Multi-Core macht's möglich

Mehr Leistung, geringere Energieaufnahme

30.09.2008 von Uli Ries
Mehrkern-Prozessoren sind die wohl umwälzendste Neuerung in Sachen CPU-Technik in den letzten Jahren. Diese CPUs erhöhen die Leistung von Servern im Handumdrehen um ein Vielfaches, nehmen dabei aber nicht im gleichen Maß auch mehr Energie auf. Für Rechenzentren ist das eine perfekte Kombination aus Steigerung und Einsparung.
Intel Quad Core
Foto: Intel

Die Einführung der ersten Dual-Core-Prozessoren durch AMD und Intel im Jahr 2005 machte Schluss mit dem bis dahin andauernden Rennen um die höchste Taktfrequenz. Statt Gigahertz stand endlich die wesentlich sinnvollere Kenngröße "Leistung pro Watt" im Mittelpunkt. Denn Mehrkern-Prozessoren holen bei gleicher oder nur unwesentlich höherer Energieaufnahme mehr Leistung aus einem Server als ihre Single-Core-Vorgänger.

Besonders Datenbankanwendungen wie MySQL, Microsoft SQL, Oracle oder Sybase profitieren von den Mehrkern-Prozessoren, da sie ihre Aufgaben von Haus aus parallel erledigen. Diese so genannten Multithreaded-Applikationen können somit verschiedene Aufgaben gleichzeitig auf die vorhandenen Rechenkerne verteilen und so in der gleichen Zeit erheblich mehr abarbeiten als auf einer Single-Core-CPU.

Das gleiche gilt für Web-Anwendungen und -Server. Normalerweise erzeugt ein Webserver für jede Benutzersession einen eigenen Thread, was bei Servern mit hoher Auslastung leicht zu vielen hundert gleichzeitigen Threads führen kann. Je mehr Kerne sich um diese Aufgaben gleichzeitig kümmern, desto flotter der Server.

Klimakollaps im Rechenzentrum

Nicht erst durch die explosionsartig gestiegenen Energiekosten wurde Energieeffizienz zu einem der beherrschenden Themen bei der Anschaffung von Servern und der Planung von Rechenzentren. Die rasant anwachsende Dichte von Servern ließ die Abwärme derart groß werden, dass die Kühlsysteme entweder Höchstleistung bringen – und somit selbst viel Energie aufnehmen – mussten oder gleich gänzlich überfordert waren.

Die leistungsfähigeren Multicore-Prozessoren schafften das Problem quasi über Nacht aus der Welt: Sie brachten ausreichend mehr Rechenleistung ins Data Center, ohne die Abwärme erheblich zu vergrößern. Zum Vergleich: Ein Single-Core-Xeon (Intel Potomac-4096) älterer Bauart (Netburst-Architektur) nahm bei einer Taktfrequenz von 2,83 GHz stolze 130 Watt auf. Ein moderner Dual-Core-Xeon (Intel Wolfdale, 3,16 GHz) begnügt sich trotz verdoppelter Kernanzahl mit nur 65 Watt – doppelte Rechenleistung bei halbierter Energieaufnahme.

Halbierte Geometrie

Intel Dunnington
Foto: Intel

Um überhaupt zwei Kerne auf so engem Raum unterbringen zu können, mussten die Entwickler vor allem die Struktrubreite der Chips verringern. Aktuelle Server-, Desktop- und Notebook-Prozessoren von Intel werden im 45-Nanometer-Prozess gefertigt (Netburst-Architektur: 90 Nanometer). Dadurch passen bis zu 820 Millionen Transistoren auf einen Quad-Core-Chip und bei gleichzeitig schrumpfenden Die (Kern) bleibt mehr Platz für Level-2- und Level-3-Cache auf dem Prozessor selbst. Das ist von großer Bedeutung, denn die Caches tragen entscheidend zur Performancesteigerung bei.

Wollte man mit den alten Single-Core-Prozessoren eine beträchtliche Leistungssteigerung erzielen, müsste ein zweiter Prozessor in den Server gesteckt werden. Die hierdurch entstehende Abwärme hätte jedes Kühlsystem in kürzester Zeit überfordert, von den hohen Hardwarekosten ganz zu schweigen. Wichtig: Die Liste der Vorher-Nachher-Vergleiche lässt sich beliebig fortsetzen und betrifft natürlich nicht nur Intel, sondern auch die unterschiedlichen x86-CPU-Architekturen von AMD.

Blades – klein, flach, stark

Blade Server von Fujitsu Siemens

Die Revolution durch die Mehrkern-CPUs ermöglichte auch eine andere Umwälzung: Denn ohne den rasanten Fortschritt bei der Prozessortechnik hätten die überaus beliebten Blade-Server sicherlich keine solche Erfolgsgeschichte schreiben können. Laut IDC wuchs der Blade-Server-Markt zwischen Ende 2006 und Ende 2007 um stolze 54 Prozent. Aufgrund ihrer kompakten Bauform sind Blades nicht in der Lage, massive CPU-Kühlvorrichtungen wie dicke, metallische Heatpipes und große Lüfter in ihrem Inneren zu beherbergen.

Prozessoren müssen sich also mit geringer Wärmeabgabe begnügen, um in die flachen Gehäuse zu passen, die gegenüber Rackservern einerseits bis zu 50 Prozent weniger Platz im Serverschrank beanspruchen, gleichzeitig aber aufgrund ihrer Architektur bis zu 40 Prozent weniger Energie aufnehmen. Denn das Blade-Konzept trennt die Bauteile der Server wie CPU, I/O-Schnittstellen, Storage und Energieversorung auf. Ein Blade bringt nur noch CPU, Hauptspeicher, Festplatten und eine Schnittstelle nach außen. Im eigentlichen Blade-Gehäuse finden sich dann die von allen Blades genutzten Netzwerkschnittstellen, Energieversorgungen und so weiter.

Der Einsatz von Blades rechnet sich laut Branchenverband Bitkom bereits ab zirka fünf Servern. Dann amortisieren die Einsparungen durch die geringeren Energiekosten die Ausgaben für Blades und dazugehörige Infrastruktur. Das Blade-Konzept hat durch die Einführung der Mehrkern-Prozessoren erheblich gewonnen, denn früher mussten sich die Server-Hersteller mit wenig energiehungrigen, gleichzeitig aber auch etwas schwachbrüstigen CPUs begnügen. Jetzt kitzeln sie hohe bis sehr hohe Rechenleistung aus den flachen Einschüben, ohne das Energie- und Lüftungskonzept ihrer Maschinen radikal verändern zu müssen.