Während das klassische Projekt-Management in den Unternehmen eine zentrale Rolle spielt, stehen die Verantwortlichen dem Thema "Agiles Projekt-Management" hierzulande noch skeptisch gegenüber. Mit dem stark deterministisch geprägten Management-Ansatz der vergangenen Jahre hat es nicht viel zu tun. "Ein Projekt wird nicht mehr auf ein oder zwei Jahre komplett durchgeplant; vielmehr werden kurze Zyklen gewählt", erklärt Markus Müller, Delivery Executive Manager bei GFT Technologies. Dadurch seien Projekte leichter veränder- und steuerbar. Allerdings gebe es dabei auch Hindernisse. Vor allem der Vertragsabschluss stelle eine große Herausforderung dar. Viele Unternehmen sind der Überzeugung, es sei leichter, einen Vertrag abzuschließen, wenn alles vorher exakt festgelegt ist. Der GFT-Experte meint aber: "Es ist ein Irrglaube anzunehmen, dass dies immer möglich ist."
Dem Team den Rücken freihalten
Verantwortliche für agile Entwicklungsprojekte müssen laut Müller folgende Grundhaltung mitbringen: "Oberste Priorität hat, dem Team entsprechendes Vertrauen entgegenzubringen." Dazu gehöre vor allem die Bereitschaft, Verantwortung für einzelne Entwicklungsphasen an die Projektmitarbeiter abzugeben. Während der klassische Projekt-Manager die Projektplanung verantwortet und Aufgaben lediglich verteilt, greift der agile Projekt-Manager nicht mehr wie früher bis ins Mikro-Management ein, sondern hält dem Team den Rücken frei und beseitigt Hürden im Projektverlauf. "Diese Arbeitsteilung führt zu neuen Rollenmodellen und Funktionsbezeichnungen. So ersetzt zum Beispiel im Rahmen der Scrum-Vorgehensweise der Scrum-Master den klassischen Projekt-Manager", erklärt Müller. Hierbei handelt es sich um eine Führungskraft, die gruppendynamische Prozesse steuert und die Funktionalität des Teams permanent überprüft. Das ist wichtig, da die Teammitglieder bei diesem Modell eine weitaus größere Verantwortung als früher tragen. Sich bei Fehlern gegenseitig zu unterstützen und diese, wenn nötig, auch zu melden, sei für viele Mitarbeiter gewöhnungsbedürftig, berichtet Müller.
Durchsetzungkraft und Mut
Auch wenn die technischen Prinzipien des agilen Projekt-Managements den Beteiligten durchaus klar sind, ist es für den Prozess-Manager nicht einfach, sie in der jeweiligen Organisation durchzusetzen. "Nicht selten schlägt ihm Misstrauen von Seiten der Mitarbeiter entgegen, denen diese Arbeitsweise fremd ist", beobachtet der GFT-Manager. Hier müsse der agile Projekt-Manager zeigen, wie gut er ist, und ob es ihm gelingt, dennoch den Projekterfolg zu gewährleisten. Neben der Vermittlungskompetenz ist es auch wichtig, Erfolge transparent zu machen. Bei GFT werden für agile Projekte erfahrene und qualifizierte Leute eingesetzt, von denen viele speziell für dieses Vorhaben ausgebildet wurden. Zur Weiterbildung gehören laut Müller Themen wie die "Planung agiler Prozesse", aber auch die "Vertragsgestaltung".
Die Lernbereitschaft der eigenen Mitarbeiter kann Bettina Mann, Director of Group Human Resources bei GFT, bestätigen: "Neben technischen und fachlichen Schulungsmaßnahmen ist das Interesse groß, sich in Themenkomplexen weiterbilden zu lassen, in denen es um Flexibilität und Agilität geht." Auch bei der Rekrutierung neuer Kollegen spiele das Thema eine wichtige Rolle. Es sei wichtig, dass potenzielle Mitarbeiter neben der Fachkompetenz vor allem die Bereitschaft mitbringen, sich Neuem zu stellen.
"Agilität ist wie Teenage-Sex"
Mit einer schönen Metapher beschrieb die Softwareexpertin und Buchautorin Jutta Eckstein das agile Projekt-Management in der Einleitung eines Vortrags: "Agilität ist wie Teenage-Sex - alle reden darüber, doch keiner weiß, wer es in der Praxis macht." Verglichen mit klassischem Projekt-Management mit vorab abgestimmtem Rahmen, Zeit und Geld sieht sie den entscheidenden Vorteil, dass sich ändernde oder unausgesprochene (vielleicht auch unaussprechbare) Anforderungen einbezogen und beachtet werden können. Eckstein: "Dadurch, dass der Funktionsinhalt variabel ist, während der Funktionsumfang fest bleibt, leidet nicht die Qualität in erster Linie an Änderungen." Dabei hält sie die Teamarbeit im Projekt selbst für erfolgsentscheidend. Hier stimmt sie mit den GFT-Managern überein: "Die Anforderungen, die an die menschlichen und persönlichen Eigenschaften der Projekt-Manager und Projektmitarbeiter gestellt werden, sind sehr hoch. Hier können letztlich nur erfahrene IT-Profis erfolgreich agieren und wertvolle Ergebnisse erzielen."