CeBIT muss um Mittelstand kämpfen

Messebesuch: Pflicht oder nicht?

07.03.2003 von von Andrea
Die Krise in der ITK-Branche schlägt schwer auf die diesjährige CeBIT durch. Die weltgrößte Computermesse hat innerhalb von zwei Jahren 15 Prozent ihrer Aussteller verloren. Und auch viele mittelständische Anwender kehren dem IT-Event in Hannover den Rücken.

„Dieses Jahr nicht“, antwortet Günther Schminke auf die Frage, ob er heuer zur CeBIT geht. Der IT-Leiter der DSG Canusa GmbH & Co. KG mit ihren 500 Mitarbeiter in Meckenheim sieht für das Jahr 2003 keinen Anlass für einen Messebesuch. Der Grund: „Wir haben erst vor kurzem ein neues Warenwirtschaftssystem eingeführt“, verdeutlicht Schminke. Auch bei der Linzmeier Baustoffe GmbH & Co. KG in Riedlingen ist die Technologiemesse in Hannover in diesem Jahr kein Thema. „Wir haben unsere IT-Investitionen bereits vergangenes Jahr getätigt und planen vorerst keine Neuanschaffungen“, erklärt Klaus Geiselhart. Aus diesem Grund sei es nicht notwendig, sich neueste Informationen einzuholen, so der IT-Leiter weiter.

Viele Mittelständler machen um die CeBIT grundsätzlich einen Bogen. Arno Brucker etwa, Geschäftsführer der Spedition Brucker GmbH in Aalen, gibt der alle zwei Jahre in München stattfindenden Fachmesse „Transport Logistic“ den Vorzug. „Hier finden wir die für unsere Branche wichtigen Hard- und Softwarehersteller.“

Ein richtiger Muss-Termin ist die CeBIT auch für Joachim Pfeifer nicht mehr. „Heute gibt es an-dere Möglichkeiten, sich zu informieren, etwa das Internet oder Road-Shows“, erklärt der IT-Leiter der Kallfass GmbH & Co. KG in Nürtingen. Auf den CeBIT-Besuch will Pfeifer jedoch aus allgemeinem Interesse auch in diesem Jahr nicht verzichten. Größere ITK-Anschaffungen stehen allerdings beim schwäbischen Maschinenbauer in 2003 nicht an.

Hohe Investitionen, die kleine und mittlere Betriebe in den vergangenen Jahren für den Jahr-2000-Wechsel und die Euro-Umstellung aufbrachten, sind ein wichtiger Grund, warum sich viele Unternehmen den Weg zur CeBIT sparen. Die Messeveranstalter in Hannover sehen diese Entwicklung mit Besorgnis. „Wir verlieren nicht die großen Unternehmen, sondern den Mittelstand“, beklagte Vorstand Ernst Raue unlängst.

Während bei vielen Mittelständlern Investitionen zurückgestellt oder gestrichen wurden, machen sich die Vertreter von Wirtschaftsverbänden sowie Industrie- und Handelskammern für einen Messebesuch stark. „Klein- und Mittelbetriebe sollten gerade die Lead-Messen nutzen, um sich über innovative Produkte zu informieren“, rät beispielsweise Mario Ohoven.

Entwicklung verfolgen

Nach Ansicht des Berliner Präsidenten des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft (BVMW) liegt die Zukunft des Mittelstandes im E-Business. „Schon heute nutzen 65 Prozent unserer Unternehmen das Internet beim Einkauf“, so der BVMW-Präsident. „Ich bin zuversichtlich, dass sich der stark mittelständisch geprägte IT-Markt nach Stellenabbau und Umsatzeinbußen in diesem Jahr konsolidieren wird.“

Klaus Zimmermann, Geschäftsführer Industrie, Information und Umweltschutz bei der Industrie-und Handelskammer in Düsseldorf, legt kleinen und mittleren Unter-nehmen ebenfalls einen Messebesuch nahe. Doch er kann die reservierte Haltung vieler Firmen nachvollziehen: „Aufgrund der Fülle des Angebots sind viele Mittelständler auf der CeBIT hoffnungslos überfordert. Auch die Beratung fällt manchmal knapp aus.“

Der Zwang zum Sparen, dem sich viele mittelständische Anwender heute beugen müssen, macht unterdessen auch vor den IHKs nicht halt. „Auch bei uns wurde das IT-Budget in diesem Jahr um 20 Prozent gekürzt“, erklärt Peter Driessen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK München und Oberbayern. Aus Kostengründen müsse beispielsweise der Austausch der Arbeitsplatzrechner um ein Jahr verschoben werden.

Trotz Sparkurs richtet Driessen den Blick aber nach vorne: „Selbst wenn Unternehmen in diesem Jahr nicht investieren, müssen sich die IT-Verantwortlichen über neue Entwicklungen auf dem Laufenden halten, um diese frühzeitig planen und umsetzen zu können.“ Allein schon aus diesem Grund sei die CeBIT für ITK-Entscheider noch immer ein Pflichttermin. (uk)

*Andrea Goder ist freie Journalistin in München.