Netzwerken als Lebensversicherung

Networking-Tipps für Manager

01.01.2019 von Bettina Dobe
Networking als Schlüssel zum Erfolg: Netzwerk-Expertin Monika Scheddin verrät, wie man richtig netzwerkt - und was man keinesfalls tun sollte.
Monika Scheddin ist Netzwerk-Expertin und Autorin.
Foto: Scheddin

Sich zu vernetzen, neue Business-Kontakte zu knüpfen und davon zu profitieren, fällt einigen schwer. Doch Networking ist oft der Schlüssel zum Erfolg: Vom Kita-Platz bis zur offenen CIO-Stelle läuft so ziemlich alles über Kontakte. Gut, dass die Netzwerk-Expertin und Buch-Autorin Monika Scheddin ihre besten Tipps verrät, wie man erfolgreich Kontakte knüpft - und sie auch hält.

CIO.de: Frau Scheddin, warum ist Netzwerken so wichtig?

Monika Scheddin: Netzwerken ist die einzige Lebensversicherung, die wir haben. Das gilt für Einzelpersonen genauso wie für Unternehmen. Wenn ich heute netzwerke, dann habe ich die erste Beute in zwei Jahren - es dauert einfach. Auch Firmen müssen in der Lage sein, zwei Jahre im Voraus zu denken und branchenübergreifend zu verstehen, was auf einen zukommt.

CIO.de: Warum braucht man denn zwei Jahre?

Monika Scheddin: Als Faustformel gilt: Man braucht sieben Kontakte oder Begegnungen und etwa zwei Jahre Beziehungsarbeit, bis Beziehungen belastbar sind. Aber das ist das größte Problem: Vielen fehlt beim Netzwerken das Ziel vor Augen. Für Privatpersonen kann das sein: Wo will ich hin und wer kann mich dabei unterstützen. Für Firmen wäre das: Wir wollen eine neue Software etablieren - was macht die Konkurrenz? Wo können wir eigene Fehler vermeiden?

CIO.de: Ich habe ein Ziel vor Augen - und nun?

Monika Scheddin: Jetzt kommt das Schwierige: Sobald ich netzwerke, muss ich das Ziel vergessen. Ich muss die Person mir gegenüber wertschätzen und mit einer sogenannten absichtslosen Absicht herangehen. Niemand wird gern als Beutetier gejagt!

CIO.de: Das ist sicherlich schwierig.

Monika Scheddin: Natürlich! Wir alle haben eine Absicht, aber die muss man zuerst zurückstellen. Man sollte sehen, was einen mit dem Gegenüber verbindet, welches Thema man gemeinsam hat. So arbeitet man sich beim Smalltalk von leicht zu schwer, von oberflächlich zu persönlich durch. Ein guter Gesprächsstoff bietet immer ein Programmpunkt bei einer Veranstaltung. So kann man sich an den anderen rantasten. Gemeinsames finden, Trennendes freundlich ignorieren.

Networking ist Arbeit

CIO.de: Gerade dieser Smalltalk fällt vielen schwer.

Monika Scheddin: Da gibt es mehrere Gründe. Wir Deutschen haben einfach keine Smalltalk-Kultur. Ein guter Smalltalker ist jemand, der aktiv zuhört und der echtes Interesse am Thema und am Gegenüber hat. Gleichzeitig haben zu wenige Firmen echte Ziele. Wie sollen die Führungskräfte gut netzwerken, wenn das Unternehmen nur vage Absichtserklärungen vorgibt? Da schwimmen die Mitarbeiter oft. Hinzu kommt: Wir haben alle genug zu tun, jeder ist im Stress. Vielen fällt Netzwerken schwer, weil sie das Gefühl haben, dass sie beim Herumstehen und Plaudern nichts leisten. Aber Netzwerken ist Arbeit. Wer sich richtig engagiert, der investiert sehr viel Zeit hinein.

CIO.de: Oft heißt es, dass Netzwerken auf Golfplatz gut funktioniert oder bei Seminaren. Stimmt das?

Monika Scheddin: Das tut es auch. Vor allem Männer sind darin sehr gut. Man kann aber auch fachlich sehr gut netzwerken, indem man zum Beispiel im Fachverband der eigenen Branche ein Amt übernimmt. Und vor allem eines ist wichtig: Visitenkarten sind kein Netzwerk.

CIO.de: Aber sind nicht mehr Kontakte besser als weniger?

Monika Scheddin: Die Masse an Kontakten ist uninteressant, wenn ich über keine Qualitätskontakte verfüge. Nehmen wir als Beispiel Xing: In diesem Netzwerk kann man Hunderte Kontakte haben, aber man sollte sich fragen, ob sie auch zu seinem persönlichen Ziel passen. Ich persönlich bestätige nur Menschen, die ich einmal vorher getroffen habe. Wenn ich eine standardisierte Anfrage ohne Anrede von jemandem bekomme, der 1.500 Kontakte hat - dann fühle ich mich nicht gemeint.

CIO.de: Was kann man denn beim Netzwerken alles falsch machen?

Monika Scheddin: Viele unterschätzen Leute aufgrund des Äußeren. Zum Beispiel kenne ich eine Geschichte von einer Messe, wo ein etwas abgerissen wirkender Mann sich an einem Stand nach Maschinen erkundigte. Er wurde kaltschnäuzig behandelt. Später stellte sich heraus, dass er der Inhaber einer großen Bekleidungsfabrik war. So ging ein riesiger Auftrag durch die Lappen. Aber das wichtigste ist: Wenn ich in Erinnerung bleiben will, muss ich mich positionieren.

Netzwerk-Tipps für Manager -
Do's and Dont's des Networkings
Networking fällt vielen schwer - dabei ist es kein Hexenwerk. Mit einigen Tipps und Tricks kann es jeder lernen und von den neuen Kontakten profitieren.
Monika Scheddin
Die Netzwerk-Expertin und Buchautorin Monika Scheddin verrät ihre Geheimnisse, wie gutes Netzwerken aussieht - und was man lieber lassen sollte. Denn das wichtigste an erfolgreichem Networking:
Netzwerken mit Ziel und Zeit
Für gutes Networking brauche man ein Ziel, sagt die Expertin. „Egal ob man Manager des Jahres werden möchte oder Experte für Qualitätsversicherung – man muss viel Zeit dafür investieren“, sagt Scheddin. Zwei Jahre braucht es, bis man die ersten Kontakte "ernten" kann.
Ohne Ziel geht es nicht
"Vielen fehlt beim Netzwerken das Ziel vor Augen", sagt Scheddin. Wer nicht weiß, was er mit den Kontakten anfangen will, der kann es auch gleich lassen. Das gelte auch für Unternehmen, meint die Expertin. Sie müssen ihren Mitarbeitern klare Ziele geben und keine schwammigen Aufforderungen dazu, mehr Umsatz zu generieren. Hat man sich ein Ziel gesetzt, gibt Scheddin einen wichtigen Tipp:
Vergessen Sie Ihr Ziel!
Zumindest zeitweise, nämlich dann, wenn man gerade auf einer Konferenz oder einer anderen Networking-Gelegeneheit ist. "Ich muss die Person mir gegenüber wertschätzen und mit einer sogenannten absichtslosen Absicht herangehen", sagt Scheddin. Niemand wird bewusst ausgebeutet. Seien Sie also ehrlich interessiert an Ihrem Gegenüber. Ihr Ziel muss Nebensache sein, während Sie mit ihm plaudern.
Nur wer interessant ist, sticht heraus
Nun gilt es, einen Eindruck zu hinterlassen, damit der Gesprächspartner sich auch noch nach einigen Tagen an einen erinnert. "80 Prozent der Menschen bleiben einfach nicht in Erinnerung. Warum? Weil sie kompetent in Erinnerung bleiben wollen. Aber das funktioniert nicht", erzählt die Netzwerk-Expertin. Wer auffallen will, muss interessant sein.
Auffallen mit Freude
Um sich interessant zu machen, kann man mit Freude auffallen: "Freude ist die beste Form der Positionierung", sagt Scheddin. So können Sie sich vorstellen mit "Ich habe für die Firma ein CRM-System eingeführt und dafür haben wir einen Preis bekommen". Das kommt nicht arrogant rüber, sondern ehrlich. So bleiben Sie in Erinnerung.
Klasse statt Masse
So viele Xing- und LinkedIn-Kontakte, dass Sie den Überblick verlieren? Das muss nicht sein. "Es ist ein Unterschied, ob man viele Leute kennt – oder die richtigen", sagt Scheddin. Daher rät sie auch ...
Kontakte überprüfen
... einmal im Jahr die Kontakte zu überprüfen. "Hat man zu viele Kontakte, muss man sie ausdünnen", meint sie. Mit wem man schon länger nicht mehr gesprochen hat, den sollte man ruhig aussortieren.
Vertrauen ist gut
Hat man gute Kontakte geknüpft, sollte man sie auch nutzen. Ausnutzen darf man sie aber keinesfalls. "Vertrauen ist die Währung des Netzwerkens", sagt Scheddin. Zwar müsse man darauf acht geben, wie offen man sein kann oder darf. Aber wer nichts von sich preisgibt, der wird nicht als Person wahrgenommen und hat keinen Erfolg im Networking.
Was Unternehmen tun können
Sobald eine Firma vernetzte Mitarbeiter als wertvoll erachtet, kann sie während der Arbeitszeit kleine Netzwerkformate einrichten. "Wenn die Kollegen dorthin gehen dürfen, gehen sie auch gern hin", meint Scheddin. Wichtig sei, dass es einen Anlass gebe, also einen Programmpunkt, und dass das Networkingformat als Arbeit betrachtet wird. Nichts anderes ist es auch. Das gilt auch für Geschäftsessen.
Falle oder Chance? Geschäftsessen
Treffen zum gemeinsamen Mittagessen sind eine beliebte Art des Netzwerkens. "Viele unterschätzen Geschäftsessen", sagt Scheddin. "Man geht da nicht hin, um satt zu werden."
Was man nicht essen sollte
Essen Sie keinen Salat, rät die Expertin, und keine Spaghetti. Salat kaut man zu lang - und kennen Sie jemanden, der sich noch nie bekleckert hat bei Spaghetti Bolognese?
Kein Essen mit Freunden
Wer eine Essenseinladung annimmt, sollte bedenken, dass er die ganze Zeit beobachtet wird. "Welche Manieren hat derjenige, wie geht er mit dem Personal um, gibt er Trinkgeld? Auf solche Dinge sollte man achten", sagt Scheddin.
Kontakte gibt es überall, nicht nur in der Arbeit
Auch im Privatleben kann und sollte man sich vernetzen. "Da gibt es verschiedenste Möglichkeiten, vom Elternbeirat bis hin zum Tanzclub", sagt Scheddin. Diese Art der Kontakte seien viel spielerischer. Auch wenn nicht immer ein wertvolle Geschäftskontakt dabei herauskäme, sollte man auf keinen Fall darauf verzichten, rät Scheddin.
Das Mindeste, was Sie tun können
Eine Basisanforderung des Networkings: "Sammeln Sie Visitenkarten ein oder bestätigen Sie Kontakte bei Xing und LinkeIn", rät Scheddin. Wer dann noch die Kontakte mit echtem Interesse anschreibt, sich mit ihnen mal zum Mittagessen trifft oder zum Wandern geht, hat schon halb gewonnen.
Mehr Tipps
Mehr Networking-Tipps gibt es in der sechsten und aktualisierten Auflage des Buches von Monika Scheddin: "Erfolgsstrategie Networking", 6. Auflage, Allitera Verlag.

Eindruck hinterlassen

CIO.de: Was genau bedeutet das?

Monika Scheddin: Man muss einen Eindruck hinterlassen. 80 Prozent der Menschen bleiben einfach nicht in Erinnerung. Warum? Weil sie kompetent in Erinnerung bleiben wollen. Aber das funktioniert nicht. Man muss etwas anderes machen, sich interessant machen, nur so klappt es. Selbst, wenn man dabei vermeintlich peinlich auffällt. Mir ist so etwas mal passiert. Bei einem Vorstellungsgespräch traf ich mich mit meinen beiden (späteren) Chefs.

Auf dem Weg zum Restaurant gab das Kölner Kopfsteinpflaster meinem Stiefel schnell den Rest: Kaum war ich ein paar Schritte gegangen, brach mit ein Absatz ab. Innerlich war mir das unglaublich peinlich. Aber ich bat die beiden darum, mir dabei zu helfen, den anderen Absatz auch noch zu entfernen. Später bekam ich dann den Job, weil ich als nachweislich krisenerprobt galt. So bin ich den Vorgesetzten in Erinnerung geblieben.

CIO.de: Wie kann man denn ohne eine Extremsituation wie der Ihrigen in Erinnerung bleiben?

Monika Scheddin: Am besten funktioniert das mit einem einzigen Satz. Zum Beispiel können sich die wenigsten Leute in einem Satz vorstellen. Denken Sie an den berühmten Elevator-Pitch! So können Sie sich vorstellen mit "Ich habe für die Firma ein CRM-System eingeführt und dafür haben wir einen Preis bekommen".

CIO.de: Wirkt das nicht arrogant?

Monika Scheddin: Monika Scheddin: Nun, es gibt Angeben und "Angeben". Wenn ich mich wirklich darüber freue, diese Freude zeige, dann wirkt man nicht arrogant, sondern sympathisch und zielgerichtet. Freude ist die beste Form der Positionierung.

CIO.de: Ich netzwerke und netzwerke - und nichts kommt dabei rum. Was mache ich falsch?

Monika Scheddin: Vielleicht fehlt das Ziel. In anderen Fällen ist man als Person nicht spürbar. Wer nichts von sich preisgibt und sich als Maschine verkauft, bei dem können Leute nicht andocken. Oder: Man hat nicht die richtigen Formate, die zu einem passen. Ob man zu den Toastmasters, zu den Wirtschaftsjunioren geht oder zum Elephantsclub muss man wissen.

CIO.de: Sollte man sich innerhalb einer Firma mit im Rang unter einem stehenden vernetzen?

Monika Scheddin: Das kann schwierig sein, schließlich wird man am Umgang gemessen. Wenn ich Menschen mit Kanten mag, darf ich sie dann auch offiziell mögen? Das muss man beachten. Aber wenn ich mich als gestandener Manager mit Jüngeren vernetze, bringt das Anerkennung. Über sie finde ich vielleicht gute neue Mitarbeiter, bekomme frische Impulse und gute Fragen. Ich halte es so: Ich vernetze mich mit denjenigen, die sehr viel jünger sind als ich und mit denen, die sehr viel älter sind.

Networking ist ein Verkaufsvorteil

CIO.de: Aber wenn ich ein erfolgreicher Manager bin, muss ich mich dann wirklich noch vernetzen?

Monika Scheddin: Das ist ein absolutes Muss! Will ich die Stelle wechseln, fragt sich das neue Unternehmen, welche Kontakte man mitbringt - Netzwerken ist also ein Verkaufsvorteil. Ich kann zum Beispiel Mitglied in Business-Netzwerken sein oder in Branchennetzwerken. Heutzutage sieht das Berufsleben so aus: sieben Jobs in zwei Branchen. In diesen Zeiten ist Networking also ein Verkaufsvorteil. Man sollte daran denken: Ich muss mir ein Netzwerk aufbauen, bevor ich es brauche, damit ich es bei Bedarf rasch abrufen kann.

CIO.de: Möchten Sie uns noch ein Geheimnis verraten?

Monika Scheddin: Die besten Kontakte habe ich geknüpft, als ich um Unterstützung gebeten habe. Das ist natürlich unangenehm. Eine befreundete Managerin hatte ich gebeten, an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen. Das war nicht nur an einem Samstag, sondern auch noch an ihrem Geburtstag. Wir sind heute noch vernetzt. Man sollte immer bedenken: Menschen netzwerken nicht für die Sache, sondern für dich. Produkte und Dienstleistungen sind austauschbar - aber Menschen nicht.

CIO.de: Wann hat man denn die Netzwerkperfektion erreicht?

Monika Scheddin: Wenn man nur noch reagieren muss. Einerseits kann man bienchenfleißig sein und anrufen oder schreiben. Oder man hat seine Anziehungskraft so erhöht, dass die Leute von selbst auf einen zukommen. Man kann sich auch firmenintern als Experte für eine bestimmte Sache etablieren. Hat man einmal eine bestimmte Visibility erreicht, kommen die Vorgesetzten ganz allein auf einen zu. Das braucht zwar mehr Zeit, bis man sich ein solches Netz aufgebaut hat - ist aber deutlich angenehmer.