Mißtrauen bremst Ärzte-Computer

25.02.1977

BERLIN/BONN (CW) -Das Mißtrauen der Patienten gegen den Computer-Einsatz in der Arztpraxis muß zwar noch abgebaut werden: Doch bis 1982 könnten alle bundesdeutschen Arztpraxen mit EDV-Anlagen ausgerüstet sein. Professor Peter L. Reichertz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Dokumentation, Informatik und Statistik (Hannover) vertrat diese Auffassung auf der "Medcomp" in Berlin. Er stützte sich auf eine Umfrage bei praktischen Ärzten.

Mit rund 800 Millionen Mark beziffert die Industrie das Marktpotential, das auf dem Medizin-Sektor in den nächsten drei Jahren in der Bundesrepublik erschlossen werden soll. Wobei es sich ausschließlich um den Bereich der EDV-Anwendung bei niedergelassenen Ärzten handle, wie Professor C. Th. Ehlers von der Universität Göttingen vor dem gleichen Forum ausführte. Zunächst beschränke sich der Einsatz von CPU-Hilfen in der Praxis aber noch auf administrative Bereiche. Die Anwendungen in spezifisch ärztlichen Gebieten werden erst allmählich erarbeitet. Datenschutz-Probleme bei der Datenfernübertragung und Datenbanken für niedergelassene Ärzte, die an Großrechner angeschlossen sind, müssen erst ausdiskutiert werden.

Daß sich mit EDV-Hilfe auch medizinische Leistungen verbilligen lassen, dokumentiert ein Modell in einem Hannoverschen Krankenhaus: Dort konnten die Kosten für die Medikamenten-Ausgabe nach Einsatz einer EDV-Anlage um 30 Prozent gesenkt werden. Ministerialrat Hellmuth Bertuleit, vom Bundesministerium für Forschung und Technologie, verwies darauf, daß der Einsatz der Datenverarbeitung im Gesundheitswesen einer von drei Schwerpunkten innerhalb der gesamten bundesdeutschen EDV-Förderung sei. Unter diesem Titel habe die Bundesregierung von 1971 bis 1975 bereits 107 Millionen Mark Subventionen gegeben. Im zweiten DV-Förderprogramm, das bis 1979 läuft, sind erneut 120 Millionen Mark an Zuschüssen vorgesehen. Diese Mittel werden im wesentlichen an Anwender, bisher meist an Krankenhäuser, vergeben.

CPU-Ressourcen im klinischen Bereich setzen sich in Ost und West durch. Die Medizinische Akademie Carl Gustav Carus in Dresden freut sich zum Beispiel, durch den EDV-Einsatz in der Gynäkologie die durchschnittliche Behandlungsdauer pro Patientin um drei Minuten gesenkt zu haben: Aufs Jahr umgerechnet sind das 115 Arztstunden, die die Klinik gewonnen hat

"In Bewegung und Wachstum" befindet sich nach einer Angabe der Bundesstelle für Außenhandel der japanische Markt für "Medical Electronics". Das Tokioter Ministerium für Internationalen Handel und Industrie recherchierte, daß der Produktionswert von medizinischer Elektronik im Land der aufgehenden Sonne von 19,3 Milliarden Yen im Jahr 1970 auf 34,5 Milliarden Yen (rund 420 Millionen Mark) im vergangenen Jahr gewachsen ist. Interessant ist: Die Anbieter-Struktur ist gegenüber dem "betonierten" Markt des traditionellen Röntgengeschäfts (das die drei Unternehmen Toshiba, Hitachi Medico und Shimazu Seisakusho beherrschen) von Newcomern bestimmt. Der durchschnittliche Umsatz der Medizinische-Elektronik-Hersteller liegt zwischen vier und sieben Milliarden Yen; das sind 40 bis 80 Millionen Mark.