Deutschland

Nachholbedarf bei Smart Grids

27.09.2011
Bei der Einführung intelligenter Stromnetze haben die Verantwortlichen hierzulande noch einiges zu tun, hat eine Studie von Deloitte ergeben. Demnach liegt Deutschland im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld.

Deutschland kann bei der Einführung von intelligenten Stromnetzen im internationalen Vergleich bisher nur mäßigen Erfolg vorweisen - hier besteht noch erheblicher Handlungsbedarf, lautet das Ergebnis des aktuellen Deloitte-Reports "Smart Grid - Markt und Regulierung". Ein maßgebliches Hindernis beim Aufbau von Smart Grids sei das Last-Management, da bei Erneuerbaren Energien (EE) Angebot und Nachfrage nicht mehr wie gewohnt angepasst werden könnten. Problematisch sei zudem die Kapazitätsauslastung von Niederspannungsnetzen. Außerdem spiele die Frage der Datensicherheit eine zunehmend wichtigere Rolle.

"Die Energiewende bedingt einen hohen Veränderungsbedarf bei der Stromversorgungs-Infrastruktur", sagt Hans Günter Wolf, Partner und Leiter Energy & Resources bei Deloitte. Dabei gehe es vor allem um das Management der Lastflüsse, aber auch um Dezentralisierung, Investitionsanreize und das regulative Rahmenwerk. Der Anteil regenerativer Energien an der deutschen Strombilanz 2010 ist gegenüber dem Vorjahr um knapp zehn Prozent gewachsen und betrug zuletzt 17 Prozent. Allerdings bringt der Strom aus Wind- und Wasserkraft auch Herausforderungen mit sich, warnen die Deloitte-Experten. Beispielsweise könne die Netzstabilität nicht mehr gewährleistet werden. Smart Grids müssten daher die Kapazitäten koordinieren und die Strommenge entsprechend verteilen. Dabei spiele Informationstechnik, die auch eine bidirektionale Datenübermittlung erlaube, eine entscheidende Rolle. Ein Beispiel seien Smart Meters, intelligente Strommessgeräte an den Verbindungspunkten zwischen Netz und Verbraucher.

Internationaler Vergleich: USA vorne, Deutschland im Mittelfeld

Im internationalen Vergleich haben die US-Amerikaner in dieser Technik die Nase vorn, so ein Ergebnis der Studie. Dort sei der Innovationsdruck wegen der völlig veralteten Infrastruktur besonders hoch gewesen, berichten die Experten. In Deutschland gebe es dagegen noch keine entsprechenden Pläne, auch wenn einige rechtliche Voraussetzungen bereits in Kraft seien. Andere europäische Staaten sind der Studie zufolge an dieser Stelle bereits ein ganzes Stück weiter: Beispielsweise sei in Italien die Installation von Smart Meters in den Haushalten obligatorisch. Auch Schweden habe bereits einen Smart-Meter-Rollout realisiert.

In Deutschland ist die Wende zu regenerativen Energien mit mehreren Faktoren verbunden: Dazu zählen der Trend zur Versorger-Dezentralisierung sowie die Kooperation von Energie- und Telekommunikationsanbietern. Zu den weiteren Zielen gehören zudem der Aufbau eines europäischen Verbundstromnetzes sowie die Angleichung der regulatorischen Rahmenbedingungen. Den gesamten Investitionsbedarf schätzen Experten in den nächsten Jahren auf etwa 200 Milliarden Euro.

Effizientes Lasten-Management wichtig

Die größten Herausforderungen liegen in diesem Zusammenhang im Aufbau eines effizienten Lasten-Managements, um die Nachfragekurve zu optimieren, sowie eine akzeptable Renditeperspektive für Investoren zu entwickeln. Darüber hinaus müssten die Bürger vom Bau neuer Stromtrassen überzeugt werden. Experten fordern, den Netzaus- und -umbau zu beschleunigen. Dafür brauche es im Markt klare Richtlinien und Standards. Investitionshemmnisse müssten abgebaut und das Angebot neuer Strompreismodelle erweitert werden. Außerdem gelte es, gezielt Technologien im Softwarebereich zu fördern, bestehende Verteilnetze zu optimieren und ein Monitoring zu implementieren, sowohl bei der Stromeinspeisung als auch bei der IT, fordert Ludwig Einhellig, Energie & Resources-Experte bei Deloitte. "Deutschland könnte bei Smart Grids die Technologieführerschaft übernehmen, wenn die Akteure Tempo und Qualität optimieren", lautet sein Fazit.