Neue Bundesliga-Saison: Online-Fußballmanager boomen

13.08.2007
Im Internet kann jeder versuchen, einen Fußballverein besser zu führen als Uli Hoeneß. Das muss nicht einmal etwas kosten. Angebote gibt es viele, und die Zahl der Freizeit-Manager steigt.

Martin Reese hat ein glückliches Händchen: In nur vier Spielzeiten hat er sein Fußballteam FC Martini aus der Viertklassigkeit zur deutschen Meisterschaft geführt. Welchen Club, den FC Martini? Die Mannschaft ist fünfmaliger Titelgewinner bei "Hattrick", dem weltweit größten Online-Fußballmanager. Jeder kann bei diesen Spielen sein eigenes Team zu Ruhm und Titeln führen - oder zum Bankrott. Vor allem seit der Weltmeisterschaft 2006 seien die Spielerzahlen der vielen Online-Manager geradezu explodiert, sagt Tobias Börner vom Fußballmagazin "11 Freunde" in Berlin.

Eine unüberschaubare Zahl an Spielen konkurriert mittlerweile um die Gunst der Internet-Nutzer. Schon vor vielen Jahren konnten kleine und große Jungs mit dem "Bundesliga Manager 2000" oder bei "Anstoß" in die Rolle von Uli Hoeneß schlüpfen - aber nur jeder für sich am heimischen PC. Bei den Online-Managern können die Spieler dagegen meist ihre Privatvereine gründen und zum Teil gemeinsam mit ihren Freunden in einer eigenen Liga auf Punktejagd gehen. Genau das mache den Reiz aus, sagt Reese. Zwar bieten die browserbasierten Spiele keine schicken 3D-Szenen wie die traditionellen Manager. Doch dafür sind sie kostenlos - zumindest in den Basisversionen.

"Hattrick" hat mittlerweile mehr als 800.000 Spieler. Allein in Deutschland kämpfen derzeit fast 66.000 Manager um Punkte und Titel. Ursprünglich wurde das Spiel von ein paar Schweden für ihre Freunde programmiert. Jeder Teilnehmer kann seinen eigenen Verein gründen - mit Stadion, Wappen, Fanclub und natürlich Kickern. Von deren Namen hat selbst der kundigste Fußballexperte sicher noch nie gehört. Sie heißen Daniel Mööten oder Hikmet Tura und sind rein virtuelle Wesen.

Bei der Anmeldung werden die Teams der neuen Manager in eine der untersten Ligen gelost. Ein Spieler kann also nicht mit Freunden eine Liga eröffnen, meist bieten nur Freundschaftsspiele eine Gelegenheit zum direkten Kräftemessen. Für den Weg nach oben müssen das Stadion ausgebaut, der Spielermarkt nach Schnäppchen abgesucht, Trainer und Ärzte engagiert und vor allem die Mannschaft trainiert werden. Nur bei den wenigsten klappt das auf Anhieb so gut wie bei Martin Reese: "Ich hab' in meiner ersten Bundesligasaison gleich das Double aus Meisterschaft und Pokal gewonnen", sagt der 42-Jährige aus Darmstadt.

Den Spielern sind vorab keine Positionen zugewiesen. Stattdessen hat jeder seine Stärken und Schwächen in acht Kategorien wie Kondition, Torschuss oder Passspiel. Der Manager muss entscheiden, auf welcher Position welcher Spieler am besten eingesetzt werden kann. Ob er seine Entscheidungen weise getroffen hat, zeigen die Sterne, die jeder Spieler nach einem Match für seine Leistung erhält.

Da immer nur eine Fähigkeit geübt werden kann, ist außerdem eine langfristige Trainingsstrategie empfehlenswert. Nur so kann das Sturmtalent, das dem Manager ans Herz gewachsen ist, seinen Torschuss vielleicht von "passabel" auf die höchste Stufe "göttlich" steigern. Ist ein Holzfuß in keiner Fähigkeit besser als "schwach", hilft nur eines: feuern!

Ein ganz anderes Spielprinzip hat "Comunio", das in Deutschland ebenfalls zu den populärsten Vertretern zählt. Die Teilnehmer dürfen hier statt aus virtuellen Namenlosen eine Mannschaft aus realen Bundesligastars basteln und mit Freunden eine Privatliga gründen. "Der Reiz an unserem Spiel ist, dass es sehr nah an der Realität der Bundesliga dran ist", sagt Fabian Loschek. Der Student aus München startete das Spiel in der Saison 2001/2002.

Anfangs bekommt jeder Mitspieler nur eine mittelmäßige Mannschaft zugelost. Mit einem begrenzten Budget gehen die "Comunio"-Manager auf Einkaufstour und versuchen, auf einem Liga-internen Transfermarkt die Profis ihrer Wahl zu ersteigern. Mit ein bisschen Geschick und Geduld dürfen sie sich irgendwann darüber freuen, jeden Samstag ihre Traumelf auf den Rasen zu schicken. Punkte werden nicht durch Siege errungen, sondern durch die Noten der aufgebotenen Ballkünstler bei einem Sport-Portal, erklärt Loschek. Benotet werden ihre Leistungen am jeweiligen Bundesliga-Spieltag sowie ihre Tore.

Ähnlich läuft das Managerspiel der in Nürnberg erscheinenden Fußballzeitschrift "Kicker" mit mehr als 200.000 Teilnehmern ab. Vor Beginn jeder Bundesligasaison stehen den Mitspielern jeweils virtuelle 30 Millionen Euro zur Verfügung. Damit können sie aus allen Liga-Akteuren ihre Auswahl treffen und so ihr Team zusammenstellen. Jedem Spieler ist dabei ein fester Marktwert zugewiesen. Im Gegensatz zu "Comunio" kann ein Spieler in mehreren Mannschaften stehen, Ligen gibt es nicht. Veränderungen der Mannschaft sind außerdem nur vor Saisonbeginn und in der Winterpause möglich.

Der "Kicker"-Manager ist kostenlos, "Hattrick" und "Comunio" finanzieren sich über Bannerwerbung sowie Premium-Mitgliedschaften. Bezahlt der Nutzer eine jährliche Gebühr, bekommt er eine Reihe zusätzlicher Funktionen wie Statistiken und grafische Gimmicks. So erhalten zum Beispiel bei "Hattrick" für die jährliche "Supporter"-Gebühr in Höhe von 25 Euro die Spieler pixelige Gesichter.

Um der Meistermannschaft FC Martini nachzueifern, werden diese kleinen Vorteile aber nicht ausreichen. Dazu braucht es vor allem Geduld und auch den einen oder anderen Glücksgriff auf dem Transfermarkt. Dieser hat Martin Reese offenbar zuletzt gefehlt: Sein Team ist nach glorreichen Jahren in die zweite Liga abgestiegen. (dpa/ajf)