Green-IT

"Nachhaltigkeit" im Rechenzentrum

15.12.2009 von Oliver Häussler
Das Schlagwort "Nachhaltigkeit" hat auch im Rechenzentrum Einzug gehalten. Wurden die großen Energiefresser erst einmal analysiert und beseitigt, sind weitere Maßnahmen notwendig, um Energieverbrauch und CO2-Ausstoß dauerhaft möglichst gering zu halten.

Was bedeutet Nachhaltigkeit in der IT? Der ursprünglich aus der Forstwirtschaft stammende Begriff hat sich seit der Erkenntnis des Klimawandels durch den massiven CO2-Ausstoß zum Modewort entwickelt, das auch im Bereich Rechenzentrum an Bedeutung gewinnt. Nachhaltigkeit bezieht sich auf die Verwendung energieeffizienterer Systeme und deren dauerhafte Überprüfung.

Energieeffizienz ist ein Prozess

Der Zertifizierungsprozess: Der TÜV Rheinland bietet Rechenzentren "Bausteine" von der Analyse über die Messungen bis zur Zertifizierung an.

"Wir gehen bei der Energieeffizienz von einem Prozessdenken aus", sagt Friedrich Rick, Geschäftsfeldleiter der Prüfstelle für energietechnische Einrichtungen beim TÜV Rheinland Immissionsschutz und Energiesysteme GmbH. "Dabei regen wir an, wie Unternehmen Verbesserungen in einen kontinuierlichen Prozess überführen können". Die Prüfstelle hat eigens dafür ein Zertifizierungsprogramm entwickelt, das die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz nach innen und außen durch neutrale Prüfer bestätigt.

1. Schritt: Effizienzcheck

Die TÜV-Experten gehen nach einem festen Muster vor. Zunächst gilt es, in einem Effizienz-Check einen Überblick über den Ist-Zustand des Rechenzentrums zu ermitteln. "Diese Analyse bildet die Grundlage für eine später folgende Zertifizierung als ´Energieeffizientes Rechenzentrum´", sagt Rick. Der Effizienz-Check umfasst ein Audit anhand des TÜV-Kriterienkatalogs, die Begehung des Rechenzentrums, einen Kurzbericht mit Schwachstellenauflistung und die Abschätzung des Verbesserungspotenzials.

2. Schritt: Optimierungspotenzial ermitteln

Darauf folgen ein Gutachten zum Ist-Zustand und eine detaillierte Ermittlung des Verbesserungspotenzials. "Diese Feststellung baut auf dem vorangegangenen Effizienz-Check auf, bewertet aber zusätzlich bereits vorliegende Ergebnisse von Messungen des Energieverbrauchs und sonstiger Verbrauchswerte", so Rick. An dieser Stelle wird auch eine Analyse der Klimatisierung und Wärmeabfuhr durchgeführt. Das Optimierungspotenzial wird benannt und - soweit möglich - quantifiziert.

3. Schritt: Effizienz-Assessment

In einem dritten Schritt (Effizienz-Assessment) werden energietechnische Messungen über mehrere Wochen durchgeführt, ein Gutachten zum Ist-Zustand erstellt sowie das Verbesserungspotenzial detailliert ermittelt. "Hier geht es darum, die Veränderungen über einen bestimmten Zeitraum hin zu überprüfen, um repräsentative Messwerte zu ermitteln und die Energieflüsse und die Energieeffizienz bewerten zu können."

Das Zertifikat

Aufgrund dieser Werte und anderer vorhandener Verbrauchsdaten erstellt der TÜV ein Gutachten zum Ist-Zustand. Es enthält eine Analyse der Energieverbraucher, der Klimatisierung und der Wärmeabfuhr, und das Optimierungspotenzial wird benannt.

Im Rechenzentrum lassen sich bis zu 75 Prozent der Energiekosten einsparen. Der Energieverbrauch muss immer wieder überprüft werden.
Foto: Initiative Energiefeffizienz/dena

Der Rechenzentrumsleiter kann anhand dieser Daten zusammen mit der Prüfstelle den Zertifizierungsprozess "Energieeffizientes Rechenzentrum" einleiten. "Der Zertifizierungsprozess ist - ausgehend von einem bereits hohen Stand der Energieeffizienz - auf einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess über einen Zeitraum von drei Jahren hin ausgelegt", erläutert Rick. Grundlage ist ein Kriterienkatalog mit Festlegung der wichtigsten Maßnahmen für einen energieeffizienten Betrieb, der zusammen mit dem Rechenzentrum entwickelt wird. Mindestens 60 Prozent der Bewertungspunkte sind einzuhalten, um das Zertifikat zu erhalten. Es wird geprüft, ob das Rechenzentrum Instrumente für die Analyse, das Monitoring und die kontinuierliche Verbesserung des Energieeinsatzes geschaffen hat. "Gleichzeitig verpflichtet sich das Rechenzentrum, die Energieeffizienz stetig zu verbessern und sich jährlich durch den TÜV Rheinland auditieren zu lassen", so der TÜV-Spezialist. Der Gesamtzeitraum der Zertifizierung beträgt drei Jahre.

Was die Zertifizierung bringt

Die Motivation für Rechenzentrumsleiter, eine Zertifizierung durchzuführen, sieht Rick darin, einen Ist-Zustand durch einen externen Controller feststellen zu lassen. "Wir erleben oft, dass Kunden ihren Energieverbrauch nicht kennen und auch nicht über die Methoden und Werkzeuge verfügen, diesen dauerhaft zu messen und zu optimieren", sagt Rick. Mit der Zertifizierung bieten die neutralen Prüfer ihren Kunden eine Bilanzhülle über eingehende und abgeführte Energie des Rechenzentrums. Daraus errechnet sich der Kostenfaktor, der wiederum als Grundlage für die betriebswirtschaftliche Argumentation dient.

Auch in der Außendarstellung kann die Zertifizierung einem Rechenzentrum nützlich sein. "Das Bewusstsein in der Öffentlichkeit nimmt zu und ein Rechenzentrum kann diese Zertifizierung als Rechtfertigung gegenüber seinen Kunden verwenden", so der TÜV-Spezialist.