbar, dass Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck ihre Anfragen bündeln und, wenn etwa ein neues Microsoft-Betriebssystem auf den Markt kommt, im Vorfeld gemeinsam lernen" - jeder Teilnehmer an seinem Ort und zu seinen individuellen Lernzeiten, aber nach bestandenem Testing mit einem Zertifikat.

Im nächsten Schritt kann die TU Wien über www.webkurse.at abfragen, an welchen Themen die Lernenden interessiert sind. "So erfahren wir, in welche Richtung sich Bedarf und Trends entwickeln", sagt Skillsoft-Mann Janssen. Und weil nicht nur Österreicher Input geben, sondern weltweit mehr als vier Millionen Nutzer, ist der E-Learning-Anbieter in der Lage, neue Lerninhalte schnell anzupassen.

*Michael Sudahl ist freier Journalist in Stuttgart.