Merkel ausgespäht?

Nach Hacker-Angriff auch Computer der Regierung auf Prüfstand

20.05.2015
War die jüngsten Angriffe auf das interne Datennetz des Bundestages gravierender als bislang angenommen? Jetzt soll geprüft werden, ob auch Computer der Kanzlerin von der Cyber-Attacke betroffen waren.

Der jüngste Hackerangriff auf Computer des Bundestages hat womöglich die Regierung getroffen. Zur Aufklärung der Attacke auf das interne Datennetz würden auch Rechner von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen Regierungsmitgliedern überprüft, sagte ein Sprecher des Bundestags am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. "Bis jetzt sind keine neuen Angriffe festgestellt worden", sagte er. "Ein durch die Angriffe herbeigeführter Datenabfluss ist nicht nachweisbar."

Auf Anfrage wollte die Bundestagsverwaltung keine näheren Angaben zum Spähangriff machen, "um die weiteren Abwehrmaßnahmen nicht zu gefährden." Unter Berufung auf Parlamentskreise hatte "Spiegel Online" bereits am Dienstag berichtet, dass womöglich auch Computer von Regierungsmitgliedern vom Hackerangriff betroffen sein könnten.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass Bundestags-Computer Ziel einer bislang beispiellosen, mehrtägigen Attacke unbekannter Hacker geworden waren. Die Hacker hatten nach dem Bericht von "Spiegel Online" bei ihrer Attacke Anfang Mai zunächst die Computer einer Fraktion mit einem sogenannten Trojaner infiziert und sich so Zugang zu Administrator-Passwörtern verschafft. Damit sei es ihnen gelungen, ins gesamte Bundestags-Netzwerk einzudringen.

Hacker aus der IT-Geschichte
Der Vater des Blackholing
Der auch als „Paunch“ bekannte Dmitry Fedotov ist weniger als Hacker, denn als Entwickler des Hacker-Tools Blackhole berühmt. Bei Blackhole handelt es sich um eine Art Webanwendung für die Verbreitung von Malware- und Spyware, die Hacker gegen eine Abo-Gebühr von 1500 US-Dollar pro Jahre mieten können - und bis zur Festnahme laufend mit Updates über neue Schwachstellen von Java, Flash oder des Internet Explorer aktualisiert wurde. Der im Oktober 2012 von den russischen Behörden verhaftete Programmierer aus Togliatti soll auch Autor des Cool Exploit-Kits und von Crypt.AM sein.
Der Herrscher der Kreditkarten
Der Juni 2012 in den Niederlanden zusammen mit Vladimir Drinkman verhaftete russische Hacker soll laut Anklageschrift von August 2005 bis Juli 2012 als Mitglied einer Gruppe von fünf Cyberkriminellen im Laufe der Jahre riesige Mengen an Kreditkartendaten gestohlen haben. Zusammen mit Aleksandr Kalinin, Roman Kotov, Mikhail Rytikov und Vladimir Drinkman soll Smilianets vor allem durch SQL Injection Hacks Firmen wie Nasdaq, 7-Eleven Carrefour und J.C. Penny gehackt haben. Insgesamt 160 Millionen Kreditkarten- und Guthabendaten wurden gestohlen und für Finanzbetrug benutzt. Der Schaden für die Firmen soll bei 300 Millionen US-Dollar liegen. Der Prozess in den USA ist noch nicht abgeschlossen.
FBI's most wanted
Evgniy Mikhailovich Bogachev, auch bekannt als lucky12345 und slavik schaffte es 2014 auf den ersten Platz der so genannte „Cyber Most Wanted“-Liste des FBI. Die amerikanischen Behören sehen in ihm den Hintermann des Botnetzes „Gameover Zeus“. Mit Hilfe der gleichnamigen Malware soll er für ein Botnetz von bis zu einer Million Computern verantwortlich sein, das zum Ausspähen von Bank-Passwörtern und Verbreiten von Malware benutzt wurde. Der Schaden betrage etwa hundert Millionen US-Dollar betragen. Bogachev hält sich nach Vermutungen der amerikanischen Behörden in Russland auf.
Der Phishing-Experte
Der Lette Alexey Belan soll zwischen Januar 2012 und April 2013 die Nutzerdaten von einigen Millionen Kunden dreier US-Unternehmen gestohlen haben. Er ist auf der Liste der meistgesuchten Hacker des FBI, der Name der geschädigten Unternehmen ist aber ebenso wenig bekannt, wie die Höhe des Schadens. Es soll sich um drei nicht genannte E-Commerce-Unternehmen aus Nevada und Kalifornien handeln. Da die Belohnung 100.000 US-Dollar beträgt, sollte der Schaden beträchtlich sein.

Dabei versuchten die Hacker demnach offenbar mehrfach, "umfangreiche Datenmengen" abzuzweigen. Nach dem Bericht muss das Computer-System des Bundestags eventuell sogar komplett neu eingerichtet werden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sollen die Attacke nun aufklären. (dpa/tc)