Geschäfts- und Kommunikationsplanung sollten künftig Hand in Hand gehen:

Netzübergänge machen am meisten Schwierigkeiten

02.09.1988

Kein ernstzunehmendes individuelles Verkabelungskonzept ohne vorhergehende Kommunikationsplanung: Aber nirgendwo ist Planung von so vielfältigen sowohl zentralen als auch Randbedingungen abhängig wie in dem Bereich der Unternehmenskommunikation. Qualität und Verfügbarkeit der Information, und damit der Informationsstränge, entscheiden über das Wohl und Weh' des Unternehmens. Welche Methoden als Planungshilfen derzeit zur Verfügung stehen, schildert Kornel Terplan*.

Nach der Definition der wichtigsten Aufgaben der Kommunikationsplanung werden im folgenden die einzelnen Tätigkeiten mit Hilfe eines Flußdiagramms beschrieben. Insbesondere werden Dienstalternativen für den Endbenutzer, Kommunigramme, Planungsalternativen für lokale und Fernbereichsnetze sowie die Grenzen von Modellierungsverfahren aufgezeigt.

Unter Planung des Netzes und der Bereitstellung von Netzressourcen werden Funktionen und Tätigkeiten der Planung sowie Bereitstellung und Implementierung der erforderlichen Ressourcen (Prozessoren und Netz) aufgrund von Schätzwerten über existierende und neue Anwendungen mit Hilfe von Modellen, Emulatoren und Simulatoren verstanden. Die richtige Ausführung dieser Funktionen und Tätigkeiten garantiert, daß der Ressourcenbedarf sowohl für die Spitzenlast als auch für die Durchschnittslast befriedigt werden kann.

State of the art: Vorwiegend negativ

Der derzeitige Zustand der Kommunikationsplanung kann wie folgt charakterisiert werden:

- Es fehlen noch quantitative Angaben über den Ressourcenbedarf der existierenden Anwendungen in bezug auf CPU, Ein- und Ausgabegeräte, Speicher und Übertragung.

- Es fehlt die Verknüpfung zwischen Geschäftsplänen des Unternehmens und dem Ressourcenbedarf für kommunizierende Geräte.

- Nur in seltenen Fällen wird versucht, dieselben physikalischen Übertragungsressourcen mehreren logischen Anwendungen und unterschiedlichen Kommunikationsformen zuzuteilen.

- Es herrschen noch Unklarheiten darüber, inwieweit und wann unterschiedliche Kommunikationsformen miteinander integriert werden sollen.

- Die Quantifizierung der Servicegrad-Erwartungen erfolgt sehr selten und wenn, dann zu spät für den Planer.

- Es herrscht noch Unklarheit, wie der lokale Bereich verkabelt und wie er dem Fernbereich angeschlossen werden soll. Es ist noch nicht entschieden, ob vorrangig digitale Nebenstellenanlagen oder kabelorientierte lokale Netze beziehungsweise auch beide installiert werden sollen.

- Es gibt wenig Werkzeuge, die den Planungsprozeß erleichtern.

- Die Volumina für Btx-, Telekonferenz- und Bürokommunikationsbenutzer sind unbekannt.

- Die Umsetzung der Verkehrsmeßwerte auf neue Netztypen, wie lokale Netze, Backbone-Netze, Satelliten- und Lichtwellenleiternetze ist noch wenig erprobt.

- Die Auswirkungen von ISDN sind noch nicht vollends absehbar.

- Organisatorisch gesehen erhält die Planung zu wenig Unterstützung von Benutzern und Entwicklern.

Abbildung 1 zeigt das Flußdiagramm der Funktionen der Kommunikationsplanung. In diesem Bild werden nur die wichtigsten Funktionen aufgeführt.

Nach der Informationsbereitstellung an Lastgruppen, Standorte im Netz, Datenschutz- und Berichtsanforderungen, wird die Matrix der Anwendungen für jeden Standort erarbeitet.

Voraussetzung ist, daß die Informationen einigermaßen genau sind. Die existierenden Lastkomponenten (Anwendungen und Dienste) und die Ressourcenauslastung können mit Hilfe der oben erwähnten Verkehrsmessungen erfaßt werden. Dafür gibt es zahlreiche Soft- und Netzmonitore. Die künftige Last läßt sich aber etwas schwieriger schätzen. Tabelle 1 zeigt eine Dienstmatrix, in der die vier Kommunikationsformen Video, Daten, Sprache und Fax die Eingaben und Ausgaben bilden. Wenn die Form der Ein- und Ausgabe übereinstimmt, haben wir es mit homogenen Diensten zu tun (siehe Diagonale in der Matrix). Die sonstigen Zellen definieren heterogene Kommunikationsdienste. Öfters läßt sich ein Dienst nur mit Hilfe von mehreren homogenen und heterogenen Dienstkomponenten beschreiben (zum Beispiel: Telekonferenz). Am besten versucht man die Antworten der Endbenutzer über Art der Dienste und Mengengerüst mit Hilfe von Kommunigrammen zu verifizieren. Kommunigramme (Bild 2) sind grafische Darstellungen zur Veranschaulichung des Kommunikationsverkehrs nach Art und Menge zwischen gegebenen Standorten. Die Darstellung kann auf der logischen oder auch auf der physikalischen Ebene beruhen. In beiden Fällen besteht die Möglichkeit, diese Abbildung mit der tatsächlichen Ressourcenauslastung - die meßtechnisch ermittelt worden ist - zu vergleichen. Wenn beide Ergebnisse innerhalb einer gegebenen Toleranzgrenze (etwa 5 Prozent) übereinstimmen, kann die Befragung in Bezug auf künftige Kommunikationswünsche und Erwartungen fortgesetzt werden. Nach der Identifizierung der Kommunikationsform und des Mengengerüstes werden die Kommunikationserwartungen quantifiziert. Dies kann manuell oder maschinell erfolgen. Tabelle 2 zeigt einen Ausschnitt mit Werten für typische. Durchsatzraten und Nachrichtentypen.

Ressourcen auf Basis der Lastprojizierung

Auf der Basis der Lastprojizierung, der technologischen Alternativen, Servicegrad-Erwartungen und Durchsatzanforderungen wird entschieden, ob und wieviel Ressourcen erforderlich sind. Der Prozeß wird im Bild 3 kurz illustriert. Das Bild stellt den Kapazitätsbedarf als Zeitfunktion dar. Zwischen A und B ist die Kapazität, die installiert wird, höher als der durchschnittliche und der maximale Bedarf. Bei B erhöht sich der erwartete Spitzenbedarf, wodurch die Serviceanforderungen bis C in den Spitzenlastperioden nicht erfüllt werden können. Diese Situation verschlechtert sich sogar bis D, da zwischen C und D sowohl der durchschnittliche als auch der maximale Bedarf die Kapazitätsgrenze übersteigt. Eine Entspannung kann zwischen D und F beobachtet werden. Auf ähnliche Weise erfolgt die Auswertung weiter, wobei die Periode zwischen D und H wieder sehr kritisch ist. Als Ergebnis dieser Untersuchungen können die kritischen Perioden klar definiert werden, wo die planerischen Maßnahmen (zum Beispiel: Eilaufträge oder Verschiebung der Inbetriebnahme von Anwendungen) getroffen werden sollen.

Die Machbarkeit und Verträglichkeit werden in der nächsten Phase erarbeitet. Nach der detaillierten Bewertung von Herstellerangeboten wird das Netz entworfen. Bei existierenden Netzen wird modifiziert, wobei mehrere Kriterien quantitativ für die Zielfunktion und die Nebenbedingungen (zum Beispiel: Servicegrad, Standorte, Konnektivitätsanforderungen, Datenschutz, Durchsatzraten) berücksichtigt werden.

Bei der Planung können private Netze auf der Grundlage von Mietleitungen gebildet werden, oder die Vorteile von sogenannten Value-added-Diensten können in Erwägung gezogen werden. Dazu sollten zum Beispiel interessante Angebote verschiedener, kürzlich gegründeter VAN-Anbieter (Value Added Network) wie zum Beispiel der Siemens-Tochter Vascom, München, oder der Meganet, Köln, eingeholt werden. Dank der Dienstintegration (siehe Bild 4) kann mit einer entscheidenden Erhöhung der Bandbreite gerechnet werden.

Digitalisierung von mittelbarer Bedeutung

Es werden weltweit Anstrengungen zur Digitalisierung der Informationsübertragung unternommen. Für den Endbenutzer hat es allerdings nur eine mittelbare Bedeutung - wenigstens in der Bundesrepublik. Bei der Digitalisierung rechnet man mit folgenden Vorteilen:

- Beliebiger Mix von Daten, Text, Sprache und Bild kann übertragen werden;

- Möglichkeit der Kompression der Bitströme;

- Störungsunempfindlichkeit wegen breiter Fehlertoleranz und Fehlerkorrekturmöglichkeiten;

- Leichtes Verschlüsseln für Vertraulichkeit und Geheimhaltung;

- Zugang zu Computern und Computerspeichern;

- Wirtschaftliche Vermittlungstechnik durch Zeitmultiplex und billige, digitale Bauelemente;

- Wirtschaftliche Übertragung durch Zeitmultiplex und Paketvermittlung.

Die Mischkommunikation wird also durch die Digitalisierung der Dienste und der Netze innerhalb und außerhalb des Standortes ermöglicht. ISDN (Integrated Services Digital Network) gestattet die Integration aller Kommunikationsformen. Außerhalb des Standortes also kann nicht mehr zwischen Netzen unterschieden werden, da es sich um eine Mischübertragung handelt. In einem nächsten Schritt wird von der Seite des Benutzers eine Integration vollzogen werden, indem multifunktionale Terminals (zum Beispiel Telefon, Telex, Teletex, Daten und Btx) erscheinen. Diese Terminals werden dann je nach Aufgabengebiet, zum Beispiel Managementebene, technische oder Administrationsebene, unterschiedlich mit Intelligenz ausgerüstet.

Als Ergebnis der nächsten Phase der Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen stehen die Topologie, die Komponenten, Backup-Pläne, Servicegradindikatoren und Konversionspläne zur Verfügung.

In bezug auf die Topologie findet man immer häufiger Netze mit der Zweiteilung: LANs für die Integration der Kommunikation innerhalb eines Standortes, und Fernbereichsnetze (WANs), welche die einzelnen LANs miteinander verbinden. Das Fernbereichsnetz besteht meistens aus einem Backbone-Teil und aus einem Boundary-Teil. Der Boundary-Teil versorgt geografische Regionen, deren Verkehrsdichte die Bandbreiten von Backbone-Teilen noch nicht wirtschaftlich rechtfertigen können. Der Backbone-Teil stellt vor allem zwischen Ballungszentren große Bandbreiten zur Verfügung. Derzeit verursacht der Netzübergang die meisten Schwierigkeiten. Man rechnet damit, daß sich die Lösung mit Hilfe von intelligenten Netzknoten ergeben wird. Ob sie als Gateways, Brücken, Multiplexer, Nebenstellenanlagen, Vorrechner oder PADs realisiert und implementiert werden, ist heute noch nicht eindeutig entschieden. Auf alle Fälle rechnet man mit sehr leistungsfähigen Knoten.

Performance-Engpässe durch Gateways verursacht

Zur gleichen Zeit erfolgt die Wahl der Netzarchitektur. In den meisten Fällen betreibt der Benutzer mehrere Architekturen, die wiederum miteinander durch Gateways kommunizieren. Derzeit sind sie des öfteren Verursacher von Performance-Engpässen und somit noch nicht in der Lage, Netzmanagement-relevante Daten auszutauschen. Durch die ISO-Bestrebungen hofft der Benutzer auf einen baldigen gemeinsamen Nenner für mehrere Architekturen.

Die nächste Phase der Voraussage des Servicegrades und der Ressourcenauslastung behandelt Fragen der Optimierung und des Feintunings des Netzes. Wegen der großen Komplexität werden öfters Modelle eingesetzt. Diese Werkzeuge, die auf der Warteschlangen- oder Erlang-Theorie beruhen oder Simulations- und Emulationsverfahren einsetzen, sind entweder Gebühren- oder Performance-orientiert. Nur selten werden Netzknoten und Übertragungswege in einem integrierten Modell behandelt. Zum Durchrechnen von Netzsegmenten sind sie aber durchaus sehr nützlich. Einige Versuche der Integration laufen bereits.

Streß-Tests noch vor der Inbetriebnahme

Schließlich werden noch vor der endgültigen Inbetriebnahme Stress-Tests durchgeführt. Je nach Unternehmen kann das alte und neue Netz eine zeitlang parallel betrieben werden, damit die Konversionsrisiken minimiert werden können.

Nach erfolgreicher Implementierung werden Informationen an unterschiedliche, Organisationseinheiten zur Fortschreibung der Konfigurationsdatenbank, Erweiterung der Performancedatenbank, und zur Anbindung neuer Kommunikationsdienste verteilt.

Künftige Anstrengungen auf dem Gebiet der Kommunikationsplanung werden sich sicherlich auf bessere Verbindungen zur Geschäftsplanung, auf die Berücksichtigung neuester technologischer Innovationen, zur Verbesserung der Güte der Benutzerbefragungen, Integrierung von Modellierungswerkzeugen in Form eines einfachen Expertensystems und zur Abkürzung von Planungszyklen konzentrieren.