Neue Wege zum IT-Job

08.03.2002 von Alexandra Mesmer
Seit sich die Zahl der IT-Stellenangebote deutlich reduziert hat, müssen die Bewerber wieder mehr Eigeninitiative an den Tag legen. Im Wettstreit um den Traumjob gilt es, sich genau zu informieren, bereits im Vorfeld viele Kontakte zu knüpfen und aktiv auf Unternehmen zuzugehen.

Fred Petersohn wartete gerade an der Kasse im Supermarkt, als sein Handy klingelte. Am anderen Ende: die Bayer AG. Das erste Bewerbungsgespräch führte der 38-Jährige auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt am Handy weiter. Zwei Wochen und zwei weitere Gespräche später hatte der umgeschulte SAP-Berater den Arbeitsvertrag unterschrieben.

Quelle: Ingo Karrasch

Eine Stellensuche, die auf den ersten Blick mühelos erscheint.

Doch der zweite Blick zeigt, dass vieles von der richtigen Einstellung abhängt. Die brachte Petersohn gleich in doppelter Hinsicht mit: Schon während seiner einjährigen Weiterbildung zum SAP-Berater in Köln lotete er auf Fachmessen wie der CeBIT seine Arbeitsmarktchancen aus und begann, sich frühzeitig zu bewerben - nicht nur auf explizit ausgeschriebene Stellen, sondern auch initiativ. Auf der Website von Bayer hatte Petersohn lediglich den Hinweis gefunden, dass laufend neue Mitarbeiter gesucht werden. Gleichzeitig war sich der Quereinsteiger seiner Stärken und Schwächen bewusst: "Mein angelerntes Programmierwissen reicht für einen Entwicklerjob nicht aus, das gab ich im Vorstellungsgespräch auch zu." Dafür hob Petersohn seine logistischen Kenntnisse, die er im früheren Beruf erworben hatte, und seine Fähigkeiten als Berater hervor.

Eine Offenheit, die sich auszahlte, denn er wurde nach 15 abgeschickten Bewerbungen nicht nur zu 14 Vorstellungsgesprächen eingeladen, sondern bekam auch vier Arbeitsverträge angeboten. Ein Erfolg, den sich Bewerber seit Mitte des vergangenen Jahres wieder hart erarbeiten müssen: Seitdem hat sich die Zahl der IT-Stellenangebote fast halbiert, im Januar waren in den 40 Tageszeitungen und der CW, die EMC/ Adecco auswertete, 2814 Offerten ausgeschrieben - gerade mal so viel wie in der dritten Januarwoche 2001.

Auch Outplacement-Berater, die im Auftrag der ausstellenden Unternehmen die entlassenen Mitarbeiter bei der Jobsuche unterstützen, haben derzeit einen schweren Stand. "Die großen Unternehmen stehen momentan als Arbeitgeber nicht zur Verfügung. Chancen eröffnen sich im Mittelstand oder in der Selbständigkeit, da viele Firmen, die Personalkosten reduzieren, lieber die Aufgaben an Freelancer verteilen, als neue Mitarbeiter einzustellen", sagt Herbert Mühlenhoff, Geschäftsführer der Mühlenhoff & Partner GmbH in Düsseldorf.

Zeitarbeiter brauchen jetzt IT-Erfahrung

Auch der Einstieg über Zeitarbeitsfirmen, für weniger Qualifizierte in Boomzeiten oft ein gangbarer Weg, steht nicht mehr jedem offen, wie Lutz Martens, Operational Manager IT-Services bei Randstad, betont: "Wir brauchen erfahrene IT-Mitarbeiter. Umschüler ohne berufliche Erfahrung im IT-Bereich haben bei uns schlechte Karten." Erlauben kann sich Martens diese Einstellung, weil er zum einen nicht mehr so viele Stellen wie in der Vergangenheit besetzen muss, denn auch die Kunden werben die Zeitarbeiter nicht mehr in dem Maße ab wie noch im vergangenen Jahr. Zum anderen gehen bei Randstad mittlerweile auch mehr Bewerbungen ein.

Kerstin Karuschkat

Dennoch brauchen Bewerber den Kopf nicht in den Sand zu stecken, so Kerstin Karuschkat von der Hamburger 3K Personalberatung: "Die Kandidaten müssen neue Wege suchen, um an den Job zu kommen. Sie müssen lernen, sich zu positionieren und sich selbst als Produkt am Markt zu platzieren." Dafür sei viel Recherchearbeit notwendig, um sich etwa auf den Websites der Firmen über neue Chancen zu informieren. Wer sich initiativ bewirbt, hat unter Umständen mehr Chancen, als wenn er wie hundert andere auch auf eine offizielle Stellenanzeige reagiert, ist Karuschkat überzeugt: "Viele Unternehmen geben momentan kein Geld mehr für Recruiting aus, obwohl sie noch offene Positionen haben. Wenn dann ein Personaler eine passende Initiativbewerbung erhält, setzt er sich mit der Fachabteilung zusammen, um den qualifizierten Kandidaten doch noch unterzubringen. In diesem Fall hat der Bewerber oft keinen Mitkonkurrenten."

Dass der verdeckte Stellenmarkt nicht unterschätzt werden sollte, fordert auch die Münchner Karriereberaterin Madeleine Leitner: "Zwei Drittel aller Positionen werden nicht durch offizielle Ausschreibungen besetzt. Denn bevor ein Arbeitgeber eine Anzeige schaltet, sucht er intern nach geeigneten Kandidaten oder fragt Mitarbeiter, ob sie jemanden kennen, der in Frage käme." Darum sei es gerade in Krisenzeiten wichtig, dass sich Arbeitssuchende für Unternehmen mit offenen Stellen sichtbar machen - und nicht nur von zu Hause aus im Internet nach Jobs suchen.

Leitner, die den US-amerikanischen Bewerbungsklassiker von Richard Nelson Bolles "What Color ist your Parachute?" für den deutschsprachigen Raum bearbeitete ("Durchstarten zum Traumjob"), verficht wie Bolles die so genannte PIE-Methode: Probieren, Information und Einstellung sind die drei Bestandteile dieses strategischen Networking, das zum (Traum-)Job verhelfen soll. In der Probierphase sollen die Stellensuchenden ihre Schüchternheit verlieren, offen auf andere Menschen zugehen und durch Gespräche weitere Kontakte knüpfen. "Allerdings darf man sich nie als Problemfall darstellen", warnt Leitner. "Sobald man sagt, dass man dringend einen Job sucht, fällt die Klappe beim Gegenüber herunter."

Outplacement-Berater Mühlenhoff weiß um das Gesetz des Networking: "Es gilt, sich Freunde zu machen, solange man sie nicht braucht." Ist die Hürde, auf andere Menschen zuzugehen, überwunden, kann der Betroffene zur Informationsphase übergehen. Ob bei Messen, Vorträgen, Arbeitskreisen oder in Wirtschaftsclubs - hier spricht und trifft er Leute, die in der gewünschten Branche bereits arbeiten und die ihm über wichtige Entwicklungen und Probleme der Branche Auskunft geben können. "Je mehr Gespräche er führt, umso interessanter wird er als Gesprächspartner", erklärt die Karriereberaterin.

Die späteren Bewerber erhöhen dadurch nicht nur ihre Sichtbarkeit, sondern werden allmählich als Insider wahrgenommen, da sie den Jargon der Branche mitbekommen und die Fachausdrücke selbst be- nutzen. Positiv im Gedächtnis bleiben sie, wenn sie sich bei jedem Gesprächspartner mit einem kurzen Schreiben bedanken und so den Kontakt festigen. Oft ergeben sich in den Gesprächen schon erste Hinweise auf offene Stellen, sodass die dritte Phase, die der Einstellung, beginnen kann. Nun tritt man zum ersten Mal als Bewerber auf.

In Vorstellungsgesprächen sollte dieser zeigen, dass er bereits Insider ist, und glaubhaft unter Beweis stellen, wie er die Probleme lösen kann. Dazu Leitner: "Der Kandidat sollte nicht nur behaupten, dass er etwa teamfähig ist, sondern es am konkreten Beispiel darstellen. Das tatsächliche Verhalten ist immer noch die beste Prognose für die Zukunft." Geschulte Interviewer ließen sich auch immer das Verhalten des Bewerbers in Berufssituationen schildern. Durch dieses Vorgehen werde der Kandidat vom "Bittsteller zum Problemlöser". Eine wesentliche Voraussetzung für die PIE-Methode ist, dass er genau weiß, was er will. "Es genügt nicht, nur den Traumjob zu wollen und sich keine Alternative überlegt zu haben. Arbeitslose sollten sich zuerst nach Alternativen umschauen, um schnell wieder einen Fuß in der Tür zu haben", beschreibt Leitner.

Kontakte knüpfen, solange man sie nicht braucht

Das Nutzen der privaten Kontakte zu dem Zweck, einen Job auf dem verdeckten Stellenmarkt zu finden, birgt allerdings auch Risiken. Wer seinem Chef einen Bekannten als neuen Mitarbeiter empfiehlt, begibt sich in eine gewisse Verantwortung. Entpuppt sich der Neue als Fehlbesetzung, fällt dies unter Umständen auch auf den Empfehlenden negativ zurück. Wenn umgekehrt der Job nicht hält, was ein Freund verspricht, kann es ebenfalls heikel werden, wie Wolfgang Müller von der IG Metall berichtet. Er weiß von einem Fall, in dem ein Infineon-Mitarbeiter seine Ehefrau bei einer bayerischen Bank abwarb. Der Chiphersteller entließ die frisch gebackene Mitarbeiterin noch während der Probezeit.

Wichtige Kontakte für die berufliche Zukunft können Bewerber auch schon viel früher aufbauen, indem sie beispielsweise einen Studiengang mit integrierter Berufsausbildung an einer Fachhochschule oder Berufsakademie einschlagen. Ein solches Studium ist arbeitsintensiv, aber gut strukturiert. Studienphasen wechseln sich mit Praxisquartalen im Unternehmen ab. Der Arbeitgeber schließt einen festen Vertrag mit dem auszubildenden Studenten, übernimmt die Studiengebühren und zahlt meist eine Ausbildungsvergütung. Nach drei Jahren haben die Kandidaten einen IHK-Beruf erlernt und ein Hochschuldiplom in der Tasche. Im Gegenzug verpflichten sich die Auszubildenden, nach Abschluss ihres Studiums dem Unternehmen zwei bis drei weitere Jahre treu zu bleiben oder eine Abfindung zu zahlen.

Der IT-Dienstleister Fiducia AG rekrutiert auf diesem Wege seinen maßgeschneiderten Nachwuchs. Birgit Burgmann, Ausbildungsleiterin am Standort Kassel, betont, dass ihr Unternehmen für den Eigenbedarf ausbildet: "Wir wollen unsere auszubildenden Studenten auf jeden Fall übernehmen, sonst würden wir nicht so viel Geld in sie stecken." Die IT-Firma investiert jeden Monat rund 1050 Euro pro Kopf an Studiengebühren und Ausbildungsvergütung in seinen zweigleisig fahrenden Nachwuchs. Außerdem stellt das Unternehmen den Studenten für die Dauer der Ausbildung Laptops und Bücher zur Verfügung. In Hessen gab es bis vor zwei Jahren keinen dualen Bildungsweg. An der eigens gegründeten Studienakademie für Informatik (SAI, in Bad Wildungen) zieht Fiducia zurzeit vier junge Leute zu Diplom-Wirtschaftsinformatikern heran.

Über ein Praktikum zur Festanstellung

Gute Aussichten auf eine spätere Übernahme haben oft auch Studenten, die während der Semesterferien ein Praktikum absolvieren, neben dem Studium als Werkstudent jobben oder ihre Diplomarbeit in einem Unternehmen verfassen. Judith Dieler kümmert sich bei der Ixos Software AG um diese Zielgruppe. Zurzeit beschäftigt das Münchner Softwarehaus zehn Werkstudenten. Weitere offene Stellen existieren, auch für Diplomanden. Dieler: "Wir haben eine große Entwicklungsabteilung. Da passen angehende Informatiker, Wirtschaftsinformatiker oder Studenten, die Informatik im Nebenfach belegen, gut zu uns."

Dass das Unternehmen potenziellen Nachwuchs und keine preiswerten Arbeitskräfte sucht, zeigt das Auswahlverfahren. Der Kandidat muss in seiner Bewerbung begründen, warum er sich bei Ixos auf diese Praktikumsstelle bewirbt. Das Vorstellungsgespräch führen ein Human-Resources-Referent und ein Vertreter aus der Fachabteilung. Die Vorgehensweise unterscheidet sich also kaum von der Besetzung einer festen Stelle. "Praktika und Nebenjobs sind zum Kennenlernen für beide Seiten eine gute Sache", bestätigt auch Katja Wucherer, Human-Resources-Mitarbeiterin bei der Siemens VDO Automotive AG. Sie sind oft der Anfang einer längeren Beziehung zwischen Nachwuchs und Firma, wie Wucherer beobachtet: "Viele Praktikanten arbeiten anschließend als Werkstudent weiter, manche schreiben auch ihre Diplomarbeit bei uns."

Günther Igl, Fellow bei der Unternehmensberatung McKinsey, geriet auf sehr amerikanische Weise zu seinem Arbeitgeber. Der Wirtschaftsinformatiker ließ im Frühjahr 2000 seinen Lebenslauf in das Absolventenbuch der Universität Regensburg eintragen. Wenig später flatterten ihm zehn Anfragen ins Haus, in denen die Personaler um weitere Unterlagen baten. Am schnellsten kam der Anruf von McKinsey. "In den Vereinigten Staaten sind Absolventenbücher als Recruiting-Instrument schon seit 40 Jahren bekannt", so Mirko Stemmler. In Deutschland werde diese Form der Bewerbung erst allmählich bekannt. Stemmler ist einer der beiden ehemaligen Studenten, die das Absolventenbuch an der Universität Regensburg zum Laufen brachten. Der Betriebswirt, der seine studentische Initiative zur Geschäftsidee ausbaute, stellte fest, dass sich viele Unternehmen Absolventenbücher regelrecht

wünschten.

Inzwischen gibt seine Firma MM Concepts Absolventenverzeichnisse an acht verschiedenen Universitäten heraus, mit weiteren fünf Fakultäten verhandelt er. "Auch die Unis profitieren von den Büchern, weil sie dadurch Drittmittel werben." In Bayreuth und Regensburg verkauft er jedes Semester zwischen 40 und 70 Bücher an Unternehmen. Jedes enthält etwa 110 bis 150 Profile: "Fast alle Hochschulabgänger eines Semesters machen mit - es kostet ja auch nichts, sich einzutragen", berichtet Stemmler. Zudem habe sich herumgesprochen, dass renommierte Industriefirmen, Unternehmensberatungen und Großbanken zu den Abnehmern zählen.

Von den eingetragenen Studenten fänden laut Stemmler auch in schlechten Zeiten noch 70 Prozent über das Buch einen Arbeitgeber. "Die Idee eines Absolventenbuches ist klasse. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass es darüber klappt", sagt Igl. Jedes Profil umfasst zwei DIN-A4-Seiten. Igl lieferte ein Foto und ausführliche Informationen zu seinen Praktika und Auslandsaufenthalten. Kürzer fasste er sich bei Abitur- und Vordiplomnoten. "Die Gestaltung der Lebensläufe überlassen wir bewusst den Studenten", hebt Mirko Stemmler hervor. Es existiert nur ein Richtlinienblatt, damit die Inhalte vergleichbar bleiben.

"Die Lebensläufe vieler Studenten ähneln sich. Über das individuelle Erscheinungsbild der Seiten heben sich die Kandidaten stärker voneinander ab", berichtet er. Bewerber müssen sich auf Messen gut verkaufen. Abheben von der Masse können sich Bewerber auch auf Recruiting- oder Fachmessen wie der CeBIT oder der Systems, da sie hier die Möglichkeit zum direkten Gespräch mit Vertretern aus den Personal- und Fachabteilungen der Unternehmen haben und durch den persönlichen Eindruck überzeugen können.

So auch auf dem Karrierezentrum, das die COMPUTERWOCHE zur CeBIT in Halle 10 veranstaltet. Vor zwei Jahren bekam dort auch Jörg von Ohlen seinen Job bei EDS/Systematics AG in Hamburg. Der 43-Jährige musste sich nach einem Ingenieurstudium und zehn Jahren bei einer Firma im Umweltbereich neu orientieren, da es in dieser Branche keine Jobs mehr gab. Ihn reizte der Informations- und Telekommunikationsmarkt. Mit herkömmlichen Bewerbungen blieb er zunächst erfolglos: "Die Unternehmen haben eine sehr ausbildungsbezogene Vorstellung von neuen Mitarbeitern. Wenn in der Bewerbung nur von IT-Grundkenntnissen die Rede ist, fällt man durch das Raster."

Aus den Zeitungsinseraten suchte er jene Stellenangebote heraus, in denen Wert auf Soft Skills gelegt wurde. Bei diesen Firmen wollte er seine Management-Fähigkeiten, die er als Niederlassungsleiter erworben hatte, in die Waagschale werfen. "Um meine Skills zu verkaufen, war die standardisierte Kurzform einer schriftlichen Bewerbung ungeeignet", so seine Einschätzung. Dass eine Bewerbung am Messestand einem Verkaufsgespräch ähnelt, bestätigt Jana Bartl, Personalerin bei EDS/Systematics. Sie bezeichnet Laufmessen wie die CeBIT gar als "Verkaufsmesse für Bewerber". Die Besucher sollten damit rechnen, dass ein Bewerbungsgespräch zustande kommt und auch entsprechend gekleidet sein: "In Jeans und Pulli geht nichts", so Bartl.

Die Personaler machten sich über den Messeauftritt eines Bewerbers außerdem Notizen und leiteten sie an die Fachabteilung weiter. So fließt das persönliche Erscheinungsbild in den Auswahlprozess mit ein, auch wenn der eigentliche Entscheider gar nicht vor Ort war. Es kommt jedoch nicht nur auf die Kleidung an. Der Kandidat muss sich im Vorfeld über die Firmen, die er am Stand besuchen willl, genau informieren und sich idealerweise einen Gesprächsaufhänger überlegen.

Bei von Ohlen waren es die Strukturprobleme schnell wachsender Unternehmen. Hier konnte er sich als Problemlöser präsentieren: Aufgrund seiner langjährigen Management-Erfahrung könne er die Fortentwicklung eines Unternehmens besser planen als ein jüngerer Mitarbeiter, trotz mangelnder Computerkenntnisse. Das überzeugte - er bekam den Job. Auch der Projektleiter eines Münchner IT-Dienstleisters würde das persönliche Messegespräch jeder anderen Bewerbungsstrategie vorziehen. Da er kein Studium vorweisen konnte, wurden seine Bewerbungen gleich herausgefiltert, so seine Vermutung. Erst im persönlichen Gespräch auf einer Jobmesse konnte der 30-Jährige, der ungenannt bleiben möchte, seine 15 Jahre Berufserfahrung plausibel erklären. Schnell stellte sich heraus, dass er die gewünschten Qualifikationen auch ohne Studium mitbrachte.

Konjunkturkrise: Manche Berater arbeiten unseriös

Beim Thema Personalberater hingegen winkt er ab. Keiner der renommierten Münchner Personalberater habe es geschafft, ihn zu platzieren. Diese Erfahrung schilderten viele Bewerber der Redaktion. Niemand konnte berichten, dass er erfolgreich vermittelt wurde. Stattdessen wurden sie mit Newsletter-Mails gequält. "Viele Berater füllen mit unseren Profilen doch nur ihre Kartei auf", so der häufige Vorwurf. Dass Headhunter mit Vorsicht zu genießen sind, geben sogar Kollegen zu. "Personalberater sind zurzeit nicht die beste Adresse, um an einen Job zu kommen", sagt Karuschkat von der 3K Personalberatung.

Im Zuge der allgemeinen Konjunkturkrise und eigenen Auftragsflaute arbeitete so mancher Berater unseriös - zum Schaden der Bewerber. So weiß Karuschkat von Berufskollegen, die die Lebensläufe der Kandidaten sammeln und sie dann in Massenmailings an unzählige Unternehmen schicken, um überhaupt Aufträge zu akquirieren. Dadurch wird der Kandidat gleich mehrmals wie verderbliche Ware angepriesen. Die Folge: Die Personalverantwortlichen in den Unternehmen zweifeln an dessen Qualifikation. Darum empfiehlt Karuschkat, den Personalberater genau zu hinterfragen: "Beschäftigt er sich wirklich mit mir und meinen beruflichen Vorstellungen, oder will er mich nur in eine Stelle pressen, die er gerade zu besetzen hat? Spreche ich direkt mit dem Berater, oder habe ich immer nur Kontakt mit dem Researcher?"

Auch Outplacement-Experte Mühlenhoff sieht Personalberater nicht als die richtige Adresse für Veränderungswillige an: "Wenn jemand seinen Tätigkeitsbereich, etwa vom Rechenzentrum in die Organisation, oder gar die Branche wechseln will, sollte er lieber über Netzwerke operieren und die Fachvorgesetzten in den Unternehmen direkt ansprechen. Die Personalberater können nur helfen, wenn die Qualifikation des Bewerbers genau auf die offene Stelle passt."

Das beste Rezept bleibt, selbst aktiv zu werden und die Jobsuche gut durchdacht anzugehen. Das fängt damit an, sich über die Arbeitgeber der Wunschregion umfassend in Zeitungen, Fachzeitschriften und Internet zu informieren. Unabhängig davon, wie viele Bewerbungen man abschickt, sollte man sich darüber hinaus an jede Einzelne erinnern können. Auch sollten die Kandidaten nach zwei bis drei Wochen telefonisch nachhaken, falls sich das Unternehmen noch nicht gemeldet hat. Selbst während des Vorstellungsgespräches lohnt sich das Nachhaken.

Fred Petersohn zum Beispiel fragte nach jedem Gespräch den Firmenvertreter, welchen Eindruck er beim Gegenüber hinterließ. "Darauf reagierten die meisten positiv und gaben mir auch zu verstehen, wo meine Schwächen liegen", so der heutige Bayer-Mitarbeiter. Mit dem Wissen im Kopf konnte er beim nächsten Vorstellungsgespräch seine Lücken ehrlich beschreiben und zugleich aufzeigen, wie sich diese schließen ließen.