Fehleranfällig und möglicherweise verboten

Machen Sie sich mit "Blacklisting" strafbar?

03.11.2010 von Renate Oettinger
Viele Firmen und Privatanwender setzen E-Mails auf "schwarze Listen. Thomas Feil zeigt auf, ob dies sinnvoll ist - und ob der Gesetzgeber das überhaupt erlaubt.

Um des Spam-Aufkommens Herr zu werden, bedienen sich viele Unternehmen sogenannter DNS-Blacklists. Dazu werden die IP-Adressen der eingehenden E-Mails mit öffentlich zugänglichen Listen verglichen, die IP-Adressen enthalten, die durch die Verbreitung von SPAM-Mails aufgefallen sind. Bei einem Treffer wird die entsprechende E-Mail abgelehnt oder gelöscht.

Der Vorteil solcher schwarzer Listen ist, dass verdächtige E-Mails ressourcenschonend herausgefiltert werden können. Allerdings ist das Blacklisting-Verfahren auch fehleranfällig, sodass im Einzelfall auch "gute" E-Mails herausgefiltert werden. Dabei stellt sich die Frage, wie dieser Vorgang strafrechtlich zu beurteilen ist. In diesem Zusammenhang relevant sind § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB (Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses) und § 303a StGB (Datenveränderung).

Die Rechtslage

Mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug wird laut § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB das Unterdrücken einer einem Unternehmen zur Übermittlung anvertrauten Sendung bestraft. Demnach macht sich strafbar, wer unerlaubt eine E-Mail auf dem Posteingangsserver eines Unternehmens löscht und so dem Empfänger vorenthält. Das gilt grundsätzlich auch für "echte" Spam-Mails (vgl. Lackner/Kühl, StGB, § 206, Rn. 8). Bisher ungeklärt ist jedoch, ob auch das bloße Ablehnen einer E-Mail vor deren Übertragung auf den Posteingangsserver eine Strafbarkeit begründet.

Strategien gegen die E-Mail-Flut
Schreiben Sie weniger E-Mails
Jede geschriebene elektronische Nachricht provoziert eine oder mehrere Antworten. Weniger, dafür durchdachter und pointierter formulierte E-Mails rufen weniger Nachfragen hervor.
Formulieren Sie eine klare Betreffzeile
Eindeutige Betreffzeilen helfen allen. Der Empfänger weiß mit einem Blick, worum es geht, der Absender formuliert auch für sich selbst klar sein Anliegen.
Keine Kritik in einer E-Mail
Auch sachlich gemeinte Verbesserungsvorschläge kommen per E-Mail vermutlich falsch an. Das persönliche Gespräch schafft schneller Klarheit und ist in den meisten Fällen weniger verletzend.
Feste Lesezeiten einhalten
Deaktivieren Sie alle akustischen und optischen Signale für eingehende Nachrichten. Die erste Stunde am Morgen sollten Sie für wichtige Aufgaben verwenden und keinesfalls für scheinbar witzige Ketten-Mails von Kollegen. Idealerweise sollten Sie nur dreimal täglich Nachrichten lesen und beantworten.
E-Mails am besten gleich bearbeiten
Am effektivsten ist es, E-Mails nur dann zu lesen, wenn man auch zum Antworten kommt. Die "Sofort-Regel" spart Zeit.
Richten Sie ein Ablagesystem ein
Bearbeitete und beantwortete E-Mails sollten Sie möglichst sofort ablegen. Ins Posteingangsfach gehören nur neu angekommene und ungelesene Nachrichten.
Löschen Sie großzügig
E-Mails löschen wirkt befreiend, selbst wenn der Speicherplatz Ihres E-Mail-Accounts besonders groß ist.
Buchtitel: Wenn E-Mails nerven
Die Ratschläge wurden dem Buch "Wenn E-Mails nerven" von Günter Weick und Wolfgang Schur entnommen. (Zusammengestellt von Ingrid Weidner)

Eine abgelehnte E-Mail wird nicht vollständig auf den Posteingangsserver des Unternehmens heruntergeladen, sondern es werden regelmäßig nur die Adressdaten übertragen. Da der Inhalt des Dokuments noch nicht in dessen Machtbereich gelangt ist, kann dem Unternehmen die E-Mail noch nicht im Sinne der Strafvorschrift "anvertraut" sein. Daher ist eine Strafbarkeit in so gelagerten Fällen abzulehnen.
Gemäß § 303a StGB wird mit bis zu 2 Jahren Gefängnisstrafe bestraft, wer rechtswidrig Daten löscht oder unterdrückt.

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Wird eine E-Mail abgelehnt, kommt das "Unterdrücken" als Tathandlung in Betracht. Unterdrücken meint dabei, dass dem Berechtigten Daten entzogen werden (BT-Dr. 10/5058, S. 35). Da die E-Mail zum Zeitpunkt der Ablehnung aber noch nicht auf den Posteingangsserver des Unternehmens übertragen worden ist, liegt die Berechtigung weiterhin beim Absender. Wird die E-Mail jedoch zunächst heruntergeladen und anschließend gelöscht, ist zur Vermeidung einer Strafbarkeit die vorherige Einwilligung des Empfängers notwendig.

Bedeutung für die Praxis

Zur E-Mail-Filterung sollte stets das Einverständnis des Empfängers eingeholt werden. Wird eine E-Mail vor dem vollständigen Herunterladen lediglich abgelehnt, ist nach der hier vertretenen Auffassung eine Strafbarkeit nach den §§ 303a, 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB nicht begründet.

Kontakt:

Der Autor Thomas Feil ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Hannover. Tel.: 0511 473906-01, E-Mail: feil@recht-freundlich.de, Internet: www.recht-freundlich.de