Statt Microsoft Navision

Niehoff Sitzmöbel poliert mit SAP seine IT auf

08.12.2009 von Andreas Schaffry
Die manuelle und zeitaufwendige Abwicklung interner Aufträge und Bestellungen gehören bei der Niehoff Sitzmöbel GmbH der Vergangenheit an. Der Mittelständler hat seine heterogene IT-Landschaft auf eine SAP-basierte Branchenlösung umgestellt. Er profitiert zudem von geringeren Lagerbeständen und kann EDI-Prozesse zu Kunden und Lieferanten ausbauen.
Foto: Niehoff Sitzmöbel GmbH

Sie waren neulich bei Freunden zum Essen eingeladen. Das Fünf-Gänge-Menü hat hervorragend geschmeckt und das neu gestaltete Esszimmer, ausgestattet mit einem edlen Massivholztisch und komfortablen Polsterstühlen, war eine "Wohlfühloase". Kein Wunder, denn die Esszimmermöbel stammen aus dem Hause Niehoff Sitzmöbel GmbH aus Warendorf.

Das Geschäft ist zukunftsfähig, die IT jetzt auch

Der Mittelständler ist spezialisiert auf die Herstellung und den Vertrieb von Esstischen und -stühlen für den Möbeleinzelhandel. Das Unternehmen bietet nach eigener Darstellung für jeden Geschmack das richtige Möbelkonzept - von der konventionellen Formensprache bis hin zur Avantgarde. "Dabei verkaufen wir unsere qualitativ hochwertigen Möbel zu einem fairen Preis", versichert Bernd-Theo Niehoff, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Niehoff Sitzmöbel GmbH. Das habe ebenso zum stetigen Marktwachstum der letzten Jahre beigetragen wie eine hohe Dynamik bei der Einführung neuer Modelle sowie die konsequente Kundenorientierung.

Niehoff Sitzmöbel hat nicht nur das Geschäft kontinuierlich weiterentwickelt und zukunftsfähig gemacht, sondern auch die Unternehmens-IT. Seit kurzem arbeiten rund 100 der insgesamt 400 Mitarbeiter an den Standorten in Warendorf, dem hauseigenen Zulieferbetrieb in Alverskirchen sowie an den zwei Produktionsstätten in Tschechien mit einer SAP-basierten Branchenlösung für die Möbelindustrie. Mit der vom Bielefelder SAP-Dienstleister itelligence eingeführten ERP-Anwendung it.wood furniture kann die Firma nun alle wichtigen Kernprozesse auf Grundlage einer konsolidierten Datenbasis durchgängig abbilden und dadurch effizienter steuern.

Rasantes Wachstum überforderte Altsysteme

„Wir konnten mit der SAP-basierten Branchenlösung viele Prozesse wie die interne Bestellabwicklung effizienter gestalten sowie den elektronischen Datenaustausch mit Handelspartnern intensivieren und sehen uns dadurch für die Zukunft gut gerüstet.“ Bernd-Theo Niehoff, Mitglied der Geschäftsleitung (v.l.n.r.: Bernd-Theo Niehoff, daneben Unternehmensgründer Theo Niehoff, Geschäftsführer Udo Stollhans und Thomas Busch, verantwortlich für die Bereiche Technik und Produktion

Laut Bernd-Theo Niehoff hatten die abgelösten Altsysteme das rasante Unternehmenswachstum nicht mehr unterstützen können. Die heterogene IT-Landschaft bestand zuvor im Wesentlichen aus einer Navision-Installation vom Jahr 1998, diversen Eigenentwicklungen sowie handgestrickten Excel-Lösungen. Allein für die Abwicklung der internen Auftrags- und Bestellprozesse zwischen der Zentrale und den Fertigungswerken gab es vier eigenständige, nicht miteinander integrierte Navision-Systeme. Mitarbeiter aus der Zentrale mussten ihre Bestellanforderungen per Fax an die einzelnen Werke übermitteln. Dort wurden die Bestelldaten von Hand ins System übertragen und ein Kundenauftrag angelegt. Das machte die Intercompany-Abläufe umständlich und zeitaufwendig und barg die Gefahr von Übertragungsfehlern. Zudem bestand aufgrund der verteilten Datenhaltung die Gefahr veralteter und redundanter Daten, etwa für identische Materialien.

Seit der SAP-Einführung gehören diese Probleme der Vergangenheit an. "Wir können nach dem Grundsatz der Einmalerfassung und Mehrfachnutzung sämtliche Geschäftsdaten zentral speichern und pflegen, was die Zusammenarbeit mit den eigenen Werken verbessert", erläutert Bernd-Theo Niehoff. Sobald ein Einkaufsmitarbeiter in Warendorf eine interne Bestellung im SAP-System anlegt, stehen diese Daten den Mitarbeitern in den jeweiligen Werken direkt und ohne Zeitverzögerung zur Verfügung. Auch der bislang manuelle Abgleich von internen Aufträgen und Bestellungen ist nun nicht mehr erforderlich, da im SAP-System die Zuordnung immer eindeutig ist.

Niehoff Sitzmöbel: SAP im Standard mit individuellen Anpassungen

Die Niehoff Sitzmöbel GmbH setzt die SAP-Branchenlösung von itelligence in den Bereichen Finanzbuchhaltung und Controlling, Einkauf und Vertrieb, Produktionsplanung und -steuerung sowie für die Material- und Lagerverwaltung und im Personalwesen ein. Neben den SAP-Standardfunktionen nutzt der Mittelständler auch die branchenspezifischen Funktionserweiterungen für die Möbelbranche. Das sind beispielsweise frei definierbare Kundenhierarchien oder auch eine mitlaufende Vor- und Nachkalkulation.

Darüber hinaus hatte der Sitzmöbelhersteller individuelle Anforderungen, die sich nur durch Erweiterungen an der ERP-Anwendung abdecken ließen. Dazu gehört eine Funktion für die Simulation von Materialpreisen, um deren Deckungsbeitrag zu berechnen. Das Szenario beinhaltet auch die Möglichkeit, Materialien kundenspezifisch zu selektieren, unter Berücksichtigung der jeweiligen Rabatte und Sonderkonditionen. Möglich ist jetzt auch eine automatische Prüfung von Konventionalstrafen, die das Geschäftskonto belasten, sowie gegebenenfalls deren Korrektur. Kunden und Verbände schicken monatlich Listen, welche die von einer Strafzahlung betroffenen Aufträge sowie die Lieferzeiten enthalten. Kontrollierten früher Mitarbeiter diese Listen von Hand, werden die Daten heute in die Branchenlösung eingegeben und sind dort nach Firmenangaben per Knopfdruck auswertbar.

Warenflüsse nachvollziehen, Lagerbestände verringern

Darüber hinaus sind Material- und Warenflüsse in den einzelnen Lagerstätten transparent und nachvollziehbar. Wareneingänge sowie Entnahmen erfassen die Niehoff-Lagerarbeiter heute online über W-LAN-Barcode-Scanner. Die Daten werden an die ERP-Lösung übertragen und dort sofort als Bestand oder Entnahme gebucht. Der Disponent kann somit auf der Basis aktueller Lagerdaten die Bedarfsanforderungen aus den Aufträgen sowie den Fertigungskapazitäten und laufenden Produktionsaufträgen abgleichen. Dadurch weiß er genau, welche Ware er zu welchem Termin benötigt und kann diese bedarfsgerecht ordern. Insbesondere in Tschechien führte das bereits zu einer deutlichen Reduzierung der Lagerbestände. Außerdem können Vertriebsmitarbeiter bei Kundenanfragen den aktuellen Auftragsstatus abrufen und sie darüber informieren, wann die Ware das Haus verlässt.

EDI-Prozesse zu Kunden ausbauen

Mit der Einführung der SAP-Software hat Niehoff Sitzmöbel auch die Anbindung an das Internetportal Iwofurn, eine B2B-Kommunikationsplattform für die Möbelbranche, realisiert. Dadurch konnte man die EDI-basierte Auftragsabwicklung mit Kunden aus der Möbelbranche, deren Anteil bisher zwischen drei bis fünf Prozent betrug, intensivieren. Die Zielsetzung von Bernd-Theo Niehoff ist, über die Serviceplattform künftig 25 Prozent der Kundenaufträge abzuwickeln. "Derzeit integrieren wir pro Monat einen oder zwei Kunden, wir wären aber gern schon weiter", gibt er zu.

Technisch gesehen übernimmt die Plattform Iwofurn die Rolle eines Clearing Centers, da es in der Möbelbranche keinen einheitlichen Standard für den Datenaustausch zwischen Handelspartnern gibt. Ein Beispiel: Niehoff sendet aus der ERP-Software einen SAP-Idoc-Datensatz an Iwofurn, wo die SAP-Daten in das vom Kunden verwendete EDI-Format konvertiert und diesem dann über das Internetportal bereitgestellt werden. Das Ganze funktioniert natürlich auch in umgekehrter Richtung.

Der Nachschub läuft schneller

Nicht zuletzt kann der Sitzmöbelhersteller mit der SAP-Software jetzt auch seine Lieferanten besser integrieren und durch den direkten elektronischen Datenaustausch, etwa von Bestellbestätigungen oder Lieferavisen, die Nachschubprozesse noch effizienter gestalten.