ByoD und Social Media

Mitarbeiter fordern Consumerization

04.11.2011 von Karin Quack
Oft klaffen Welten zwischen dem, was die Unternehmen an IT-Ausstattung vorgesehen haben, und dem, was die Mitarbeiter wirklich einsetzen. Die IT-Verantwortlichen dürfen nicht länger den Kopf in den Sand stecken.
Chick und praktisch - davon träumen User.
Foto: newPcgadgets

Etwa 40 Prozent der Arbeitnehmer mit IT-Ausstattung ("I-Workers") bringen heute private Endgeräte mit an den Schreibtisch. Im vergangenen Jahr waren es nur 30 Prozent. Innerhalb eines Jahres stieg der Anteil also um zehn Prozentpunkte. Die IT-Abteilungen können mit der technischen Entwicklung kaum mithalten. So lauten die wichtigsten Ergebnisse einer Umfrage unter 1.334 Endanwendern und 264 IT-Entscheidern in Europa (davon 331 beziehungsweise 65 in Deutschland), die das Marktforschungsunternehmen IDC im Auftrag von Unisys heuer schon zum zweiten Mal vorgenommen hat.

Als positiv an der diesjährigen Umfrage stellt Rudolf Kühn, Geschäftsführer der Unisys Outsourcing Services GmbH, heraus, dass die IT-Verantwortlichen die Wichtigkeit der IT-Konsumerisierung für ihr Unternehmen eingesehen hätten. Nachteilig sei hingegen, dass sie den Einsatz der aus dem Privatbereich stammenden Technologie nicht ausreichend unterstützen - und damit auch nicht managen könnten.

Die Realität an den Schreibtischen

In den deutschen wie den europäischen Unternehmen nimmt nicht nur der Einsatz persönlicher Endgeräte, sondern auch die Nutzung von Social Media, Blogs und Microblogs rasant zu. Facebook und MySpace entwickeln sich der Studie zufolge mittlerweile zu Business-Werkzeugen. In den vergangenen zwölf Monaten verdoppelte sich der Unternehmenseinsatz dieser Plattformen in Europa von sieben auf 16 Prozent; in Deutschland stieg er sogar von zehn auf 21 Prozent.

Besonders gern nutzen deutsche I-Worker neuerdings Blogs, Wikis, Foren und Message Boards. Hierzulande gaben 44 Prozent der befragten Anwender an, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Im vergangenen Jahr waren es nur 18 Prozent. Europaweit stieg dieser Anteil etwas weniger steil an: von 20 auf 35 Prozent. Wie Kühn erläutert, liegt einer der Gründe für diesen Unterschied darin, dass in Deutschland die Bereitschaft und Neigung zum Self-Service besonders hoch ausgeprägt sei.

Konsumerisierung der deutschen IT
Konsumerisierung der deutschen IT
Die <a href="http://www.unisys.com/unisys/ri/topic/researchtopicdetail.jsp?id=700004">Befragung</a> von 331 Anwendern und 65 IT-Verantwortlichen aus deutschen Unternehmen im Auftrag von Unisys ergab, dass auch die IT auch hier schlecht auf den Trend zur Konsumerisierung vorbereitet ist.

Wie greifen die deutschen Anwender auf Unternehmensanwendungen zu (im Vergleich zu den globalen Usern)?

Welche Geräte nutzen die deutschen Anwender bevorzugt für Business-Applikationen (und welche voraussichtlich in einem Jahr)?

Welches Endgeräte ist für Business-Anwender hierzulande Stand heue am wichtigsten (und wie sieht es in einem Jahr aus)?

Welche Sozialen Medien setzen deutsche Anwender für das Business ein (im Verlgeich zum vergangenen Jahr)?

Welche Applikationen nutzen deutsche Unternehmen zu Business-Zwecken?

Was halten IT-Verantwortliche in Deutschland generell vom Einsatz der Endgeräte in den Unternehmen?

Wie unterscheidet sich die Wahrnehmnung von IT und Anwendern hinsicht der sozialen Medien?

Welche Pläne haben die IT-Verantwortlichen, um Unternehmensanwendungen an Tablets und Smartphones anzupassen?

Wieviel IT-Support erwarten die deutschen IT-Chefs (im Unterschied zu den weltweiten) für neue Anwendungen leisten zu müssen?

Für wie technikaffin halten sich die IT-Verantwortlich in Deutschland (im Vergleich zu ihren weltweiten Kollegen)?

Wie schätzen die Anwender (gegenüber den IT-Organisationen) die Technologie-Adaption im Unternehmen ein?

Wer bezahlt hierzulande (im Vergleich zu weltweit) für das Equpiment der Mitarbeiter?

Welche Anwendungen oder Websites sperren die IT-Verantwortlichen in Deutschland vor den Mitarbeitern ab?

Welche "privaten" Aktivitäten erlauben die deutschen IT-Verantwortlichen (im Vergleich zu den weltweiten)?

Was spricht aus der IT-Sicht dagegen, dass die Anwender selbst ihre Endgeräte beschaffen?

Tablet-PCs gewinnen an Boden

Der Trend zur Mobilisierung des Arbeitsplatzes schlägt sich auch in der Wahl der Endgeräte nieder. Mehr als die Hälfte der I-Worker - 52 Prozent in Europa und sogar 56 Prozent in Deutschland - bezeichnen den Laptop als ihr wichtigstes Arbeitsmittel. Im vergangenen Jahr lagen die Nennungen bei 45 beziehungsweise 49 Prozent. Diese Entwicklung geht zulasten der Desktop-PCs. Sie sind nicht einmal mehr für drei von zehn Angestellten (29 Prozent in Europa, 28 Prozent in Deutschland) die meistgenutzten Arbeitsgeräte.

Mächtig an Boden gewinnen die Table-PCs. Hier liegt Deutschland mit sieben Prozent leicht hinter dem europäischen Durchschnitt von acht Prozent. Smartphones gewinnen erwartungsgemäß ebenfalls an Bedeutung: Derzeit bekennt sich in Deutschland insgesamt ein Viertel der befragten Endanwender zum intelligenten Handy als wichtigstem Arbeitsgerät. Der Löwenanteil entfällt dabei immer noch auf Blackberrys (14 Prozent), dicht gefolgt von iPhones (zehn Prozent).

Zunächst einmal Mehrarbeit für die IT

Aus Sicht der IT machen private Endgeräte im Unternehmen zunächst einmal mehr Arbeit. So sehen das zumindest vier Fünftel der befragten IT-Verantwortlichen. Allerdings räumen fast genauso viele CIOs auch die Vorteile der Consumer-Geräte ein: Sie wirken sich positiv auf die Arbeitsmoral aus, sagen 78 Prozent. Und 73 Prozent sehen sogar Potenzial zur Produktivitätssteigerung darin, wenn die Mitarbeiter ihre eigenen Geräte mitbringen dürfen.

Allerdings spielen derartige Erwägungen offenbar eine untergeordnete Rolle: 73 Prozent der europäischen IT-Verantwortlichen sind davon überzeugt, dass an der Unterstützung des Consumer-Equipments kein Weg mehr vorbeiführt.

Die IT-Chefs sind schlecht vorbereitet

Laut IDC sind sich die IT-Verantwortlichen in Europa allerdings überhaupt nicht bewusst, in welchem Maß ihre internen Kunden heute schon Consumer-Technologie und soziale Medien nutzen. Nur 31 Prozent der CIOs bejahten, dass die Anwender ihre persönlichen Smartphones auch geschäftlich nutzen.

Die Gegenprobe ergab jedoch ein ganz anderes Bild: Demnach verwenden 73 der europäischen I-Worker ihre intelligenten Handys auch zu Business-Zwecken. Zudem räumten 41 Prozent ein, über Twitter, LinkedIn und Facebook mit ihren Kunden zu kommunizieren, wovon aber offenbar nur 30 Prozent der IT-Chefs wissen. Dass 34 Prozent der Angestellten solche Tools für den internen Informations- und Meinungsaustausch nutzen, ist jedem zweiten der betroffenen CIOs ebenfalls nicht bekannt.

Überhaupt sei die Unternehmens-IT auf den Consumerization-Trend schlecht vorbereitet, konstatiert IDC. Die Modernisierung der Unternehmensapplikationen für den Einsatz mit mobilen Endgeräten verlaufe schleppend. Sie sei erst in elf Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen abgeschlossen; 77 Prozent haben eigenen Angaben zufolge nicht einmal konkrete Pläne, hier innerhalb der kommenden zwölf Monate aktiv zu werden.

Hindernisse für den Einsatz privater Geräte

Auf die Frage, was eigentlich gegen den Einsatz von privaten Geräten im Unternehmen spricht, antworteten die meisten IT-Verantwortlichen mit "Sicherheitsbedenken". 81 Prozent der Europäer und 85 Prozent der Deutschen fürchten, dass sich über die Privatgeräte Sicherheitslücken auftun. 51 beziehungsweise 48 Prozent nennen konkret "Viren von sozialen Netzwerken" als Bedrohung.

Da sollte man eigentlich annehmen, dass die IT mit verstärkten Sicherheitsmaßnahmen auf einen Trend reagiert, den sie ja mehrheitlich als unumgänglich bezeichnet. Doch die Umfrageergebnisse sprechen eine andere Sprache: Demzufolge veröffentlichen nur noch 45 der europäischen IT-Bereiche "Social Media Guidelines"; im vergangenen Jahr taten das noch 59 Prozent. Auch der Anteil der komplexen Passwörter ist gesunken - von 52 Prozent 2010 auf 46 Prozent 2011. Und Single-Sign-on verwenden in diesem Jahr nur noch 49 statt 53 Prozent der befragten Unternehmen.

Nick McQuire, Emea Research Director Mobile Enterprise Strategies bei IDC, sieht darin ein Indiz dafür, dass die IT-Bereiche die Konsumerisierung weitgehend ignorieren. Und das hält er für gefährlich: "Damit setzen sie die Unternehmen dem Risiko aus, dass die Mitarbeiter ihre privaten Endgeräte ohne definierte Richtlinien und Prozesse einsetzen."

Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, sollten die Verantwortlichen aufwachen und ihre Hausaufgaben machen, sprich: Infrastrukturen für die Integration entwerfen, Policies für die Risikobewältigung formulieren sowie entsprechende Management-Strukturen und -Prozesse etablieren. Vor allem aber müssten sie erkennen, dass die Consumerization der IT keineswegs eine bloße Last für das Unternehmen sei, sondern auch Möglichkeiten eröffne. Dieses Potenzial steckt laut IDC und Unisys vor allem in einer besseren Work-Life-Balance und damit höheren Zufriedenheit der Mitarbeiter, aber auch in einer adäquaten Bedienung der Kundenbedürfnisse.

CW-Kommentar: Bring your own Cloud?

Consumerization der IT und Cloud Computing werden häufig in einem Atemzug genannt. Dabei scheinen sie auf den ersten Blick überhaupt nichts miteinander zu tun zu haben. Oder doch?

Wenn wir von Consumerization sprechen, denken wir zuerst an das, was mit dem Schlagwort ByoD oder in der Langfassung: "Bring your own Device", belegt ist, also an iPhones, iPads oder andere Endgeräte, an die sich der User im Privatleben gewöhnt hat und ohne die er auch im Beruf nicht mehr leben möchte.

In zweiter Linie fallen uns Softwareapplikationen ein, die dem Anwender die Arbeit erleichtern, obgleich - in manchen Fällen sogar gerade weil - sie nicht von der internen IT bereitgestellt, sondern von irgendwoher beschafft oder im Extremfall selbst entwickelt wurden. Solange sie im Stand-alone-Betrieb laufen und nicht mit Enterprise-Anwendungen integriert werden, kann die IT großzügig darüber hinwegsehen.

Kritischer wird es, wenn es sich um Applikationen aus dem Netz handelt. Und hier kommt die "Cloud" ins Spiel. Der Kommunikationsdienst Skype markierte den Anfang der "privaten" Web-Anwendungen, die zunehmend beruflich genutzt werden. Mittlerweile haben auch die sozialen Netzwerke den Weg in die Unternehmen gefunden. Hinzu kommen auf vielen Schreibtischen kostenlose Mail-Anwendungen wie Google Apps. Und der Gipfel ist aus IT-Sicht erreicht, wenn beispielsweise die Sales-Abteilung selbstständig einen CRM-Service aus der Internet-Wolke ordert.

Der von Unisys in Auftrag gegebenen IDC-Studie zufolge fordern die "I-Worker" immer vehementer nach "Consumer-Technologien" am Arbeitsplatz. Die IT muss darauf reagieren - mit Infrastrukturen, Policies und geeigneten Management-Prozessen. Sie hat keine andere Wahl. Der Zug ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Aber den Fahrplan sollten die gestalten, die für Pünktlichkeit und Sicherheit verantwortlich zeichnen. (qua)

Cloud-Checklisten für den CIO
Cloud Computing Checkliste
Wenn Fachbereiche ohne Wissen der IT Cloud-Services beschaffen, entsteht früher oder später eine "Schatten-IT". Hier erfahren Sie, wie Sie die Datensicherheit im Unternehmen erhöhen und dieser Schatten-IT entgegenwirken können. Hierzu sollten die Verantwortung und Aufgaben der Cloud-Strategie, Unternehmensleitung und IT-Abteilung klar geregelt sein.
Die zentrale Cloud-Strategie …
legt fest, wie eine Private Cloud im Unternehmen organisiert wird.
Die zentrale Cloud-Strategie …
bestimmt, welche SaaS-Anwendungen aus der Public Cloud beziehbar sind.
Die zentrale Cloud-Strategie …
regelt, wie virtuelle Server in Public Clouds zu nutzen sind (Stichwort IaaS).
Die zentrale Cloud-Strategie …
definiert die Zuständigkeiten der Abteilungen bei der Bestellung von Cloud-Leistungen und Vertragsverhandlungen.
Die zentrale Cloud-Strategie …
enthält Vorgaben für Datenschutz und Datensicherheit bei der Cloud-Nutzung.
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Die Unternehmensleitung muss …
IT-Richtlinie im Unternehmen erlassen und für die Umsetzung sorgen.
Die Unternehmensleitung muss …
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Die Unternehmensleitung muss …
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erarbeitet ein detailliertes Sicherheitskonzept für die Unternehmens-IT und prüft es laufend.
Die IT-Abteilung schließlich …
untersucht die Möglichkeiten zur Einbindung von Cloud-Services in Unter-nehmens-IT.
Die IT-Abteilung schließlich …
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Die IT-Abteilung schließlich …
wirkt an Verhandlungen zu SaaS- und Cloud-Verträgen mit, prüft laufend deren Einhaltung, löst auftretende Probleme.
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