Stadtmagazine sehen sich bedroht

Microsoft will jetzt Content-Provider werden

06.09.1996

Gegenwärtig heuert Microsoft in London, San Franzisko und New York Redakteure an, die den neuen Online-Veranstaltungskalender Cityscape mitgestalten sollen, der zu Beginn des nächsten Jahres seine Premiere im WWW haben soll. Geplant ist, daß Anwender über Cityscape zum Beispiel Kinoinformationen erhalten, Videoclips zu Filmen anschauen und eine Vorstellung buchen können. Selbst Restaurants oder Kneipen in der Umgebung des Kinos sollen angezeigt werden, einschließlich der Möglichkeit, gleich einen Tisch zu bestellen und einen Plan der Gegend auszudrucken.

In den Chefetagen der Magazine "San Francisco Bay Guardian", "Village Voice" (New York) und "Time Out" (London) wird befürchtet, daß Microsoft ihnen mit dem neuen Projekt das Geschäft ruinieren könnte. Zum Teil haben diese Stadtmagazine eigene Web- Seiten mit dem Veranstaltungsangebot der jeweiligen Metropole. Sprecher der Gates-Company beteuern dagegen, eine Bedrohung der existierenden Veranstaltungsmagazine sei von Microsoft nicht beabsichtigt.

Kooperation oder Konkurrenz?

Vielmehr wolle man als Technologie- und Netzwerk-Provider auftreten. Dagegen sprechen Berichte, nach denen Microsoft versucht haben soll, Personal vom "San Francisco Bay Guardian" abzuwerben - was nicht nach Kooperation, sondern nach harter Konkurrenz aussieht. Andere Magazine berichten von ähnlichen Erfahrungen. Eine Sprecherin der New Yorker "Village Voice" ist sogar überzeugt, daß Microsoft es nur darauf anlegt, Inhalte im Web anzubieten. Sonst hätte es die Gates-Company wohl auch nicht nötig, hochkarätige Redakteure wie den ehemaligen Herausgeber des New Yorker Szene-Magazins "Seven Days" einzustellen.

Noch hat die Gates-Company einiges auf diesem Sektor nachzuholen. Unterläuft den Magazinen jedoch der Fehler, den neuen Konkurrenten zu unterschätzen, könnte das ins Auge gehen. Microsoft hat einen finanziell langen Atem, der mögliche Startschwierigkeiten ausgleicht.