Gut ausgebildet, diskussionsfreudig, anspruchsvoll, zuweilen renitent - mit diesen Attributen beschreiben Manager in der IT ihre Teams. Damit stecken viele Führungskräfte der mittleren Ebene in einer Schraubzwinge: Sie müssen den Druck der Vorgesetzten und der anspruchsvollen IT-Mitarbeiter aushalten. Ein ausgeprägtes Harmoniebedürfnis ist dabei wenig hilfreich, ebenso ein autoritäres Auftreten. Die Mitarbeiter erwarten von ihrem Chef, dass er sie mit Wertschätzung und Respekt behandelt. Dem Vorgesetzten gegenüber möchte sich der Manager als derjenige präsentieren, der die Situation im Griff hat und die Aufgaben im Zeit- und Kostenplan erfüllt.
Christoph Johnscher, der bei der KfW seit drei Jahren auf Gruppenleiterebene in Frankfurt am Main arbeitet, managt ein zwölfköpfiges Team, zu dem auch externe IT-Spezialisten gehören. "Wir haben gut ausgebildete Mitarbeiter, die sehr diskussionsfreudig sind und viele gute Ideen einbringen. Meine Aufgabe ist es, das Team einzubinden und gleichzeitig auf den Zeitplan zu achten. Nicht alles kann erschöpfend diskutiert werden", so der 36-jährige Wirtschaftsingenieur pragmatisch.
Selbstbewusste Mitarbeiter wollen überzeugt werden
Die selbstbewussten Mitarbeiter lassen sich nicht durch hierarchische Befehlsstrukturen führen, sie wollen überzeugt werden. Andererseits geht es auch nicht ohne klare Ansagen. Organisationen funktionieren nur selten nach demokratischen Prinzipien. "Führung ist stets asymmetrisch, damit also eine Machtbeziehung", erklärte Armin Nassehi, Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität, auf dem Kongress "Führung und Verantwortung" im Sommer in München. Allerdings lasse sich daraus kein Anspruch auf autoritäre Befehlsstrukturen ableiten. Macht sei zwar nötig, um in großen Gruppen die Aufgaben zu verteilen. Doch sollten die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie die Aufgaben gern und freiwillig erledigen.
Jeder Manager entwickelt eigene Methoden, wie er seine Mitarbeiter einbindet und motiviert. Ein fester und bewährter Bestandteil des Arbeitsalltags von Christoph Johnscher sind regelmäßige Meetings, in denen er mit seinem Team allgemeine und projektbezogene Aufgaben bespricht, Informationen weitergibt und sich über die Projektfortschritte informiert. Mitunter gleicht das Aufgabenprofil des IT-Managers dem eines Koordinators, der zwischen den Vorgaben der nächsten Führungsebene und seinem Team vermittelt, mit seinen Kollegen IT-Lösungen erarbeitet und innerhalb eines überschaubaren Zeitplans umsetzt.
Uwe Joas, Personalreferent der Fiducia IT AG in Karlsruhe, kennt die Herausforderungen der IT-Führungskräfte im mittleren Management und unterstützt die Kollegen mit einem hauseigenen Seminarprogramm. "Diese Manager sind Ansprechpartner für die Mitarbeiter, deren Erwartungen sie erfüllen wollen, und stehen gleichzeitig ihrem Vorgesetzten gegenüber in der Pflicht." Dass diese Partnerschaft in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten besser funktioniert als in einer Konsolidierungsphase, versteht sich von selbst. Der Karlsruher IT-Dienstleister beschäftigt rund 2300 IT-Fachkräfte und sucht derzeit weitere Mitarbeiter. "Unsere IT-Beschäftigten sind hoch qualifiziert und haben hohe Ansprüche an ihren Job und das Unternehmen." In Mitarbeiterbefragungen bestätigen sie laut Joas regelmäßig ihre große Zufriedenheit mit dem Job. Das Unternehmen investiert in Trainings, Workshops und Coachings. Mit einem Nachwuchsprogramm für Führungskräfte rekrutiert der IT-Dienstleister viele Manager der ersten Ebene aus den eigenen Reihen. Fiducia bildet selbst Fachinformatiker aus und bietet ein duales Berufsakademiestudium an. "Wir haben gute Erfahrungen mit diesem Programm gemacht. Einige unserer Manager bringen einen dualen Studienabschluss mit", so Joas.
Jürgen Rohrmeier, Personalberater und Mitglied des Vorstands von Pape Consulting in München, ermahnt Unternehmen, ihre angehenden Führungskräfte besonders sorgfältig auszuwählen. "Nicht jeder herausragende Informatiker ist ein guter Manager. Gerade wer erstmals eine Position mit Personalverantwortung übernimmt, sollte gut vorbereitet und sich der besonderen Herausforderung bewusst sein."
Sandwich-Manager mit schlechtem Ruf
Oft ist die mittlere Führungsebene heftiger Kritik ausgesetzt. Manche werden als Frühstücksdirektoren oder gar als überflüssig beschimpft. Doch Rohrmeier bricht eine Lanze für die Manager: "Sie sind die Eckpfeiler des Unternehmens, arbeiten direkt mit den Mitarbeitern und sind wesentlich für den Erfolg verantwortlich. Ein Vorstand gibt zwar die Leitlinien vor, doch das mittlere Management setzt diese mit eigenen Ideen und viel Elan mit den Mitarbeitern um." Das wird oft nicht genügend honoriert.
"Sandwich-Manager" haben nicht selten einen schlechten Ruf. Dabei braucht gerade dieser Personenkreis die Unterstützung des Unternehmens. "Wer die erste Führungsaufgabe übernimmt, sollte für drei bis sechs Monate einen Coach zur Seite haben, der ihn unterstützt", empfiehlt Rohrmeier. Doch Sachzwänge durchkreuzen häufig die schönsten Personalentwicklungsprogramme. Wenn ein Projekt unverhofft in Schwierigkeiten gerät, schafft es mancher Bereichsleiter ohne Mühe, seinen Manager vom Seminar weg und hin zum Kunden zu lotsen, auch wenn das keine Firma gern zugibt.
Seit vielen Jahren werden flache Hierarchien in Unternehmen propagiert. Diese Firmenpolitik bedeutet aber auch, dass viele ambitionierte Manager oft mit Mitte 30 auf der mittleren Führungsebene stecken bleiben und das Ende ihres Karrierewegs erreicht ist. Innerhalb des gleichen Unternehmens auf derselben Hierarchiestufe zu wechseln kann eine Alternative sein. Zu häufige Änderungen ohne echten Aufstieg führen jedoch zu Frust und Demotivation.
Christoph Beck, Professor für Personalwirtschaft an der Fachhochschule Koblenz, sieht hier besonders die Personalentwickler in der Pflicht, herkömmliche, starre Karrierepfade zu überdenken. "Wer seine Mitarbeiter alle zwei Jahre wegbefördert, macht einen Fehler. Die Manager müssen sich dann nicht mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen auseinandersetzen, weil sie schon wieder ein neues Projekt verantworten."
"Firmen sollten sich überlegen, welche Perspektiven sie ihren guten Leuten bieten", meint Rohrmeier. Dazu zählt für den Personalberater auch ausreichende Unterstützung im Tagesgeschäft, um Freiräume zu schaffen, in denen neue Ideen und Visionen entstehen können. "Firmen machen einen großen Fehler, wenn sie die Sorgen des mittleren Managements ignorieren, denn der Unternehmenserfolg hängt ganz entscheidend von ihnen ab."
Buchtipp
Wer einem Coach über die Schulter schauen möchte, kann das mit dem neuen Buch "Chefs am Limit" von Gerhard Nagel tun. Der erfahrene Coach hat aus seinem Beratungsalltag fünf "Problemfälle" ausgewählt, nämlich den Typ eiskalter Macher, frustrierter Start-up-Manager, gestresster Chef im mittleren Management, älterer Manager mit Nachfolgesorgen und schließlich eine erfolgreiche Frau zwischen Familie und Job.
Diese fünf Beispiele dienen dem Berater als Schablone, um anhand von konstruierten Dialogen exemplarisch zu zeigen, welche Hilfe Coaching bieten kann und wo diese Methode nicht weiterhilft. Wer sich anschließend noch nicht traut, einen Coach zu engagieren, oder wer seine Probleme lieber selbst in den Griff bekommen möchte, findet in einem ausführlichen Selbstlernteil viele Praxistipps sowie eine Anleitung für das Selbstcoaching.
Gerhard Nagel: Chefs am Limit. 5 Coaching-Wege aus Burnout und Jobkrisen. Hanser, München, 2010.
Tipps für Manager mittlerer Ebenen
-
Vorher überlegen statt hinterher jammern. Überlegen Sie sich vor Ihrer Bewerbung, ob eine Aufgabe im mittleren Management mit Personalverantwortung und zwischen allen Stühlen zu Ihnen passt oder ob eine Fachkarriere mehr Ihrer Persönlichkeit entspricht.
-
Vom Spezialisten zum Koordinator. Häufig löst ein Manager auf der mittleren Führungsebene weniger fachliche Probleme, sondern koordiniert das Projekt, motiviert sein Team, besänftigt Querulanten, achtet auf Zeit- und Budgetpläne und versucht, seinen Vorgesetzten bei Laune zu halten.
-
Früh Netzwerke innerhalb des Unternehmens knüpfen. Einzelkämpfer als Manager haben es schwer; wer dagegen früh Netzwerke über Abteilungsgrenzen hinweg knüpft und Verbündete findet, profitiert später von diesen Kontakten.
-
Unterstützung einfordern. Klare Absprachen und Hilfestellung seitens der Personalabteilung und der nächsten Führungsebene verhindern, dass Manager der mittleren Führungsebene ausbrennen.