Erfahrungsbericht von M2Mobi

MariaDB als Alternative zu MySQL von Oracle

11.04.2013 von Ludger Schmitz
Ein Wechsel von der Datenbank MySQL auf MariaDB ist unproblematisch, reduziert den IT-Aufwand und eröffnet technisch neue Möglichkeiten. Diese Erfahrungen hat M2Mobi gemacht.

M2Mobi ist ein schnell wachsendes Amsterdamer Softwarehaus, das auf die Entwicklung von mobilen Applikationen für iPhones, Android- und andere Smartphones spezialisiert hat. Ein großer Auftrag des Flughafens Schiphol für ein neuartiges Passagier-Informationssystem war vor zwei Jahren Auslöser eines Umstiegs von der MySQL-Datenbank auf die Alternative MariaDB vom finnischen Anbieter Monty Program.

MariaDB ist ein relationales Open-Source-Datenbanksystem, das sich als Alternative zu MySQL anbietet.
Foto: MariaDB

Die Anwendung informiert Reisende nicht nur über dynamische Informationen wie Abflug- und Ankunftszeiten, sondern auch über statische Informationen wie beispielsweise Parkplätze und Sicherheitskontrollen. Um sie zukunftssicher zu halten, sollte sie überprüfen, ob ein Update der statischen Informationen zur Verfügung steht und dieses jeweils automatisch herunterladen. Normalerweise hätte das einer umfangreichen Logik in der Applikation selbst oder auf dem Backend-Server bedurft. Beides hätte die Weiterentwicklung der Applikation erschwert.

Die Lösung bot die Datenbank-Engine OQGraph, welche die unterschiedlichen Daten-Revisionen als Graph abspeichert. Dadurch lassen sich in der Datenbank selbst schnell und vor allem Ressourcen-schonend Upgrade-Pfade für die verschiedenen Anwendergeräte erstellen. Im Gegensatz zu MySQL ist OQGraph bei MariaDB bereits integriert, was es deutlich einfacher macht, die Engine zu installieren und zu warten.

Alter Code in neuen Schläuchen

Um nicht unterschiedliche Datenbanksysteme warten zu müssen, stellte M2Mobi sämtliche MySQL-Datenbanken auf MariaDB um und erfuhr dabei, dass der Fork, wie von Monty Program behauptet, tatsächlich ein "Drop-in-Replacement" des Oracle-Produkts ist. "Wir konnten die Datenbanken ohne irgendwelche Komplikationen an einem einzigen Tag austauschen", berichtet Heinz Wiesinger, Datenbankspezialist bei M2Mobi. "Unsere internen Programme und die Kundenapplikationen, auch die anspruchsvolleren, liefen ohne Code-Änderungen nach dem Wechsel weiter."

MariaDB wurde vom früheren MySQL-Entwickler Ulf Michael Widenius aus der Taufe gehoben.
Foto: Widenius

Die Integration von MariaDB in Admin-Umgebungen wie Nagios machte wegen des zu MySQL identischen Konfigurations-Setups keine Arbeit. Auch die Tools von dritten Anbietern funktionieren unverändert. "Für einen Datenbank-Administrator verursacht der Umgang mit MariaDB keinen Mehraufwand", urteilt Wiesinger. "Im Gegenteil: Einiges wird sogar leichter." So war es für M2Mobi wesentlich einfacher, auch die Storage-Engine Pinba zu installieren und zu warten. Dieser externe, nicht per Default in MariaDB oder MySQL enthaltene Datenbank-Kern sammelt statistische Informationen über Webseitenaufrufe, die sich per SQL abfragen und auswerten lassen.

Verwendete M2Mobi früher MySQL bis Version 5.1, so kommen heute MariaDB 5.2 und 5.3 zum Einsatz. Eine Konsolidierung auf Release 5.5 ist geplant. Die will M2Mobi wie schon bei der Migration ohne Hilfe von außen schaffen. Die Unterstützung aus der MariaDB-Community reiche bisher "mehr als genug für unsere Ansprüche", erklärt Wiesinger. Besonders schätzt der Datenbank-Spezialist den Bug-Tracker und das Help-Forum von MariaDB. Dort hinterlegen Anwender unter anderem ihre Feature-Requests, einige Anregungen kommen von M2Mobi. "Solche Wünsche führen recht schnell zu einer zumindest vorläufigen Lösung", berichtet Wiesinger. "Das Feedback, das ich bisher von den MariaDB-Entwicklern bekommen habe, war durchweg positiv."

Im Video: Einführung in NoSQL-Datenbanken

Zum Video: MariaDB als Alternative zu MySQL von Oracle

Kritik an Oracle

MariaDB bietet neue Eigenschaften, die Wiesinger nicht mehr missen möchte. "Diese Neuerungen betrachte ich als Erweiterungen, nicht als Abweichungen von der Stammdatenbank MySQL." Weil aber einige neue Features für MySQL nicht mehr kostenlos als Open Source zur Verfügung stehen, verbaue Oracle sich allenfalls die Möglichkeit, Anwender zu einer Rückkehr zu MySQL zu bewegen.

Daher hat der Datenbank-Spezialist von M2Mobi vor allem einen Wunsch an Monty Program: "MariaDB sollte so offen bleiben, wie es jetzt ist, also offene Diskussionen und informative und frühzeitige Informationen über die Funktionen künftiger Releases." Ein positives Zeichen sei, dass mit der soeben gegründeten MariaDB Foundation künftig ein breites Bündnis von Unternehmen und Entwicklern aus dem Umfeld dieser Datenbank, die Leitlinien ihrer weiteren Entwicklung bestimmen wird. Über die Zukunftssicherheit von MariaDB macht er sich auch deshalb keine Sorgen, weil das Produkt Open Source ist und notfalls ein anderer Hersteller den Quellcode weiter entwickeln könnte.

Noch mehr Gewissheit bringt dem Anwender jedoch der Umstand, dass Monty Program und das Supportunternehmen SkySQL die Weichen für die IT-Zukunft gestellt haben. Der erste Schritt war der Anschluss der NoSQL-Datenbank Cassandra an MariaDB. Damit lassen sich NoSQL-Informationen über das relationale System nicht nur einlesen, sondern auch operativ einbinden. Wiesinger prophezeit daher: "In Zukunft wird es wichtig werden, wie einfach man unterschiedliche Datenbanksysteme integrieren kann, wie viel Aufwand das von Admins und Entwicklern erfordert. Wirklich gute Datenbank-Spezialisten sind ohnehin jetzt schon schwer zu finden."

Verlagerung in die Cloud

Ein weiterer Meilenstein war, dass SkySQL kürzlich Produkte vorgestellt hat, mit denen MySQL- und MariaDB-Anwender ihre Datenbanken komfortabel in Cloud-Umgebungen verlagern und verwalten können. Noch benötigt M2Mobi diese Erweiterungsmöglichkeiten nicht, betrachtet sie aber als Option für künftige Projekte. Früher hätte das Unternehmen für einige Aufgaben selbst ein Rechenzentrum vorhalten oder anmieten müssen. Das ließe sich jetzt in der Cloud kostengünstiger machen.

Der M2Mobi-Datenbank-Spezialist Wiesinger zieht das Fazit aus aktueller Aufstellung und Perspektiven der Alternative zu Oracle: "MariaDB ist jetzt schon wesentlich besser, offener und zukunftsträchtiger als MySQL."