Creditreform-Umfrage

Mittelstand hat das Gröbste überstanden

07.10.2009 von Peter Gruber
Die Geschäftslage im deutschen Mittelstand ist im Herbst 2009 schlechter als vor einem Jahr, aber leicht positiver als noch im Frühjahr. Das zeigt die jüngste Analyse der der Wirtschaftsauskunftei Creditreform.

Jedes dritte Unternehmen (32,8 Prozent; Vorjahr: 46,9 Prozent) bewertet die aktuelle Geschäftslage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform mit gut oder sehr gut. 11,0 Prozent vergeben schlechte Noten - doppelt so viele wie im Vorjahr (5,4 Prozent). Der Saldo aus negativen und positiven Einschätzungen zum Stimmungsindikator Geschäftslage büßt gegenüber dem Herbstwert 2008 (plus 41,5 Punkte) deutlich ein, notiert mit plus 21,8 Punkten aber im Bereich des langjährigen Mittelwertes (plus 24,0 Punkte).

Umsatzrückgänge in vielen Branchen

Am schwersten hat die Wirtschaftskrise den industriellen und handwerklichen Mittelstand getroffen. Nachdem im vergangenen Herbst noch gut jedes dritte Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe (35,0 Prozent) von Umsatzsteigerungen berichtete, ist dieser Anteil in diesem Jahr auf knapp ein Fünftel (19,3 Prozent) zurückgegangen. Fast jedes zweite Unternehmen (49,2 Prozent; Vorjahr: 22,2 Prozent) musste ein Umsatzminus hinnehmen. Im Fahrzeug- und Maschinenbau (66,7 bzw. 61,8 Prozent), im Verkehrs- und Logistiksektor (60,4 Prozent) sowie in der Chemiebranche (53,3 Prozent) findet sich ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Betrieben mit Umsatzrückgängen.

Konjunkturprogramme zeigen Wirkung

Der starke Umsatzeinbruch im Verarbeitenden Gewerbe verschlechtert die Umsatzbilanz des Mittelstandes insgesamt: 37,1 Prozent der befragten Unternehmen erleiden einen Rückgang ihrer Einnahmen (Vorjahr: 19,1 Prozent). Trotz Rezession meldet immerhin jeder vierte Betrieb (25,2 Prozent; Vorjahr: 34,7 Prozent) einen Umsatzzuwachs; darunter überdurchschnittlich viele Bauunternehmen. Die staatlichen Konjunkturpakete haben die Binnenkonjunktur gestärkt und in dieser Branche für eine stabilere Entwicklung gesorgt. So sind innerhalb der Hauptwirtschaftsbereiche vor allem im Baugewerbe viele Unternehmen (28,3 Prozent; Vorjahr: 37,2 Prozent) zu finden, die Umsatzsteigerungen erzielten. Im Einzelhandel sind es 27,5 Prozent (Vorjahr: 39,7 Prozent), im Dienstleistungssektor 27,2 Prozent (Vorjahr: 33,5 Prozent). An die guten Werte des Vorjahres kommt aber keiner der Hauptwirtschaftsbereiche heran.

Mehr Neueinstellungen als erwartet

19,9 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben im Verlauf der zurückliegenden sechs Monate die Mitarbeiterzahl erhöht - 22,4 Prozent mussten Personal abbauen. Damit haben doppelt so viele Unternehmen neue Mitarbeiter eingestellt, wie im Frühjahr 2009 ausgesagt worden war. Damals wollte nur jeder zehnte Befragte die Belegschaft innerhalb der kommenden Monate ausweiten.

Mittelstand ändert die Personalpolitik

Infolge der Wirtschaftskrise hat sich die Personalpolitik des Mittelstandes verändert: Die Arbeitskräftenachfrage geht stärker als in der Vergangenheit in Richtung flexiblere Beschäftigungsformen. Von denjenigen Firmen, die im Herbst 2009 Personalaufstockungen vornahmen, haben 74,0 Prozent neue Mitarbeiter in Vollzeit eingestellt; im Jahr zuvor waren es noch 84,0 Prozent. Von 10,8 auf 16,1 Prozent zugenommen hat der Anteil der Unternehmen, die sich mit Teilzeitkräften verstärkten. Wenn Personal abgebaut wurde, versuchten die Betriebe ihre Fachkräfte, die meist in Vollzeit beschäftigt sind, zu halten. Zwei Drittel der Unternehmen (67,8 Prozent; Vorjahr: 74,3 Prozent) trennten sich dennoch von Festangestellten.

Personalpläne stagnieren in den meisten Unternehmen

Die weiteren Personalpläne der Unternehmen sind von Zurückhaltung geprägt. Die überwiegende Mehrheit (72,6 Prozent) möchte die derzeitige Belegschaftsgröße unverändert lassen; jeder Neunte (10,9 Prozent; Vorjahr: 16,9 Prozent) plant eine Aufstockung der Mitarbeiterzahl. Auf Zuwachs ausgerichtet sind die Personalplanungen am ehesten im Dienstleistungsgewerbe: Datenverarbeitung (plus 14,0 Punkte) sowie personenbezogene und unternehmensnahe Dienstleister (plus 10,5 bzw. plus 7,0 Punkte) weisen einen positiven Saldo aus einstellungsbereiten Unternehmen und solchen, die verringern wollen, auf. Im Verarbeitenden Gewerbe (Saldo: minus 13,0 Punkte) droht dagegen eine Fortsetzung des Stellenabbaus.

Investitionspläne nach dem Konjunkturtal

Die Umsatzprognosen für die kommenden sechs Monate zeigen gegenüber der aktuellen Lage eine Verbesserung. Innerhalb des deutschen Mittelstandes ist dabei eine Zwei-Klassen-Gesellschaft festzustellen: 20,7 Prozent (Vorjahr: 29,0 Prozent) der Unternehmen haben das Konjunkturtal bereits durchschritten und rechnen mit einem Umsatzanstieg. Jeder Vierte (25,2 Prozent; Vorjahr: 15,9 Prozent) befürchtet eine negative Umsatzentwicklung. Hier steht die wirtschaftliche Erholung weiterhin aus.

Die Investitionsbereitschaft der mittelständischen Betriebe liegt mit 40,9 Prozent (Vorjahr: 46,6 Prozent) im langjährigen Durchschnitt (41,2 Prozent). Der Großteil des Rückgangs zum Vorjahr wird vom deutlichen Einschnitt im Verarbeitenden Gewerbe verursacht. In der Industrie ist der Anteil der Unternehmen, die ein Investitionsvorhaben planen, von 54,3 auf 40,9 Prozent gesunken.

Gewinnrückgänge und schlechte Zahlungsmoral

Anders als die moderaten Umsatzerwartungen sind die Gewinnprognosen der Mittelständler weiterhin stark negativ. Rücklagen zu bilden ist damit fast unmöglich. Mit 42,3 Prozent der Unternehmen überwiegt klar der Anteil der Pessimisten, die einen Gewinnrückgang erwarten. Knapp ein Fünftel der befragten Firmen (19,6 Prozent) rechnet mit einem Ertragszuwachs.

Die Zahlungsmoral der Kunden hat sich verschlechtert. Mehr Unternehmen als im vergangenen Jahr klagen über hohe Forderungsausfälle. Nur noch 37,8 Prozent (Vorjahr: 44,4 Prozent) der befragten Unternehmen geben dem Zahlungsverhalten ihrer Kunden gute Noten. Im Herbst 2008 verbuchten noch drei Viertel (74,3 Prozent) der Mittelständler den Forderungseingang innerhalb der üblichen Frist von bis zu 30 Tagen. In diesem Jahr sind es nur 70,9 Prozent. Jeder Achte (12,9 Prozent; Vorjahr: 9,5 Prozent) musste Forderungen in beträchtlicher Höhe (über 1,0 Prozent bezogen auf den Umsatz) als Verlust ausbuchen.

Eigenkapitalquoten sinken

Durch die Krise sinken die Eigenkapitalquoten im Mittelstand und wird die Kreditvergabe erschwert. Bei jedem Dritten (33,1 Prozent; Vorjahr: 31,9 Prozent) beträgt das Eigenkapital weniger als zehn Prozent an der Bilanzsumme. Knapp ein Viertel der Betriebe (24,5 Prozent; Vorjahr: 26,9 Prozent) ist mit Eigenkapitalquoten von über 30 Prozent sehr solide finanziert.

Insolvenz des Kunden zwingt zum Personalabbau

Fünf Prozent der Mittelständler mussten im ersten Halbjahr 2009 Personal abbauen, weil Geschäftspartner insolvent sind. Im Verkehrs- und Logistiksektor ist schon jeder Zehnte betroffen (10,1 Prozent). Wenn Kapazitäten aufgrund von Kundeninsolvenzen abgebaut wurden, trennte sich jeder Dritte (36,4 Prozent) von mehr als fünf Mitarbeitern. Im Mittelstand sind so bereits rund 140.000 Arbeitsplätze weggefallen.