Interkulturelles Verhandlungsgeschick, Umgang mit fremden Kulturen und der Einsatz von Personal weltweit ist heute Gang und Gebe. Neben dem persönlichen Einsatz in einer fremden Kultur und der Geschäftsreise zu potenziellen Kunden und Partnern gibt es auch internationale virtuelle Teams sowie interkulturelle Unterschiede innerhalb deutscher Teams. Man denke nur daran, wie leicht Ingenieure und Vertriebler aneinander vorbei reden können. Oder an die unterschiedlichen Altersgruppen, die auf verschiedene Art und Weise kommunizieren, agieren und verhandeln.
"Jeder Mensch besitzt seine eigene, multikulturelle Identität, die sich in seinen Wertvorstellungen, Verhaltensweisen, Erwartungen und Einstellungen widerspiegelt," sagt Carolin Oder, Expertin für interkulturelle Zusammenarbeit von der Agentur Kulturion. "Unsere Identität wird von weit mehr als nur unserer Nationalität geprägt." Kulturelle Elemente wie die ethnische Abstammung, geographische Herkunft, Geschlecht, Alter, Religion, wirtschaftlicher Status oder Beruf eines Menschen haben Einfluss auf dessen Art zu sein, zu handeln und zu kommunizieren.
Wie man sich am besten auf einen Arbeitseinsatz im Ausland vorbereitet, worauf man achten muss oder was bei internationalen Verhandlungen zu berücksichtigen ist, dazu hat Carolin Oder einige Tipps zusammengestellt. Die Expertin für interkulturelle Zusammenarbeit verfügt über jahrelange Erfahrung im Umgang mit internationalen Geschäftspartnern, arbeitete in internationalen Teams und ist heute Trainerin und Expertin auf dem Gebiet der internationalen Kompetenzentwicklung.
1. Stereotypen ade
Wichtig ist zunächst, von Stereotypen Abstand zu nehmen. Die Denke "kenn’ ich einen, kenn’ ich alle" ist absolut fehl am Platz. Bewusst offen sein für Unbekanntes und viele Fragen stellen hilft genauso, wie die Suche nach mehreren Interpretationen und das Vermeiden von vorschnellen Urteilen. Letzteres ist, unter dem Erfolgs- und Zeitdruck im internationalen Geschäft, wohl die größte Herausforderung.
2. Dresscode, Smalltalk, Gastgeschenk
Auf den internationalen Einsatz sollte sich jeder gut vorbereiten. Ein absolutes Muss ist mit Sicherheit das Erlernen des Protokolls des jeweiligen Landes. Die Etikette bezüglich Dresscode, Smalltalk-Themen, Formalitäten, Tischmanieren, Begrüßung und Gastgeschenke ermöglicht den sicheren, ersten Kontakt.
Um im Fortgang der Geschäftsbeziehung Missverständnisse und Frustrationen zu vermeiden, und um effektiv sein Ziel zu erreichen, sollte man sich in jedem Fall über das Kommunikationsverhalten und die Wertvorstellungen der fremden Kultur informieren. Das Bewusstmachen der Unterschiede ist der erste Schritt; die interkulturelle Kompetenz entwickelt sich über die Zeit.
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3. Zwischen den Zeilen lesen, Körpersprache, Pünktlichkeit
Es gibt Dinge, die man bei internationalen Verhandlungen generell wissen sollte. So verschieden Kulturen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Ansichten und Erwartungen in Verhandlungen. Wichtig ist das Kommunikationsverhalten, das indirekt oder direkt sein kann.
Beim direkten Austausch von Informationen gilt die Devise "Ich meine das, was ich sage." Hingegen sind bei der indirekten Art Aussagen oft impliziert: "Ich meine das, was Du in der Lage bist zu verstehen."
Zwischen den Zeilen lesen ist in Verhandlungen mit Geschäftspartnern aus Lateinamerika, Asien, Süd- und Osteuropa sowie dem Nahen und Mittleren Osten der Erfolgsfaktor Nummer eins.
Hinzu kommt das nonverbale Verhalten, die Körpersprache, Blickkontakt, Gesten, Mimik, Artikulierung und Betonung, was ebenfalls ein wichtiger Punkt in Verhandlungen darstellt.
Die Beziehung zu Zeit kann zusätzlich zu Missverständnissen führen. Ist Zeit Geld oder ist Zeit etwas mit dem man weise umgeht? Das hat Auswirkung auf Pünktlichkeit und Agenda.
Abschließend kann es hilfreich sein herauszufinden, wer in den Verhandlungen die Entscheidungsautorität besitzt. Was in Deutschland auf Abteilungsleiter Ebene möglich ist, ist in China dem Hierarchiehöchsten vorbehalten.
4. Virtuelle Teams aufbauen
Um globale virtuelle Teams zur Höchstleistung zu führen, müssen zunächst die offensichtlichen Hindernisse überwunden werden. Dazu gehören
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die verschiedenen Zeitzonen,
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unzuverlässige Telekommunikationssysteme,
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unterschiedliche Softwareversionen,
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fehlende oder inkomplette Peripherie,
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Fremdsprachen oder
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unterschiedliche Technologiestandards.
Der größere Knackpunkt liegt jedoch in der Tatsache, dass wir dazu tendieren, Gewohnheiten aus einem bekannten Umfeld (zum Beispiel Face-to-face-Teamarbeit) auf ein anderes, neues Umfeld (virtuelle Teamarbeit) zu übertragen. Teammitglieder von virtuellen Teams sind sich häufig nicht bewusst, dass interkulturelle Unterschiede bestehen. Daher sollten Teamleiter dafür sorgen, dass sich die Mitarbeiter dieser Tatsachen bewusst werden und Verständnis füreinander haben. Zudem müssen die Führungskräfte in der Lage sein, Vertrauen im Team zu schaffen, um eine effektive Zusammenarbeit trotz Distanz zu gewährleisten.
Wie man internationale virtuelle Teams erfolgreich führen kann, dafür hat die Expertin Carolin Oder fünf Tipps parat:
5. Die Franzosen - so nah und doch so fern
Als nicht ganz einfach im Umgang schätzt Expertin Oder die Franzosen ein: Denn aufgrund der geographischen Nähe zu Deutschland erwartet man keine großen Unterschiede. In Wahrheit sind unsere Nachbarn und ihre Gepflogenheiten aber doch sehr anders.
Tendenziell kommunizieren Franzosen eher indirekt, sie sind sehr hierarchisch, legen großen Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen und haben ein anderes Verständnis von Zeit.
"Obwohl ich in Frankreich gelebt habe und der französischen Sprache mächtig bin, hatte ich hier viel Lehrgeld zu bezahlen", erklärt Oder. Ein genaues Studium der Sitten und Gepflogenheiten empfiehlt sich daher auch für berufliche Einsätze im Nachbarland.
6. Warum soll immer nur ich mich anpassen?
Interkulturelle Kompetenz zielt nicht darauf ab sich bis zur Selbstaufgabe anzupassen oder gar seine eigene Identität aufzugeben. Im Gegenteil, wer interkulturelle Kompetenz besitzt, ist sich seiner eigenen kulturellen Elemente bewusst und daher in der Lage, die Unterschiede zu fremden Kulturen zu identifizieren und zu schätzen.
Anpassung unserer Verhaltensweisen zeugt von Respekt und Wertschätzung, die sollte jeder jedem entgegen bringen sollte.
7. Der akkurate Deutsche
Das Klischee des akkuraten Deutschen herrscht im Ausland immer noch vor, wie Oder nach einem mehrmonatigen Auslandsaufenthalt in den USA vor kurzem wieder erfuhr. "Als Deutscher gilt man als strukturiert, organisiert, ehrgeizig und leistungsstark", so die Expertin. Deutsche werden als reserviert und zurückhaltend wahrgenommen und als Personen, die ihr Privatleben nicht gerne mit dem geschäftlichen verbinden. "Der Aufbau einer Freundschaft mit uns braucht Zeit, ist aber dann auf Dauer", sagt Oder.
Gerade wenn man dem Stereotyp nicht entspricht, sind die Reaktionen immer interessant zu erleben. Kennt man einen - kennt man eben nicht alle!
8. Ein Büro als Gebetsraum für muslimische Gäste
Wie ist es nun aber anders herum, wenn ausländische Geschäftspartner nach Deutschland kommen? Wie sehr sollte man sich auf sie einstellen und sie eventuell mit deren Sitten überraschen, damit sie sich in Deutschland wohl fühlen?
Hier komme es darauf an, wer in der Verkäufer-Rolle steckt, sagt Expertin Oder. Wenn jemand als Verkäufer etwas erreichen wolle, werde er alles tun, um es seinem Gast so angenehm wie möglich zu machen. "Wenn eine Adaption an unsere Sitten dem Gast eher schwer fällt, spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, sich ihm auch auf deutschem Boden anzupassen." So habe sie beispielsweise einmal ihren muslimischen Gästen aus dem Iran ein Büro als Gebetsraum zur Verfügung gestellt.
9. Als Frau im internationalen Einsatz
Es gibt Kulturen, in denen es Frauen nicht so leicht haben. In Ländern, in denen die Wahrnehmung der Frau und das Rollenverhalten Mann zu Frau gleich oder ähnlich wie in Deutschland ist, bestehen für Business-Frau und -Mann gleiche Voraussetzungen.
Im internationalen Geschäft mit Kulturen, die eine unterschiedliche Wahrnehmung der Frau haben, zeugt es von interkultureller Kompetenz, wenn sich Frauen anpassen. "Beispielsweise habe ich mich während eines Iranbesuchs verschleiert und akzeptiert, dass mein Chef als Hauptansprechpartner gilt", berichtet Oder. "Dass mir besonders gläubige, männliche Perser nicht die Hand geschüttelt haben, war für mich kein Problem, da ich wusste, worin ein solch unterschiedliches Verhalten begründet ist."
Carolin Oder …
… ist Inhaberin von Kulturion, ein Unternehmen, das Training und Beratung zur internationalen Kompetenzentwicklung anbietet. Die Diplom Betriebswirtin verfügt über vielfältige Auslandserfahrungen. Längere Arbeits- und Studieneinsätze in Frankreich, Schweden oder USA untermauern ihr Wissen genauso wie ihr beruflicher Hintergrund als Exportmanagerin.
Kulturion
Training und Beratung für internationale Kompetenzentwicklung
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