Hannover Messe 2016

Obama macht Messe zur Polit-Plattform

29.03.2016
Zum Abschied noch schnell Pflöcke einschlagen. Der scheidende US-Präsident sucht nach der Wiederaufnahme der Kontakte zu Kuba den Durchbruch beim umstrittenen TTIP-Abkommen. Die Hannover Messe bietet ihm die Plattform für seine Gespräche - die USA sind Partnerland.

Der mächtigste Mann der Welt bei der weltgrößten Industrieschau: Mitte April steht der erste Besuch eines US-Präsidenten bei der Hannover Messe an. Die Planungen laufen auf Hochtouren - nicht erst seit den Anschlägen von Brüssel gelten schärfste Sicherheitsvorkehrungen. Barack Obamas wohl letzter Deutschland-Besuch als US-Präsident dürfte die Industrie-Show Hannover Messe mit ihrem diesjährigen Partnerland USA auch zur politischen Drehscheibe machen. Denn es geht Obama um eines der letzten großen Projekte seiner Amtszeit, bei dem er auf einen Durchbruch hofft: das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.

"Er will die Verhandlungen über das Abkommen zu Ende bringen, solange er noch im Amt ist", betonte US-Botschafter John B. Emerson im Vorfeld. Damit wird Hannover nicht nur zur Weltbühne für die Industrie-Trends von Übermorgen, sondern auch zur politischen Plattform. Neben Kanzlerin Angela Merkel wird auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erwartet. Zehntausende TTIP-Gegner haben sich ebenfalls angkündigt - ihnen wird ein Großaufgebot an Sicherheitskräften gegenüberstehen. "Der Polizeidirektion Hannover liegen aktuell sechs noch nicht bestätigte Versammlungsanzeigen vor", so die zuständige Versammlungsbehörde.

DZ Bank über Industrie 4.0 und die Folgen für die deutsche Volkswirtschaft
Industrie 4.0 in Deutschland
Die Studie „Industrie 4.0 – Folgen für die deutsche Volkswirtschaft“ von der DZ Bank beleuchtet Themen wie Wertschöpfung, Arbeitsmarkt und Produktivität. Sie basiert auf Daten, die die DZ Bank selbst erhoben hat, ebenso wie auf Analysen vom Fraunhofer IAO, dem Statistischen Bundesamt und weiteren Quellen.
Bevorzugte Branchen
Die Auswirkungen von Industrie 4.0 werden die gesamte Wirtschaft betreffen, doch einzelne Branchen werden stärker profitieren können. Das sind namentlich Chemie, Maschinen, Elektrische Ausrüstungen, Automotive und IT/Kommunikation. Laut Prognosen des Fraunhofer IAO wird die Bruttowertschöpfung in diesen Bereichen weit überdurchschnittlich wachsen.
Arbeitsproduktivität
Mit Blick auf die Steigerung der Bruttowertschöpfung durch die Einführung von Industrie 4.0 und die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt lässt sich die Entwicklung der Produktivität abschätzen. Nach Zahlen von Statistischem Bundesamt, Fraunhofer IAO, IAB und der DZ Bank AG wird die Produktivität bis zum Jahr 2025 allein aufgrund der zusätzlichen Wertschöpfung insgesamt um fast zwölf Prozent steigen.
Bevölkerungsentwicklung
Wie die Daten vom Statistischen Bundesamt zeigen, nimmt die Zahl der Deutschen im erwerbsfähigen Alter bis 2060 ab.
Verbraucherpreise
Zahlen vom Statistischen Bundesamt, Statistischem Reichsamt und der DZ Bank AG zeigen den Zusammenhang zwischen technischem Fortschritt und Verbraucherpreisen auf.

Hannover Messe 2016: Obama, Sicherheit & TTIP

TTIP ist umstritten - Kritiker fürchten etwa eine Aufweichung des Verbraucherrechts zugunsten von Unternehmen. Mit der geplanten "Transatlantic Trade and Investment Partnership" wollen die EU und die USA die weltgrößte Freihandelszone mit 800 Millionen Menschen schaffen. Mit dem Wegfall von Zöllen und anderen Hemmnissen für den Handel soll auf beiden Seiten des Atlantiks mehr Wachstum entstehen.

Verbraucher- und Umweltschützer fürchten dagegen das Absinken europäischer Standards. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac plant Demonstrationen in mehreren Städten - die zentrale mit bis zu 30.000 erwarteten Teilnehmern ist für den 23. April in Hannover geplant. Eine zweite Großdemo unter dem Motto "Yes we can - Stop TTIP" soll immerhin noch rund 5000 Teilnehmer haben, teilte die Polizei mit. Die vier restlichen Kundgebungen sind deutlich kleiner.

Auch die Tatsache, dass Niedersachsen zugleich Volkswagen-Land ist, gibt Anlass zu Spekulationen. Für den Automobilbauer aus Wolfsburg geht es in den USA wegen des Skandals um manipulierte Abgas-Software gerade um Milliarden. Offiziell bestätigt es niemand, inoffiziell deuten Politiker jedoch an, dass es am Rande des Treffens durchaus zu einem Treffen der wichtigsten Protagonisten kommen könnte.

Industrie 4.0: Ein Leitfaden für CIOs
Industrie 4.0 - Leitfaden für CIOs
Stephen Prentice (Gartner) legt den IT-Verantwortlichen zwölf Dinge ans Herz, die sie für den IT-Beitrag zu Industrie 4.0 beachten beziehungsweise tun sollten:
1. Nur keine Panik!
Industrie 4.0 ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Die gute Nachricht: Wenn man nicht so genau sieht, wo es hingeht, kann man bislang auch nicht wirklich eine Gelegenheit verpasst haben.
2. Integrieren Sie Informationstechnik und operationale Technik!
Unter operationaler Technik (OT) versteht Gartner Ingenieurtechnik mit einer Langzeitperspektive. Sie liefert Information über das, was im Inneren der Produktionssysteme vor sich geht. Dabei ist sie digital, aber nicht integriert.
3. Steigern Sie den Reifegrad Ihres Fertigungsprozesses!
Lernen Sie Ihre Mitspieler auf der Produktionsseite kennen. Verstehen Sie deren Sorgen und Hoffnungen und planen Sie den gemeinsamen Fortschritt auf einem fünfstufigen Weg.
4. Integrieren Sie Ihre Informations-Assets!
Reißen Sie Ihre Silos nieder und öffnen Sie Ihre Unternehmenssysteme auch für externe Informationsquellen: Wetterdaten, Social Media etc. "Ihre wertvollsten Daten könnten von außerhalb Ihres Unternehmens stammen", konstatierte Gartner-Analyst Prentice.
5. Verinnerlichen Sie das Internet der Dinge!
Das Internet of Things (IoT) ist der international gebräuchliche Begriff für das, was die Grundlage der Industrie 4.0 - und des digitalen Business - bildet.
6. Experimentieren Sie mit Smart Machines!
Virtuelle Assistenten für die Entscheidungsunterstützung, neuronale Netze, cyber-physikalische Systeme, Roboter und 3D-Druck mögen aus der heutigen Perspektive noch als Spielerei erscheinen. Aber es lohnt sich, ihre Möglichkeiten auszuloten.
8. Scheuen Sie sich nicht, den Maschinen ein paar Entscheidungen anzuvertrauen!
Der Fachbegriff dafür ist Advance Automated Decision Making. Es gibt schon einige Bereiche, wo Maschinen statt des Menschen entscheiden, beispielsweise bei der Einparkhilfe für Kraftfahrzeuge.
9. Denken Sie wirklich alles neu!
Jedes Produkt, jeder Service, jeder Prozess und jedes Device wird früher oder später digital sein. Denken Sie sich einfach mal Sensoren und Connectivity zu allem hinzu.
10. Führen Sie bimodale IT ein!
Die Koexistenz zweier kohärenter IT-Modi (einer auf Zuverlässigkeit, einer auf Agilität getrimmt) gehört zu den Lieblingsideen der Gartner-Analysten. Stabilität und Schnelligkeit lassen sich so in der jeweils angemessenen "Geschwindigkeit" vorantreiben.
11. Kollaborieren Sie!
Werden Sie ein Anwalt für Industrie 4.0. Schließen Sie sich Peer Groups, Konsortien und Standardisierungsgremien an. Denn die besten Ideen müssen nicht zwangsläufig aus dem eigenen Unternehmen kommen.
12. Halten Sie die Augen offen!
Die Dinge verändern sich - ständig. Erfolgreiche Unternehmen wie Google und Amazon wissen das. Sie sind immer auf der Suche nach neuen Entwicklungen und Möglichkeiten.
7. Werden Sie ein Digital Business Leader!
Der CIO sollte sich für das digitale Business engagieren. Dazu muss er aber seinen Elfenbeinturm verlassen. Denken Sie von innen nach außen, rief Prentice die IT-Chefs auf, und verbringen Sie etwa 30 Prozent Ihrer Arbeitszeit mit Menschen von außerhalb Ihrer Organisation.

Messe-Trends 2016: Robotik & Industrie 4.0

"Wir arbeiten seit fünf Jahren an diesem Messe-Ereignis", erklärte Messe-Sprecher Onuora Ogbukagu. Der Besuch von US-Handelskammerchef Tom J. Donohue, dem Präsidenten des weltweit größten Unternehmens-Zusammenschlusses, hatte 2015 bei der Hannover Messe schon Aufsehen erregt. Es war eine Art finaler Vor-Ort-Test, wie Ogbukagu sagte. Anfang März hat sich ein Voraustrupp der Sicherheitsbehörden das Kongresszentrum und das Messegelände angeschaut. Die Entscheidungen werden nun in Abstimmung zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Weißen Haus getroffen. Beim traditionellen Messe-Rundgang gehen die Organisatoren "von gewissen Beschränkungen" aus: Die jeweiligen Hallen könnten vorübergehend für die Messebesucher gesperrt werden.

Am Airport Hannover wird es rund um das Gelände für Segel-, Motor- oder Drohnenflieger kurzzeitig Beschränkungszonen geben. "Der Flughafen Hannover bleibt aber uneingeschränkt für den Messeverkehr und andere Verkehrsflieger anfliegbar", sagte Flughafenchef Raoul Hille. Nur beim Anflug von Obamas Air Force One dürfte der reguläre Flugbetrieb vorübergehend zum Erliegen kommen. Die Präsidentenmaschine könnte auf einer der drei Parallelbahnen des Airports geparkt werden.

Die fünftägige Hannover Messe mit ihren 5000 Ausstellern aus 70 Ländern hat sich mit dem Leitthema "Integrated Industry - Discover Solutions" erneut der vernetzten Industrie verschrieben. Dabei geht es etwa um vorausschauende Wartung, bei der Maschinen selber auf Anomalitäten hinweisen, oder die industrielle Anwendung von Robotern. Die USA gelten bei der digitalen Vernetzung von Produktionsanlagen und Energiesystemen als einer der Trendsetter. (dpa/fm)