IT Recht

Neue Muster-Widerrufsbelehrung soll Online-Händlern mehr Rechtssicherheit geben

13.03.2008 von Dr. Volker Baldus
Zum 1. April 2008 tritt die "Dritte Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten-Verordnung" in Kraft. Das darin enthaltene Muster für die Widerrufsbelehrung wird von vielen Online-Händlern schon seit langem erwartet.

Das bisherige Muster hat nicht die erhoffte Schutzwirkung gezeigt und das für die Erstellung zuständige Bundesjustizministerium hat sich nach anhaltender Kritik dazu entschlossen, das alte Muster zu überarbeiten. Für dessen Verwendung gibt es noch eine Übergangsregelung bis zum 1.Oktober 2008. Mit dem neuen Muster verspricht sich das Bundesjustizministerium einen besseren Schutz der im Internet tätigen Unternehmen vor Abmahnungen.

Hintergrund der Abmahnwellen

Das Gesetz verpflichtet Unternehmer, die ihre Waren und Dienstleistungen über das Internet an Verbraucher anbieten und verkaufen, diese über ihr gesetzliches Widerrufs- und Rückgaberecht ordnungsgemäß zu belehren. Bei den so genannten Fernabsatzverträgen erscheinen Verbraucher als besonders schutzbedürftig, da sie die Ware vor dem Vertragsschluss nicht überprüfen können (wie es zum Beispiel beim Kauf in einem Ladengeschäft möglich ist). Fernabsatzverträge stellen daher eine Ausnahme zu dem Grundsatz dar, dass ein einmal geschlossener Vertrag eingehalten werden muss. Unterlässt der Unternehmer bei Fernabsatzgeschäften die Belehrung über die Verbraucherrechte vollständig oder belehrt er fehlerhaft, besteht das Widerrufs- und Rückgaberecht statt 14 Tagen (beziehungsweise einem Monat) unbegrenzt. Er verstößt darüber hinaus gegen das Wettbewerbsrecht und kann von einem Mitwerber kostenpflichtig abgemahnt werden.

Die alte Muster-Widerrufsbelehrung

Da die ordnungsgemäße und vollständige Belehrung des Verbrauchers über seine Rechte und Pflichten nicht ganz einfach ist, hat der Gesetzgeber den Unternehmern eine Muster-Widerrufsbelehrung zur Verfügung gestellt. Unternehmer sind nicht verpflichtet, dieses Muster zu verwenden. Der Verordnungsgeber ging jedoch davon aus, dass dieses Muster allen gesetzlichen Anforderungen gerecht wird und die Verwendung einer eigenen Belehrung ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt. In der Vergangenheit wurden von zahlreichen Gerichten aber Fehler in der Belehrung festgestellt. Bei dem Muster handelt es sich nicht um ein formelles Gesetz, sondern um die Anlage einer bloßen Verordnung. Nach Ansicht zahlreicher Gerichte verstößt die unveränderte Übernahme dieses Musters in einzelnen Punkten gegen das höherrangige formelle Gesetz. Die vermeintliche Schutzwirkung der Verordnung haben daher viele Händler bislang mit hohen Abmahnkosten bezahlt.

Widersprüchliche Urteile

Verschärft wurde die ganze Situation durch widersprüchliche Urteile verschiedener Landgerichte und der Besonderheit des "fliegenden Gerichtsstands". Bei Wettbewerbsverstößen im Internet kann der abmahnende Anwalt für seinen Mandanten das Gericht mit der für ihn günstigsten Rechtsprechung aussuchen. Grund für den "fliegenden Gerichtsstand" ist der Umstand, dass die Internetseiten, auf denen die Belehrungen veröffentlicht werden, im ganzen Bundesgebiet aufgerufen werden können und der Wettbewerbsverstoß daher örtlich nicht begrenzt ist. Die veröffentlichten Belehrungen sind somit nicht nur überall von den Verbrauchern einsehbar, sondern auch von den Mitbewerbern kontrollierbar. Diese besondere Konstellation führt häufig zu Abmahnwellen und damit zu einer erheblichen Verunsicherung des Internet-Handels.

Das Instrument der Abmahnung soll grundsätzlich dazu dienen, dass der Markt sich selbst bereinigt und die wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen ohne Einschaltung der Gerichte eingehalten werden. Die Gerichte werden nur dann tätig, wenn der Abgemahnte dem ihm vorgeworfenen Verstoß widerspricht und sein Konkurrent eine gerichtliche Entscheidung im Wege einer einstweiligen Verfügung (das heißt ohne vorherige Anhörung des Abgemahnten) begehrt.

Hohe Anwalts- und Gerichtskosten möglich

Mit einer erfolgreichen Abmahnung sind hohe Rechtsanwalts- und gegebenenfalls auch Gerichtskosten verbunden. Die Streitwerte werden zunächst von den abmahnenden Rechtsanwälten festgelegt und bewegen sich häufig zwischen 10.000 und 25.000 Euro. Je höher der Streitwert, desto höher die Gerichts- und vor allem die Anwaltskosten. Abmahnungen sind für viele Rechtsanwälte sehr beliebte Mandate, da mit relativ wenig Aufwand schnell hohen Gebühren erzielt werden können. Einige Rechtsanwälte sind mit ihren Massenabmahnungen auch schon bei Gerichten gescheitert, da die Richter erkannt haben, dass nicht mehr die Einhaltung des Wettbewerbsrechts, sondern die Geldbörse des Anwalts im Vordergrund steht.

Die neue Muster-Widerrufsbelehrung

Die neue Muster-Widerrufsbelehrung berücksichtigt die von den Gerichten festgestellten Fehler und soll insbesondere dazu beitragen, den Missbrauch von Abmahnungen einzudämmen. Die hohen Kosten haben gerade kleinere Händler (insbesondere auch bei Ebay) zur Geschäftsaufgabe gezwungen, da die Kosten der Abmahnung in keinem Verhältnis zu den häufig geringen Umsätzen standen.

Da die neue Muster-Widerrufsbelehrung zunächst wieder nur als Anhang einer Verordnung in Kraft tritt, könnte sie in den nächsten Wochen auch wieder bei den Gerichten auf den Prüfstand gelangen. Um dies in Zukunft zu vermeiden, möchte das Bundesjustizministerium in einem zweiten Schritt Vorschläge für ein formelles Gesetz unterbreiten, das auch Regelungen zu den Musterbelehrungen enthält. Die Belehrung wäre dann der richterlichen Überprüfung entzogen und die Händler wären bei ordnungsgemäßer Benutzung endlich vor Abmahnungen geschützt. (ka)

* Dr. Volker Baldus ist Rechtsanwalt bei dem Online-Rechtsportal janolaw.