Mittelstand sieht Zukunft in digitaler Fabrik

20.03.2006 von Dorothea Friedrich
Mittelständische Zulieferer der Autoindustrie wollen sich dem Trend der großen Automobilhersteller zur so genannten Digitalen Fabrik anschließen.

Nach einer Untersuchung von UGS, einem Lösungsanbieter für das Product Lifecycle Management (PLM), sind drei Viertel der Befragten der Meinung, dass sie Lösungen für die Digitale Fabrik einsetzen oder bereits begonnene Maßnahmen ausbauen müssen. Sie fürchten, dass ihnen sonst Wettbewerbsnachteile und Kostenprobleme drohen. 37 Prozent sehen bereits aktuell dafür eine Notwendigkeit, weitere 39 Prozent in naher Zukunft. Fast jeder vierte mittelständische Zulieferer in der Fertigungsindustrie hat zumindest schon Teillösungen im Einsatz.

UGS geht davon aus, dass in der Industrie in naher Zukunft kaum noch ein Montageband anläuft, bevor nicht jeder Produktionsschritt bis ins Detail realitätsnah simuliert wurde. Bei diesem als Digitale Fabrik bezeichneten Konzept werden die Daten der teilweise mehreren Tausend Produktkomponenten und der geplanten Fertigungsabläufe im Rechner definiert und dann für elektronische Simulationen den Entwicklungsingenieuren zur Verfügung gestellt. Damit sollen die Produktionsprozesse vor ihrem Start in der Praxis optimiert werden, um die Qualität zu verbessern und die Herstellung kostengünstiger zu machen.

Wie anspruchsvoll die Idee der Digitalen Fabrik ist, verdeutlicht der PLM-Anbieter an einem Beispiel. Demnach besteht ein Fahrzeug aus 10.000 bis 20.000 Komponenten, die ähnlich zahlreiche Operationen in den Produktionsabläufen auslösen und eine ähnliche Anzahl von Komponenten der Fabrikanlagen erfordern. In diesem komplexen Gesamtprozess verbergen sich UGS zufolge Optimierungsmöglichkeiten, die bei den herkömmlichen Planungsverfahren jedoch unerkannt bleiben. Notwendig ist dafür eine präzise digitale Simulation am Bildschirm, deren Daten aus PLM-Systemen stammen.

Hierbei werden die Produktionsprozesse quasi an einem virtuellen Fließband in ihren vielfältigen Anforderungen und unter verschiedenen Einsatzbedingungen geplant. Dadurch werden Erfahrungen in der digitalen Welt vorweggenommen und für die Optimierung von Anlagen genutzt, die sonst in langjähriger Praxis erst mühsam und teuer aufgebaut werden müssten. Diese vor allem von den Konzernen der Fertigungsindustrie getriebene Entwicklung hat auch weitreichende Auswirkungen auf die meist mittelständischen Zulieferer. Denn sie müssen ihre Vorprodukte für die Technologien der Digitalen Fabrik integrierbar machen.

Daraus leitet beispielsweise das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) einen hohen Innovationsbedarf seitens der Zulieferer ab, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben wollen. Tatsächlich ist nach der UGS-Erhebung die Sicherung der Wettbewerbsposition für 68 Prozent der fast 400 befragten Fertigungsbetriebe das Hauptmotiv dafür, Lösungen für die Digitale Fabrik ins Auge zu fassen. Ähnlich viele erwarten, dadurch ihre Kostensituation zu verbessern. Weitere Vorteile sehen sie mehrheitlich in effizienteren Planungsprozessen, einer Qualitätssteigerung und der größeren Flexibilität bei Produktveränderungen.