Kleine und mittlere DV-Hersteller in Europa:

Marktbarrieren verringern Wachstumschancen

04.07.1986

DARMSTADT (pi) - Nicht Forschung und Entwicklung, sondern der Zugang zum Markt bereitet kleinen und mittleren Computerherstellern in Europa Schwierigkeiten. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die die Kommission der Europäischen Gemeinschaft (EG) bei dem Verband der europäischen informationstechnischen Industrie E.I.I.I. unlängst in Auftrag gab.

Anlaß für die Vergabe der Studie war die Besorgnis der EG-Kommission über die - im Vergleich zu den USA - nach wie vor relativ geringe Zahl kleiner und mittlerer DV-Unternehmen in Europa. Ferner sei trotz zufriedenstellenden Wachstums praktisch keine dieser Firmen im Verlauf der letzten zehn Jahre in die Gruppe der "Großen" vorgestoßen.

Im Verlauf der Studie wurden unter Federführung von Peter Dietz (Deutschland) knapp 60 Hersteller von Computersystemen und -peripherien sowie Software- und Systemhäuser in sieben EG-Mitgliedsstaaten besucht und befragt. Es handelte sich dabei überwiegend um Unternehmen in der Größenordnung zwischen 20 und 500 Mitarbeitern.

Nur zwölf Prozent der befragten Unternehmen sehen in Forschung und Entwicklung beziehungsweise im technologischen Standard ihrer Produkte ein größeres Problem. Dies wiederum stellt die Zweckhaftigkeit heutiger F&E-orientierter Förderungsprogramme der EG und ihrer Mitgliedsstaaten in Frage. Auch die in jüngster Zeit propagierte Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten ist für die DV-Anbieter weniger wichtig als erwartet. Trotz überwiegend guter Erfahrungen, die nahezu jedes zweite der befragten Unternehmen mit einer solchen Zusammenarbeit machte, wird ihr praktischer Nutzen eher gering eingeschätzt.

Kritik muß sich auch das öffentliche Beschaffungswesen gefallen lassen: 50 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnen ihre Geschäftsbeziehungen mit dem Staat zwar als "gut", werfen ihm jedoch häufig mangelnde Risikobereitschaft, geringen innovatorischen Gehalt der Projekte, Bevorzugung großer Unternehmen sowie einheimischer Lieferanten und unzugängliche Großprojekte für kleine Unternehmen vor.

Das wohl überraschendste Ergebnis der EG-Studie ergibt jedoch die Bedeutung, die die Befragten dem Zugang zum gesamteuropäischen Markt beimessen. 75 Prozent glauben, daß dies für die künftige Entwicklung ihrer Unternehmen eine wichtige Frage ist, und 95 Prozent sind überzeugt, daß ihre Produkte in anderen europäischen Ländern einen Markt finden könnten. Ebenso viele haben entweder aktiv oder fallweise den Versuch gemacht, über die Grenzen ihres Landes zu gehen, wobei die Suche nach geeigneten Vertriebspartnern - und nicht nach Partnern für gemeinsame Forschung und Entwicklung - im Vordergrund stand. Aber nur 22 Prozent sind mit dem Ausgang ihrer diesbezüglichen Bemühungen wirklich zufrieden: Die durchschnittliche Exportquote in europäische Länder beträgt gerade zwölf Prozent. Dies ist ein deutlicher Indikator dafür, daß der EG-Markt für informationstechnische Produkte stark segmentiert ist und daß hier ernsthafte Barrieren für die künftigen Wachstumschancen der Unternehmen liegen.

Die Studie offenbart allerdings auch Probleme, die in den Unternehmen selbst zu suchen sind: Schwierigkeiten im Management, unterentwickelte Produkt- und Marktfokussierung, Mangel an qualifizierten Mitarbeitern für Vertrieb und Marketing, unzureichende Kapitalisierung. Vor allem in der Bundesrepublik befragte Unternehmen gaben diese Schwierigkeiten freimütig zu.

Der Bericht, den die E.I.I.I. Anfang Juni der Kommission in Brüssel vorgelegt hat, enthält auch eine Reihe von Empfehlungen zur Beseitigung der Probleme. So wird hinsichtlich der öffentlichen Beschaffung zum Beispiel innovatives Verhalten als Stimulus von Projektmanagement-Firmen gefordert sowie Verfahren, die kleine und mittlere DV-Anbieter nicht mehr diskriminieren.

Für eine Schutzgebühr von 180 Mark ist diese Studie zur Situation kleiner und mittlerer Unternehmen der Informationstechnik in Europa z(...) beziehen bei Impuls, Julius-Reiber-Straße 17, 6100 Darmstadt, Telefon 0 61 51/8 29 21.