Billigere Kredite

Neue Commerzbank ist scharf auf den Mittelstand

01.09.2008 von Peter Gruber
Die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank könnte Chancen für den Mittelstand bergen. Experten rechnen damit, dass mittelständische Unternehmen zur Hauptzielgruppe des nun zweitgrößten Bankinstituts in Deutschland zählen. Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, hält sogar billigere Kredite für möglich. Es gibt aber auch skeptische Stimmen.

Lange wurde darüber spekuliert, nun ist es Realität. Die Commerzbank hat die Dresdner Bank für knapp zehn Milliarden Euro gekauft, nachdem die Allianz einen Käufer für die Bank-Tochter suchte. Der Münchner Versicherungskonzern hatte die Dresdner Bank 2001 für 23 Milliarden Euro übernommen, um über den Kundenstamm der Bank ein weiteres Zielgruppepotenzial für seine Versicherungen zu erschließen. Allerdings wird sich die Allianz nicht ganz aus dem Bankensektor zurückziehen, weil sie mit einem Anteil von 30 Prozent zum größten Aktionär der Commerzbank aufsteigt und das Finanzinstitut damit vor einer feindlichen Übernahme schützen soll.

Starke Position durch 100.000 Firmenkunden

Für die Commerzbank ist die Dresdner Bank laut Experten vor allem wegen der Privat- und Firmenkunden von Interesse, obwohl sich beide Banken in ihrem Profil ähneln. Durch den Deal, so glauben Beobachter, könnte die zweitgrößte deutsche Bank ihre Stellung als Finanzier für den Mittelstand ausbauen und als größeres Institut auch international eine gewichtigere Stellung einnehmen. Nach der Übernahme ist die Commerzbank im Privatkundensegment mit über elf Millionen Kunden (14 Millionen weltweit) in Deutschland führend. Besonders stark fällt aber auch ins Gewicht, dass die Commerzbank durch den Kauf der Dresdner Bank über 100.000 Firmenkunden zählt und damit ihre Position auch im Marktsegment der Geschäftskunden erheblich stärkt.

Allerdings spielte bei der Dresdner Bank das Geschäft mit Firmenkunden eher eine zweitrangige Rolle, weil der Schwerpunkt eindeutig auf den Privatkunden lag. Dieser Zielgruppe galt wegen der Vermarktung der Allianz-Produkte das vorrangige Interesse. Diese Tatsache wird auch dadurch sichtbar, dass das Geschäftskundensegment bei der Dresdner Bank nicht als eigenständiger Bereich geführt wird, sondern Teil der Sparte "Private & Corporate Clients" ist. Dennoch, und das ist für die Commerzbank von hohem Nutzen, entfallen über die Hälfte der 112 Milliarden Euro, die das Finanzinstitut an Krediten vergeben hat, auf Unternehmenskunden.

Commerzbank sucht den Mittelstand

Im Gegensatz zur Dresdner Bank weist die Commerzbank ihr Firmenkundengeschäft in einem eigenen Unternehmensbereich aus und spricht mittelständische Betriebe über ihre "Mittelstandsbank" an. Details, wie viel des 312 Milliarden Euro umfassenden Kreditvolumens auf Geschäftskunden entfällt, macht die Bank nicht. Sie ließ jedoch verlauten, 4000 neue Mittelstandskunden im ersten Halbjahr 2008 akquiriert zu haben. Die Geschäftskundensparte war laut Commerzbank im ersten Halbjahr mit 477 Millionen Euro Gewinn vor Steuern der ertragreichste Bereich im Haus.

Spielraum für bessere Konditionen

Michael Hüther: Eine solche Übernahme kann Kredite eher billiger machen.
Foto: IDW

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, sieht in der Fusion die Chance auf günstigere Finanzierungskonditionen. Gegenüber Welt Online sagte der Finanzexperte, dass Deutschland nicht grundsätzlich zu viele Kreditinstitute habe, aber die Kostenstrukturen in der Branche teilweise unwirtschaftlich seien. Fusionen sind seiner Meinung nach ein Weg, um das zu ändern. Hüther weiter: "Eine solche Übernahme kann Kredite eher billiger als teurer machen, gerade für Firmenkunden. Wenn sich zwei Banken zusammentun und dadurch ihre Verwaltungskosten senken, haben sie größere Spielräume für wettbewerbsfähige Konditionen."

Skepsis gegenüber der Fusion äußert hingegen Dirk Müller-Tronnier, Bankenexperte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. Seiner Meinung nach brauchen die Kunden einen solchen Zusammenschluss nicht. Er sieht vor allem den Wegfall eines Konkurrenten und befürchtet eine geringere Produktauswahl.

Ein starker Konkurrent für die Sparkassen

Heinrich Haasis: Die neue Kombination muss erst einmal beweisen, was sie kann.
Foto: DSGV

Durch den Merger mit der Dresdner Bank hat die Commerzbank ihre Marktstellung mit Sicherheit gesteigert - insbesondere was die Zielgruppe mittelständische Unternehmen betrifft. Ob sie jedoch an den Pfründen der Sparkassen rütteln kann, die in Deutschland die mit Abstand größten Geldgeber für den Mittelstand sind, ist fraglich. Seitens des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) gibt man sich ob der Konkurrenz in Sachen Mittelstandsfinanzierung gelassen. Der DSGV-Präsident Heinrich Haasis meinte gegenüber dem "Handelsblatt", dass die Sparkassen weiter mit Abstand Marktführer in diesem Segment seien. "Mit der Zusammenlegung zweier privater Banken ist für uns die Konkurrenz nicht größer geworden. Im Gegenteil: Diese Bank wird zwei Jahre mit sich selbst beschäftigt sein, bevor der Markt verstärkt bearbeitet werden kann", sagte Haasis. Die neue Kombination müsse erst einmal beweisen, was sie könne.