Mobile Betreuung - niedrige TCO

25.11.2002 von Thomas Schuhmacher
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit einer Handheld-Lösung steigert das Sozialamt der Stadt Helsinki die Effizienz seines städtischen Pflegedienstes um rund ein Drittel. Von der Zeitersparnis profitiert die häusliche Pflege der älteren Menschen.

Gesundheit ist das sprichwörtlich höchste Gut - kein Wunder, dass sich um dieses Thema einer der wichtigsten Wirtschaftszweige entwickelt hat. In Deutschland arbeitet heute jeder neunte Beschäftigte im Gesundheitswesen. Früher unheilbare Krankheiten haben durch den medizinischen Fortschritt ihren Schrecken verloren und die Lebenserwartung der Menschen steigt ständig. Die Kehrseite der Medaille ist die immer größere Zahl Pflegebedürftiger, die zu Hause oder in Pflegeheimen betreut werden müssen. Im Dezember 1999 waren 2,02 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Nahezu drei Viertel davon wurden zu Hause versorgt, ein großer Teil allein durch Angehörige. Aber immer mehr Patienten erhalten Pflegeleistungen durch ambulante Pflegedienste in ihren eigenen vier Wänden, weil dies sowohl billiger als auch angenehmer für die Betroffenen ist.

Handhelds optimieren die mobile Betreuung. Es bleibt mehr Zeit für die Pflege.

Allein in Deutschland wurden im Jahr 2000 mit 218,4 Milliarden Euro knapp elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Gesundheit ausgegeben. Hinzu kommt ein Mangel an geeignetem Pflegepersonal, der viele Patienten in teure Krankenhausbetten zwingt, die mit fachgerechter Unterstützung in ihrer gewohnten Umgebung bleiben könnten. In allen Ländern sucht man daher nach Lösungen, die eine sehr gute Versorgung bei geringeren Kosten ermöglichen sollen.

Ein innovativer Lösungsansatz für dieses Problem stammt aus Finnland. Für seinen städtischen Pflegedienst „Helsinki Healthcare“ hat das Sozialamt der Stadt gemeinsam mit Sybase Finnland und I-Anywhere Solutions ein mobiles System eingeführt, das die Arbeit der Pflegekräfte von Grund auf reformiert. Nach der alten Methode mussten Informationen über Patienten zweimal schriftlich erfasst werden, zuerst in der Wohnung des Patienten und danach am Ende des Arbeitstags im Büro in der jeweiligen Patientenakte. Mit „Thalia“, so der Name des Projektes, wurde der Arbeitsprozess durch den Einsatz mobiler Geräte so verändert, dass mehr Zeit für die eigentliche Pflege bleibt, weshalb mehr Patienten in ihrer gewohnten Umgebung leben können.

Anders als etwa in der Finanzbranche, wo mobile IT-Anwendungen bereits verbreitet sind, arbeiten im Pflegebereich viele Menschen, die keine oder nur geringe Erfahrungen im Umgang mit Computern besitzen. Bei der Entwicklung von Thalia wurde speziell dieser Aspekt berücksichtigt. Heraus kam eine intuitiv bedienbare mobile Anwendung, die Mitarbeitern in häuslichen Pflegediensten alle benötigten Patienteninformationen wie Pflegehistorie, Medikationen oder Laborergebnisse auf einem Handheld zur Verfügung stellt.

Vor einem Patientenbesuch laden die Pflegekräfte diese Patientendaten über ein Mobiltelefon auf ihren HP-Jornada und senden nach der Visite ihre Änderungen zurück an die Einsatzleitung. Statt wertvolle Zeit für Bürotätigkeiten aufzuwenden, kann das Personal nahezu alle administrativen Aufgaben unterwegs oder direkt beim Patienten erledigen. Dabei garantiert Thalia die Sicherheit der vertraulichen Patienteninformationen. Relevante Informationen werden vor jedem Hausbesuch direkt zum Leistungserbringer übertragen. Aus Sicherheitsgründen sind lediglich Informationen zu Patienten, die im Tagesplan eingetragen sind, zugänglich. Hinzu kommt, dass Akten oder lose Blätter nicht mehr in Autos oder Wohnungen vergessen werden können.

Die Daten sind ständig verfügbar, da sie lokal auf dem Handheld-Computer gespeichert werden, den die Mitarbeiter zu den Hausbesuchen mitnehmen. Vorher laden sie die Daten, nach der Visite senden sie sie mit den Änderungen zurück an die Einsatzleitung. Kernstück von Thalia sind die Datenbank- und Synchronisierungstechnologien von I-Anywhere Solutions (IAS). Als Handheld wird der HP-Jornada verwendet, auf dem die Daten in einer kleinen Datenbank gespeichert werden, der Ultra Lite-Version von SQL Anywhere Studio, einer Entwicklungsplattform im Bereich Daten-Management und Synchronisationstechnologien für Unternehmensdaten, die vor allem für die Entwicklung und Implementierung von verteilten E-Business-Lösungen auf Basis mobiler Systeme einsetzbar ist.

Die während der Visite erfassten Daten werden zur Aktualisierung an den zentralen Mainframe gesendet; aus Sicherheitsgründen werden sie nach erfolgreicher Synchronisation vom Handheld gelöscht.

Für die Synchronisierung haben die Entwickler auf die Mobi-Link-Schnittstelle gesetzt; sie sorgt zwischen entfernt eingesetzten Geräten und heterogenen Datenquellen, wie etwa von Oracle, Microsoft oder IBM, für sicheren bidirektionalen Austausch von Informationen. Über TCP/IP oder auch HTTP wird die Verbindung zum Synchronisations-Server aufgebaut, der dann die Kommunikation mit der Backend-Datenbank übernimmt. Bei der Übertragung können die Daten optional mit 128 Bit verschlüsselt werden. Da durch die lokale Speicherung der Patientendaten keine ständige Verbindung benötigt wird, bleibt die TCO (Total Cost of Ownership) konstant niedrig.

Die Stadt Helsinki hat jüngst bestätigt, dass die Pflegekräfte ihre Produktivität um 30 bis 35 Prozent verbessern konnten. Statt bisher vier können heute im Schnitt sieben Patienten pro Tag durch einen Mitarbeiter betreut werden.

„In Helsinki entwickeln sich Dienstleistungen für ältere Menschen stark in Richtung häuslicher Behandlung“, so Aulikki Kananoja, Leiter des Sozialamts der Stadt Helsinki. „Häusliche Pflege zieht Vorteile aus moderner Technologie. Bis jetzt haben sich Bedienerfreundlichkeit und Verfügbarkeit als wichtigste Vorzüge der mobilen Lösung erwiesen. Im Interesse der Patienten ist es essenziell, dass dieses System für die sozialen Services Echtzeitinformationen über ihr Wohlergehen bereitstellt. Auf diese Weise können wir ihre Gesamtsituation besser und individueller als vorher im Auge behalten.“