BPM

Modellieren ist kein Privileg

29.09.2009 von Stefan Ueberhorst
Mit einer neuen Werkzeuggeneration auf Web-2.0-Basis will IDS Scheer erreichen, dass Business-Process-Management (BPM) auf allen Unternehmensebenen möglich wird.

Die Ausgaben für Business-Process-Management steigen, so das Ergebnis einer Gartner-Umfrage im August. "In den kommenden Jahren wird sich BPM als tägliches Instrument der Unternehmensteuerung auf allen Ebenen etablieren", bekräftigt Wolfram Jost, Vorstand der IDS Scheer AG. "Das setzt aber voraus, dass Geschäftsprozess-Management allen Mitarbeitern im Unternehmen zugänglich gemacht wird." Um die Einstiegshürden für den normalen Mitarbeiter aus dem Weg zu räumen, setzt Jost bei den neuen BPM-Werkzeugumgebungen auf Web-2.0-Techniken und kollaborative Funktionen.

Modellieren mit Aris Express

So soll "Aris Express" dem Guerilla-Ansatz entgegenkommen, der den ersten BPM-Initiativen eines Unternehmens meist eigen ist. Oft sei es das Bauchgefühl "Die Arbeit läuft nicht ganz rund", weshalb man damit beginne, Prozessabläufe aufzuschreiben. Mit Aris Express, das es kostenfrei zum Download gibt, können solche Ad-hoc-Projekte systematisch gestartet werden, heißt es bei IDS. Die daraus entstehenden Prozessmodelle seien konsistent interpretierbar, was bedeutet, dass sich die eigenen Prozesse mit denen der Nachbarabteilung vergleichen lassen. Damit sei es möglich, unterschiedliche Vorgehensweisen zu identifizieren und zu bewerten. Auf diesem Weg etabliere sich nach und nach eine virale Prozessgemeinde im Unternehmen, die BPM den Einzug ermögliche.

Werden dann zusätzlich professionelle Funktionen wie Modellversionierung, komplexere Auswertungen über mehrere Prozessketten hinweg oder Prozesssimulation benötigt, lassen sich die mit Aris Express erstellten Modelle in die Aris-Profiwerkzeuge überführen. Unternehmen können laut IDS so mit ihrer Prozessreife wachsen und das unstrukturierte Guerilla-Vorgehen zu einem vollständigen Geschäftsprozess-Management einschließlich Governance-Konzepten ausbauen.

Aris Rocket Search

Suchmaschinen sind ein weiterer essentieller Baustein von Web-2.0-Konzepten, da nicht auffindbare Informationen wertlos sind. In großen ERP-Landschaften oder BPM-Projekten ist das nicht anders. Der Nutzen von bewährten Methoden, Richtlinienvorgaben oder Prozessstandards hängt davon ab, ob Mitarbeiter sie auch gebrauchen - und bei Bedarf finden. Es liegt daher nahe, professionelle BPM-Werkzeuge ebenfalls mit Suchmaschinen auszustatten.

Mitarbeiter müssen sich folglich nicht mehr durch Hierarchien und Prozessmodelle hangeln, um einen bestimmten Prozess zu finden. Stattdessen grenzen Index- und In-Memory-Techniken, wie sie "Aris Rocket Search" verwendet, mögliche Ergebnisse mit jedem Buchstaben weiter ein. Aus der Suche springen die Nutzer direkt in den entsprechenden Prozess oder zum gesuchten Objekt. Zusätzlich bezieht Rocket Search semantische Prozessinformationen aus dem Aris Repository in die Suche ein. Fragt ein Anwender beispielsweise nach einer Stellenbeschreibung, werden ihm neben der eigentlichen Aufgabe das gesamte Beziehungsgeflecht - die zugehörigen Prozesse, Handbücher, IT-Systeme und Mitarbeiter - angezeigt. Unterm Strich sollen Mitarbeiter so effektiver und effizienter arbeiten, da sie Strukturen und Inhalte im BPM-System schneller finden.

Crowdsourcing

Ein weiteres Web-2.0-Prinzip, das im Kontext des Geschäftsprozess-Managements an Einfluss gewinnt, ist das so genannte Crowdsourcing. Damit wollen immer mehr Anbieter aus dem Bereich der Unternehmenssoftware die Intelligenz der Massen (hier: Mitarbeiter) erschließen. Auf Mashup-Plattformen, wie sie private Nutzer beispielsweise von Web-Seiten mit eingebundenen Google-Maps oder Flickr-Fotos kennen, sollen Fachanwender Informationen aus unterschiedlichen internen und externen Datenquellen als "Feeds abonnieren, zusammenfassen und kombinieren.

Typische Anwendungen mit "Aris MashZone" sind Auswertungen von Marketing-Kampagnen oder Wettbewerbs- und Kundenzufriedenheitsanalysen. Indem der Anwender entsprechende Kennzahlen aus dem "Aris Process Performance Manager" (PPM) integriert, kann er den Grad der Zielerreichung im Mashup überprüfen. Mashup-Umgebungen ergänzen damit die großen Kontroll- und Analysewerkzeuge aus BPM-Umgebungen. Mitarbeiter können ihre Mash-Apps mit anderen teilen oder gemeinsam weiterentwickeln.

Ausblick

Lag bislang der Schwerpunkt von BPM-Initiativen auf dem Entwurf und der Automatisierung von Geschäftsprozessen, geht es jetzt um die operative Anwendung in der Breite. Unabhängig vom jeweiligen BPM-Reifegrad können die Mitarbeiter an den Vorteilen einer prozessgetriebenen Organisation partizipieren. Selbst Unternehmensbereiche, deren Leistungserbringung oder Prozessanforderungen sich nur bedingt standardisieren lassen, können künftig in das Geschäftsprozess-Management eingebunden werden. Wegbereiter sind Web-2.0-Dienste wie Wikis, Twitter, Instant Messaging, Ad-hoc-Kommunikation und Social Networks, die nach Einschätzung von IDS Scheer für BPM eine immer prominentere Rolle übernehmen.