Markt der Netzausrüster

Markt der Netzausrüster 2005: Licht am Ende des Tunnels

14.10.2005 von von Bernd
Unter den Netzausrüstern macht sich vorsichtiger Optimismus breit. Grund zur Hoffnung geben mobile Datendienste, Breitbandanschlüsse und neue Services wie die Sprachübertragung über IP-Netze.

Willi Berchtold ist zufrieden: „Professionelle Anwender und Privatkunden in Deutschland investieren wieder in Hightech“, so der Vorsitzende des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) im Juni dieses Jahres. Der Aufwärtstrend in der IT- und Telekommunikationsbranche, der sich bereits Ende 2004 ankündigte, setzt sich fort. Der Verband geht davon aus, dass der Markt für Informations- und Telekommunikationsdienste und -ausrüstung im laufenden Jahr um 3,4 Prozent auf insgesamt 135,2 Milliarden Euro wächst.

Zu ähnlichen Resultaten kommt die Beratungsgesellschaft Detecon. Sie erwartet, dass der ITK-Gesamtmarkt in Deutschland von 126,3 Milliarden Euro (2004) auf 131,5 Milliarden zulegen wird. Rund 67 Milliarden entfallen davon auf den Bereich Telekommunikation. Das Geschäft mit Netzwerkinfrastruktur schlägt mit 8,9 Milliarden Euro zu Buche, etwa 2,3 Prozent mehr als 2004. Die Daten von Detecon beruhen auf eigenen Recherchen sowie den Zahlen der Marktforschungsinstitute IDC, Gartner und Pyramid Research. Zum Vergleich: In Westeuropa flossen 2004 nach Angaben des European Information Technology Observatory (Eito) 37,9 Milliarden Euro in den Ausbau der Daten- und Telekommunikationsnetze.

Auf einen niedrigeren Wert kommen mit drei Milliarden Dollar (umgerechnet etwa 2,5 Milliarden Euro) die Marktforscher von IDC. Sie fassen das Segment Netzausrüstung allerdings deutlich enger. So gingen in ihre Berechnungen Systeme und Endgeräte für UMTS- und Kabelnetze ein, zudem IP-Telefonanlagen, Router und Komponenten für Funknetze (Wireless LANs).

Mobilfunkdienste stark gefragt

Im Vergleich zu beiden Vorjahren gab es IDC zufolge 2004 bei den Netzwerkausrüstern auf den ersten drei Plätzen keine Veränderungen. Nach wie vor behauptet die amerikanische Firma Cisco Systems den ersten Rang, gefolgt von Lokalmatador Siemens sowie Ericsson. Nach Angaben von IDC verbuchte Cisco 2004 in diesem Marktsegment einen Umsatz von 1,07 Milliarden Dollar (880 Millionen Euro). Damit sicherte sich das Unternehmen etwa ein Drittel des Marktes. Siemens folgt mit rund 600 Millionen Dollar (490 Millionen Euro) mit deutlichem Abstand auf dem zweiten Rang.

Von der nach wie vor starken Nachfrage nach Systemen, die zum Aufbau von Mobilfunknetzen dienen, profitierte im vergangenen Jahr Ericsson.Die Schweden verdoppelten IDC zufolge den Umsatz innerhalb von zwei Jahren von rund 100 Millionen Dollar (2002) auf 196 Millionen Dollar (umgerechnet 166 Millionen Euro) im letzten Jahr. Ebenso wie Nokia, Lucent und Siemens, die ebenfalls die Mobilfunknetze von T-Mobile, Vodafone, E-Plus oder O2 mit Switches und Gateways ausstatten, kommt Ericsson die steigende Nachfrage nach Mobilfunkdiensten in Deutschland zugute. Der Umsatz mit solchen Services stieg Detecon zufolge von 21,2 Milliarden Euro im Jahr 2003 auf 23,1 Milliarden im vergangenen Jahr. Für 2005 erwartet die Beratungsgesellschaft ein Umsatzvolumen von 25,3 Milliarden Euro - ein Plus von 9,5 Prozent.

Positiv entwickelt sich vor allem die Nachfrage nach UMTS-Diensten (Universal Mobile Telecommunications System). Nutzten im vergangenen Jahr gerade einmal 250 000 Anwender die schnelle Mobilfunktechnik, verzeichnete alleine der Netzbetreiber Vodafone Ende Juni 2005 rund 530 000 Kunden. Ende des Jahres werden nach Schätzungen des Bitkom rund 2,5 Millionen Teilnehmer in Deutschland von dem Mobilfunknetz der dritten Generation Gebrauch machen.

Die Netzausrüster sehen diese Entwicklung mit Freude. Ericsson, Lucent und Nokia dürften zudem von einem weiteren Faktor profitieren: dem Umrüsten der UMTS-Netze auf „High Speed Downlink Packet Access“ (HSPDA). Mit dieser Technik können Mobilfunknutzer Videos, Fotos oder Spiele mit bis zu 1,8 Mbit/s herunterladen. Das konventionelle UMTS-Netz stellt Datenraten von 384 Kbit/s bereit. T-Mobile will bereits im Herbst Feldversuche mit HSPDA starten.

Im Gegensatz zu Ericsson und Siemens hat Cisco Systems im Bereich Mobilfunk wenig zu bieten.Wohl auch deshalb kursierten Mitte des Jahres Gerüchte, die US-Firma wolle Nokia übernehmen. Diese Spekulationen wies Cisco jedoch zurück. Doch auch ohne eigene Mobilfunksparte ist das Unternehmen aus Kalifornien auf dem besten Weg, klassischen Ausrüstern von Telekommunikationsnetzen wie Alcatel und Siemens stärker als bislang Konkurrenz zu machen. Der Grund: Der Trend weg von getrennten Telefon- und Datennetzen hin zu einer einheitlichen Kommunikations-Infrastruktur auf Basis des Internet Protocol (IP). Über diese werden nicht nur Daten wie E-Mails transportiert, sondern auch Informationen wie Sprache und Videos.

Unter den besten Adressen

Diese Konvergenz der Netze hat für die Betreiber den Vorteil, dass sie eine einheitliche Infrastruktur installieren können. Cisco kommt hier sein Know-how in IP-gestützter Kommunikation zugute. Die Firma ist nach wie vor unangefochtener Marktführer bei IP-Routern, die im Internet oder in Großfirmen eingesetzt werden. Auch als Lieferant von Switches,Wireless-LAN-Komponenten oder IP-Telefonanlagen für unternehmensweite Netze rangiert Cisco unter den besten Adressen in Deutschland.

Allerdings hat Cisco ein Problem: Als Anbieter von Vermittlungssystemen und Switches, die speziell in Telekommunikationsnetzen eingesetzt werden, hat sich das Unternehmen noch keinen Namen gemacht. Doch das könnte sich schnell ändern. Ab 2006 werden sich Cisco, Siemens, Ericsson und Co. auf neue Konkurrenten einstellen müssen, denn Netzwerkausrüster aus Fernost setzen zum Sturm auf den deutschen Markt ein. Firmen aus China wie Huawei und ZTE haben sich bereits in Afrika, Südamerika und Osteuropa etabliert. Nun wollen sie in Großbritannien, Frankreich und Deutschland Fuß fassen. Den chinesischen Firmen kommt dabei zugute, dass die Anbieter von Telekommunikationsservices dem wachsenden Kostendruck Tribut zollen müssen: Preiskämpfe, wie beispielsweise derzeit bei DSL-Diensten in Deutschland, zwingen die Deutsche Telekom und ihre Mitbewerber dazu, ihre Beschaffungspolitik zu überdenken.

Platzhirsche fürchten Konkurrenz

Das ist eine Chance für preisgünstigere Anbieter wie Huawei. „Was die Qualität der Produkte betrifft, stehen chinesische Netzausrüster Firmen wie Cisco, Siemens oder Alcatel in nichts nach“, sagt Bettina Tratz-Ryan von Gartner. Bislang profitierten die alteingesessenen Anbieter von zwei Faktoren: erstens den langjährigen guten Beziehungen zu den ehemaligen Monopolisten wie France Télécom, BT oder der Deutschen Telekom, zweitens von der Tatsache, dass sie spezielle Anforderungen ihrer Kunden erfüllen konnten, etwa in puncto Service oder technische Schnittstellen. Dennoch ist es Huawei gelungen, in Europa Fuß zu fassen, etwa als Lieferant von BT.

Auch die Deutsche Telekom betreibt Feldversuche mit Systemen der Chinesen. „Für Huawei ist einfacher, sich in einem Markt wie Deutschland zu etablieren, als beispielsweise in den USA“, so Tratz-Ryan. „In Nordamerika gibt es eine große Zahl lokaler Anbieter von Telekommunikationsdiensten. Hier zu Lande kann sich ein Netzausrüster dagegen auf die wenigen Großen im Markt konzentrieren, etwa die Deutsche Telekom oder Arcor.“ Die Platzhirsche im deutschen Markt werden sich somit auf harte Konkurrenz einrichten müssen.

* Der Autor BERND REDER ist freier Journalist aus München. [Bernd.Reder@Mnet-Online.de]