Mobile IT beflügelt den Außendienst

08.11.2005 von Heide Witte
Nirgendwo wird der Wandel durch IT deutlicher als in den Bereichen Verkauf und Beratung. PDA und Laptop bei Anwendern wie Veltins reduzieren die Papierprozesse und steigern die Effizienz in Vertrieb, Logistik und Service.

Für den Aussendienst ist die mobile IT eigentlich alles andere als neu, schließlich haben manche Firmen ihre reisenden Mitarbeiter schon vor 15 Jahren mit tragbaren PCs ausgestattet. Dennoch: In den vergangenen Jahren hat sich auf technischem Gebiet einiges getan, so dass sich die heutigen mobilen Lösungen qualitativ deutlich von altbekannten Laptop-Szenarien unterscheiden.

Kompakt

• Was mobile Endgeräte leisten

• Wie sie optimal in bestehende Systeme integriert werden

• Warum der Stift manchmal Probleme macht

Das beginnt schon bei den Geräten: Lange Zeit war der Laptop die einzige Alternative zum Bestellblock und Terminkalender, heute hingegen kommt in realen Geschäftsszenarien die gesamte verfügbare Hardwarepalette vom Handy über den PDA bis zum Tablet PC zum Einsatz.

Eine große Schwierigkeit besteht in jedem Projekt darin, den idealen Gerätetyp für den gewünschten Außendiensteinsatz zu ermitteln - das optimale und universell einsetzbare Produkt ist nämlich bis heute nicht gefunden. Zwar werden PDAs seit Jahren als das ideale mobile Endgerät gepriesen, tatsächlich jedoch schränken Stift- oder Fingerbedienung und relativ kleine Displaygrößen die Einsatzmöglichkeiten ein. Dennoch ist die Bandbreite der realen Nutzer von Handhelds groß und reicht vom Büro- bis zum Waldarbeiter. Anwaltskanzleien etwa setzen Pocket-PC-Telefone wie den MDA von T-Mobile ein, um auch unterwegs E-Mails und PDF-Dokumente lesen zu können. Das Extrem am anderen Ende markieren die gepanzerten Timbatec-Pocket-PCs vom österreichischen Hersteller Latschbacher. Sie sind für härteste Arbeitsbedingungen im Forst oder auch im Militäreinsatz konzipiert und daher absolut stoßfest und wasserdicht.

Ist das passende Endgerät gefunden, kann noch lange nicht damit effizient gearbeitet werden, denn erst in Symbiose mit der richtigen Software sind Funktionalität, Bedienkomfort und die Integration in bestehende Geschäftssysteme realisiert. Ein am Markt recht erfolgreiches Produkt bietet in dieser Hinsicht der Kaiserslauterner CRM-Spezialist CAS GmbH. Die Pfälzer sind Weltmarktführer im Konsumgüterbereich mit Kunden wie Coca-Cola, Bahlsen oder Beiersdorf. Die CAS-Software CPWerx™ unterscheidet sich von vielen mobilen Anwendungen in dem Punkt, dass sie sowohl für PDA als auch für Laptop und Tablet PC verfügbar ist. Entwickelt wurde sie mit Microsofts Visual Studio .NET, damit ließen sich relativ einfach Versionen für verschiedene Geräteplattformen realisieren

Zum Einsatz kommt das CAS-Produkt unter anderem bei der C & A Veltins Brauerei aus Meschede-Grevenstein. Die CRM-Lösung wurde hier um die Routenplanung der PTV AG erweitert: Der Vertriebsinnendienst plant damit Vertriebsgebiete und Touren anhand von Soll-Ist-Analysen und sendet sie dem Außendienstmitarbeiter auf sein Endgerät. Dabei wird dieser keinesfalls nur ferngesteuert, sondern kann beispielsweise bei kurzfristigen Terminänderungen selbsttätig die Route ändern. Wird zusätzlich eine GPS-Navigationserweiterung eingesetzt, ist auch eine Routenführung möglich. Mit dem Ergebnis des Projekts ist Raphael Sprink, Leiter Vertriebssteuerung bei Veltins, sehr zufrieden: "Dank der in CPWerx integrierten Tourenplanung und -optimierung konnten wir die durchschnittliche Besucherzahl unserer Außendienstmitarbeiter deutlich steigern. Der Aufwand für die wöchentliche Tourenplanung hat sich dabei gleichzeitig reduziert."

Einfache Handys reichen oft

Außendienststeuerung spielt in vielen Unternehmen eine wichtige Rolle. Entsprechend vielfältig sind die Angebote der IT-Industrie auf diesem Gebiet. Der Einstieg in diese Technik beginnt bei minimalistischen Lösungen, die auf Benutzerseite nicht mehr als ein marktübliches Handy erfordern. Dank der Ortungsmöglichkeiten in GSM-Netzen lässt sich der Standort eines Fahrzeugs bei eingebuchtem Handy auch ohne Satellitentechnik relativ genau ermitteln. Die Spedition Osna-Trans aus Osnabrück setzt beispielsweise eine derartige Lösung von O2 ein. Zu den entscheidenden Wettbewerbsfaktoren in dieser Branche zählt, dass Leerfahrten vermieden werden und den Kunden eine zuverlässige Warenabwicklung garantiert werden kann. In Verbindung mit der Software Webfleet von Datafactory sind die Mitarbeiter in der Zentrale in der Lage, direkt mit den Fahrzeugen zu kommunizieren, Positionen abzufragen und die zurückgelegte Strecke zu verfolgen.

Mit Laptop und Schneiderhosen

Ebenfalls von O2 kommt die mobile Auftragserfassung der Bekleidungsfirma Mode Monte Carlo von der Ehr GmbH. Der Spezialist für italienische Herrenmode aus Bad Säckingen hat für seine 30 Außendienstmitarbeiter eine Lösung gesucht, um die Auftragsblöcke zu ersetzen und eine einfache Kontaktaufnahme von den Verkaufsstellen aus mit dem Stammhaus zu ermöglichen.

Lösungspartner O2 lieferte hierzu den Telefon-Pocket-PC XDA II inklusive der mobilen Auftragserfassungssoftware Comeleo aus. Die Handelsvertreter des Unternehmens können damit nun Bestellungen direkt beim Kunden erfassen, indem Barcodeetiketten eingelesen werden. Alternativ steht auf dem Pocket PC ein Warenkatalog mit Produktbildern zur Verfügung, der eine Auswahl per Klick ermöglicht.

Mobile Lösungen für den Außendienst

Produkt Beschreibung Anbieter Web

Software

Comeleo sales Auftragserfassung Comeleo Systems www.comeleo.de

CPWerx 4.1 CRM für PCs und PDAs CAS GmbH www.cas.com

Open CAS mobile Außendienstlösung Open-Software GmbH www.open-software.de

SAP Mobile Sales Integrationsplattform für SAP AG www.sap.de

mobilen Außendienst,

PC und Handhelds

L-Mobile mobile Außendienstlösung Target Business Tuning www.l-mobile.com

Webfleet Flottenmanagement Datafactory AG www.webfleet.de

Copilot Live CRM und Navigation Pica GmbH www.winlinx.de

Hardware

Timbatec Pocket PC PDAs für extreme Belastungen Latschbacher GmbH www.timbatec.com

MC 3000 Industrie-Pocket-PC Symbol www.symbol.com

LS 8000 kleinster Tablet PC Motion Computing www.motioncomputing.com

Lifebook P1510 leichtester Convertible- Fujitsu-Siemens www.fujitsu-siemens.de

Tablet-PC

Über das GPRS-Datenfunknetz ist auch eine Verbindung mit der Warenwirtschaft möglich, um die Datenbank auf dem Endgerät von jedem Standort aus zu aktualisieren. Damit ist stets eine zuverlässige Aussage über die Lieferbarkeit eines Produktes garantiert. Die Auftragsbestätigung erfolgt ebenfalls in Echtzeit. Der Kunde unterschreibt hierbei auf dem Touchscreen und erhält dann innerhalb von Minuten eine schriftliche Auftragsbestätigung von der Zentrale - wahlweise per Fax oder als E-Mail mit PDF-Anhang. Damit wurde auf elegante Weise das Problem des Druckens mit PDAs gelöst: Ein mobiler Drucker muss nicht mitgeführt werden, um rechtssichere Dokumente auszuhändigen.

Das Ende des Papierkriegs

Ebenfalls mit Handhelds arbeiten die Monteure des Elektrizitätswerks Wesertal mit Sitz in Hameln. Der Energieversorger setzt intern mySAP Utilities ein, eine Branchenlösung für die Ver- und Entsorgungswirtschaft.

Mit der Komponente SAP Plant Maintenance (PM) werden dabei jährlich etwa 15000 Instandhaltungs- und Wartungsaufträge für den technischen Außendienst erstellt. Bevor die mobilen Geräte angeschafft wurden, mussten die Monteure in die Zentrale fahren, um ihre Aufträge als Ausdruck aus SAP PM entgegenzunehmen. Anschließend hatten sie handschriftlich Protokoll zu führen über Arbeitszeiten, gefahrene Kilometer, Arbeiten und Inspektionsergebnisse. Hinterher stand eine erneute Fahrt in die Zentrale an, wo die gesammelten Daten manuell in das SAP-System eingegeben wurden. Durch den Einsatz einer mobilen Außendienstlösung auf Basis der SAP Mobile Engine hat sich die Arbeit der Servicemitarbeiter deutlich vereinfacht. Der gesamte papierbasierende Prozess wurde von einer mobilen Anwendung abgelöst, die auf Pocket PCs von HP und Symbol läuft.

Mit Tablet PCs schickt der österreichische Skihersteller Blizzard Sport GmbH seinen Außendienst auf die Piste. Die reisenden Mitarbeiter pflegen den Kontakt zu Ski- und Sporthändlern in der Alpenrepublik und in Deutschland und sind dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Innendienst angewiesen. In der Vergangenheit lief die Kommunikation per Telefon, Aufträge wurden handschriftlich erfasst und zeitlich versetzt in der Zentrale in Bestelllisten übertragen. Dieser Prozess brachte etliche Probleme mit sich: So gab es keine vollkommene Datenübereinstimmung, die Reaktionszeiten waren lang, und den Kunden gegenüber konnten die Mitarbeiter weder Ad-hoc-Präsentationen noch Informationen über den Bestellstatus liefern.

In der Praxis: Handschrift oder Tastatur?

Apple war als PDA-Pionier dem Newton seiner Zeit in jeder Hinsicht voraus - dennoch blieb die als revolutionär gepriesene Handschrifterkennung mangels Verbreitung den Beweis allgemeiner Praxistauglichkeit schuldig. Etwa zehn Jahre später machte Microsoft bei der Markteinführung der Tablet PCs das Anwendervolk erneut glauben, dass die Rückkehr zur Stiftbedienung als intuitivstes und natürlichstes Eingabemedium die IT-Welt revolutionieren wird. Warum der Markterfolg bisher dennoch ausblieb und die Tablets weiterhin ein Nischendasein fristen, vermochte bisher keiner so recht zu erklären. Entweder sind die PC-Anwender durch die jahrelange Arbeit mit der Tastatur in ihrem Verhalten stark geprägt, oder aber der Stift ist doch nicht das allein glückselig machende Eingabegerät. Letzteres beschleicht einen, wenn man zum allerersten Mal ohne Anleitung an einem tastaturlosen Tablet PC (Slate-Bauweise) sitzt: Der vermeintlich triviale, tausendfach durchgeführte Windows-Logon entpuppt sich mit dem Stift in der Hand plötzlich als eine Art Intelligenztest, der gemeistert werden will. Der Überraschungseffekt liegt wohl unter anderem darin, dass man mit dem Stift nicht nur schreiben, sondern auch Mausfunktionen wie Klicken und Ziehen ausführen muss.

Dass die Tablets in vielen Einsatzszenarien sehr wohl Vorteile bringen, ist kaum zu bestreiten - jedoch ist Firmen anzuraten, vor dem Einsatz solcher Geräte ein besonderes Augenmerk auf Evaluierung und Schulung zu legen. Alle Arten von Fehlbedienung unter den Mitarbeitern wird man dennoch nicht ausschließen können, wie etwa eine reale Szene neulich beim Lufthansa-Checkin am Münchner Flughafen bewies: Zwar war die Mitarbeiterin zeitgemäß mit einem Palm ausgerüstet, doch bei der intuitiven Bedienung haperte es noch - die Touchscreen-Folie war mit Kugelschreiberspuren verschmiert und aufgerissen.

„Die Akzeptanz bei allen Mitarbeitern ist sehr hoch.“ Manfred Ausserbichler, IT-Projektleiter Blizzard Sport GmbH

Einen Ausweg aus diesem Dilemma fand IT-Projektleiter Manfred Ausserbichler in Form einer Tablet-PC-Lösung. Als Geräte wurden so genannte Convertible-Geräte von Fujitsu-Siemens angeschafft, die per Dreh-Klapp-Mechanismus einen Wechsel zwischen Tablet- und Laptop-Modus erlauben. Die Software und die ERP-Integration steuerte Target Business Tuning bei. Für die Mitarbeiter haben sich die Arbeitsabläufe deutlich verbessert, so Ausserbichler: "Mit den neuen Lifebooks greifen unsere Außendienstmitarbeiter nun per GPRS oder UMTS überall und immer auf ein internetbasiertes Infosystem zu. Dort können sie Produktinformationen, aktuelle Lagerbestände sowie offene Auftragsposten einsehen und die Lieferstati kundenspezifisch kontrollieren." Dass sich Blizzard für Tablet PCs entschied, hat ganz pragmatische Gründe: "Zum einen können die Mitarbeiter so beim Kunden handschriftliche Notizen direkt am PC eingeben und speichern. Zum anderen haben wir festgestellt, dass die Akzeptanz auch bei älteren, weniger IT-affinen Mitarbeitern sehr hoch ist."

„Die Ware kann bereits nach 24 Stunden verschickt werden.“ Helmut Meinhard, Vorstandsmitglied Nici AG

Noch konsequenter in Richtung Stiftbedienung ist die Nici AG aus Altenkunstadt gegangen. Der mittelständische Plüschtierhersteller rüstete im Zuge einer großen IT-Erneuerung auch seinen Außendienst neu aus - mit den tastaturlosen Tablet-PC-Modellen Stylistic 4120 von Fujitsu-Siemens. Ausgangspunkt war die Einführung eines neuen ERP-Systems, in deren Rahmen auch gleichzeitig das Kunden-Management völlig neu gestaltet werden sollte. Anders als in vielen vergleichbaren Projekten hatte man sich zunächst auf die Auswahl der optimalen Hardware konzentriert, anschließend entschied man sich für Open-CAS von der Open-Software GmbH als das geeignete CRM-System - zur Zufriedenheit des Vorstandsmitglieds Helmut Meinhardt: "Unser Außendienst sendet nun die erfassten Aufträge via ISDN noch am selben Tag in das Warenwirtschaftssystem, die Ware kann bereits 24 Stunden später an den Kunden verschickt werden. Außerdem haben unsere Mitarbeiter während der Beratung beim Kunden stets einen direkten Zugang auf unsere aktuelle Angebotspalette."

Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.