Prozessautomatisierung enttäuscht

Lohnt sich Prozessautomatisierung?

09.11.2011 von Dirk Stähler  
Zwischen den Versprechen der Prozessautomatisierer und der Unternehmenspraxis klafft eine große Lücke.
Foto: James Steidl/Fotolia

Prozessautomatisierung hat es vom Hersteller- und Analystenthema in unser tägliches Leben geschafft. Zunehmend werden wir in verschiedensten Situationen mit automatisierten Prozessen konfrontiert. Die Bandbreite ist groß: Online-Banking, Online-Check-in, Online-Bestellungen, Self-Check-out, Self-Service-Stationen und viele weitere Beispiele sind heute schon Realität. Mit der Unfähigkeit, deutsche Bezeichnungen zu finden, scheint uns jedoch auch die kritische Auseinandersetzung mit der Praxistauglichkeit des digitalen Angebots abhanden gekommen zu sein. Unternehmen und Technologielieferanten verbreiten positive Meldungen über den Nutzen und Erfolg. Negative Auswirkungen automatisierter Geschäftsprozesse auf Unternehmen und Kunden werden aber häufig übersehen.

Die Anbieter propagieren ihre Offerten zur Prozessautomatisierung mit Mantra-artigen Argumenten und Versprechen, was Nutzen und Vorteile betrifft. Und doch bleiben Fragen: In welchen Bereichen ist Prozessautomatisierung hilfreich, und, viel interessanter, wo schadet sie?

Die drei Versprechen der Prozessautomatisierung

  • Flexibilitätsversprechen: Unter dem Flexibilitätsversprechen wird die Fähigkeit eines automatisierten Prozesses verstanden, auf geänderte Rahmenbedingungen und Anforderungen zu reagieren. Dabei bleibt die Struktur des implementierten Prozesses unverändert. Der Prozess ist lediglich in der Lage, aufgrund seiner Ausgestaltung individuell auf bekannte Ereignisse zu reagieren. Es handelt sich nicht um eine Anpassung der Implementierung, was von vielen Herstellern fälschlich als Flexibilität interpretiert wird (vgl. Plastizitätsversprechen). Aufgrund der unveränderten Implementierung bezeichnen wir das Flexibilitätsversprechen auch als "schwache" Ablaufveränderung.

  • Kostensenkungsversprechen: Unter dem Kostensenkungsversprechen wird die Fähigkeit eines automatisierten Prozesses verstanden, die Kosten der Bearbeitung einer Prozessinstanz im Vergleich zum nicht automatisierten Prozess zu senken. Die Betrachtung beschränkt sich häufig auf die Transaktionskosten des jeweiligen Prozesses. Eine Kostenbetrachtung der Auswirkungen automatisierter Geschäftsprozesse auf das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk erfolgt aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren meistens nicht.

  • Plastizitätsversprechen: Unter dem Plastizitätsversprechen wird die Fähigkeit verstanden, einen automatisierten Prozess in seiner Struktur zu verändern. Dabei wird der implementierte Ablauf des Prozesses neu gestaltet und/oder seine Beziehungen zu externen Prozessen verändert. Der Prozess ist dadurch in der Lage, auf neue, im alten Ablauf unbekannte Ereignisse zu reagieren. Es handelt sich um eine Anpassung der Implementierung. Aufgrund der veränderten Implementierung bezeichnen wir das Plastizitätsversprechen auch als "starke" Ablaufveränderung. Es verhält sich meistens gegenläufig zum Kostensenkungsversprechen.

1. Versprechen: Mehr Flexibilität

"Sie können keinen weiteren Koffer einchecken, da Sie bereits zwei Gepäckstücke aufgegeben haben", war die Antwort der Angestellten einer großen Fluglinie. Was war geschehen? Außer dem Versuch, einen Koffer für einen Flug aufzugeben, eigentlich nichts. Das machen wir alle regelmäßig und (nahezu) ohne Probleme. Der Prozess zur Beförderung von Fluggepäck ist standardisiert und funktioniert im Rahmen definierter Parameter reibungslos.

Was aber passiert, wenn es zu Abweichungen vom geplanten Prozess kommt? Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine gemeinsame Buchung dreier Fluggäste, die jedoch nicht gemeinsam am Check-in erschienen. Zunächst gaben zwei Passagiere zusammen je einen Koffer auf. Dabei merkte niemand, dass ihre Nachnamen im Alphabet hinter dem Nachnamen des noch fehlenden Kollegen lagen.

Das Computerprogramm nutzte zur Ausgabe der Gepäckidentifikation aber den ersten Namen aus dem Alphabet der Gesamtbuchung. Im Ergebnis führte das dazu, dass die Koffer auf den Namen des noch nicht anwesenden Passagiers eingecheckt wurden. Als dann wenige Minuten später dieser Reisende ebenfalls Gepäck aufgeben wollte, wurde er mit dem genannten Verdikt konfrontiert. Das sehr freundliche Personal am Schalter löste das Problem durch manuelle Eingabe.

Stellen Sie sich nun aber vor, sie stehen an einem der Check-in-Automaten, die auch Gepäck annehmen, und versuchen, das beschriebene Problem mit dem Computer zu diskutieren. Ich wette, da haben selbst Vielflieger mit Top-Meilenkarte nur eine geringe Chance. Außer, dass sie immer noch zum Business- oder First-Class-Schalter gehen können, an dem zumindest zurzeit noch Menschen sitzen.

Dieses Beispiel zeigt eine durch Automatisierung verursachte Einschränkung der Flexibilität eines wichtigen Prozesses im Unternehmen. Wir neigen dazu, Abläufe im Rahmen bekannter Randbedingungen linear fortzuschreiben. Bei der Überführung von Prozessen mit hohen Anteilen menschlicher Interaktion gerät unsere Vorhersagefähigkeit jedoch schnell aus dem Tritt. Um einen Geschäftsprozess zuverlässig zu automatisieren, benötigen wir detailliertes Wissen über sämtliche Zustände des Prozesses in Verbindung mit externen Einflüssen. Es ist offensichtlich, dass sich diese Transparenz nur bis zu einem bestimmten Punkt gewinnen lässt. Komplexe Abläufe können nicht darüber hinaus in allen Details prognostiziert werden.

Besonders eingängig hat Nassim Nicholas Taleb die Prognostizierbarkeit von Abläufen in seinem Buch "Der schwarze Schwan" (Hanser Verlag, München 2008) dargestellt. Demnach müsste man zur Berechnung des 56. Kugelkontakts im Lauf eines Billardstoßes jedes Elementarteilchen im Universum in seine Annahmen einbeziehen. Dabei handelt es sich bei einem Billardstoß doch "nur" um ein überschaubares System, von dem man annehmen könnte, alle Rahmenbindungen zu kennen beziehungsweise berechnen zu können.

Zum Autor

Dirk Stähler ist einer der führenden Experten für die ganzheitliche und innovative Gestaltung von Organisationen, Prozessen und IT-Systemen in Europa. Seine Mission ist es, die kreative Nutzung moderner Informationstechnologie in Unternehmen zu ermöglichen, Veränderungen zu planen und ihre Umsetzung zu begleiten. Aufgrund langjähriger Erfahrungen auf den Gebieten Enterprise-Architecture-Management (EAM) und Business-Process-Management (BPM) berät er nationale und internationale Unternehmen und Behörden. Dirk Stähler tritt regelmäßig als Autor von Fachbüchern und Artikeln rund um die methodischen und technologischen Herausforderungen einer modernen IT in Erscheinung. Neben seiner Arbeit als Berater und Autor spricht er (gerne auch mal kritisch) auf nationalen und internationalen Konferenzen.

Die Vorhersagbarkeit von Geschäftsprozessen ist ungleich schwerer, besonders wenn Menschen involviert sind. Wird bei der Automatisierung von Geschäftsprozessen der Rahmen dessen, was prognostizierbar ist, verlassen, erhöht sich die Flexibilität nicht mehr. Vielmehr kommt es zu einem gegenläufigen Effekt. Die Nutzer derart automatisierter Prozesse werden gezwungen, einem vorgegebenen Ablauf zu folgen, unabhängig davon, ob er ihren individuellen Ansprüchen genügt oder nicht.

Schlussfolgerung 1: Automatisieren Sie keine Prozesse, in denen individuelle menschliche Interaktionen erforderlich werden, die Sie nicht kennen. Es reicht bereits die Unsicherheit hinsichtlich der Vollständigkeit des Prozesses, um eine Automatisierung mit größter Vorsicht zu betrachten. Die Automatisierung ausschließlich im Hintergrund ablaufender Prozesse ohne extern induzierte unerwartete Ereignisse ist dagegen risikoarm. Das ist zum Beispiel die Erstellung der monatlichen Stromrechnung beim Energieversorger oder die Verteilung von Stammdaten auf Computersysteme in einem Rechnernetz. Interessanterweise stellt das den ältesten Bereich der Prozessautomatisierung dar - es grüßt die Batch-Verarbeitung.

Sollten Sie nicht in der Lage sein, alle wesentlichen Ereignisse innerhalb eines Prozesses zu beschreiben, dann verzichten Sie lieber auf die Automatisierung. Wenn Menschen in komplexe Prozesse involviert sind, ist das häufig der Fall. Dann erfüllt sich das Marketing-Versprechen der Prozessautomatisierer erst durch den Verzicht auf ihre Lösungen. Wo erforderlich, erreichen Sie echte Flexibilität mit gut ausgebildeten und improvisationsfähigen Mitarbeitern. Auf die Frage, wie man die wesentlichen Ereignisse erkennt, gibt es leider keine allgemeingültige Antwort und schon gar keine mathematische Formel. Mein Rat lautet: Wenn Sie Prozesse automatisieren wollen, dann lassen Sie sie von den ältesten und erfahrensten Mitarbeitern in ihrem Unternehmen definieren.

2. Versprechen: Weniger Kosten

Weil Unternehmen ihre Kosten senken wollen, übt die Möglichkeit der IT-gestützten Prozessautomatisierung starken Reiz auf sie aus. Die Ergebnisse haben wir als Konsumenten in den letzten Jahren zu spüren bekommen. Reiseunternehmen, Banken, Versicherungen und viele andere nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung. Wesentliche Arbeitsanteile wurden dabei auf uns Kunden übertragen. Wir geben Überweisungen selbst in Banksysteme ein, wir buchen Flüge und checken ein, wir bedienen die Kasse im Supermarkt, wir beschaffen unsere Medikamente online und vieles mehr. Dafür mussten Prozesse so weit vereinfacht werden, dass jeder sie in eigener Regie ausführen kann. Im Ergebnis führte das zu einer Normierung auf niedrigem Niveau.

Den Unternehmensstrategen hätte dabei eigentlich klar sein müssen, dass die Vereinfachung der Prozesse am Ende bei allen Anbietern zu vergleichbaren Ergebnissen führt. Automatisierung hat somit dazu beigetragen, dass sich die Differenzierungsfähigkeit zwischen Unternehmen reduziert. Aus Kundensicht hat das eine Zunahme ähnlicher Angebote bei immer geringeren Wechselkosten zur Folge.

Die emotionale Verbundenheit mit dem Anbieter sinkt. Individuelle Such- und Normierungskosten für einen Wechsel sowie vertraglich bestehende Bindungen sind das einzige, was einem Anbieter noch einen gewissen Schutz bietet. Solche Mechanismen zur Verhinderung eines Wechsels sind jedoch negativ besetzt und bieten aus Sicht des Kunden keinen Vorteil. Kommt es im automatisierten Prozess zu einer schlechten Erfahrung, ist der Kunde mit hoher Wahrscheinlichkeit verloren. In automatisierten Prozessen ist dieses Risiko erhöht, da keine individuelle Reaktion durch einen geschulten Mitarbeiter möglich ist.

Betrachten wir als Beispiel den Online-Händler Amazon. Dessen gesamter Geschäftsprozess ist darauf ausgelegt, jeden Menschenkontakt im Kaufprozess zu vermeiden. Aufgrund des hohen Automatisierungsgrades betragen die Kosten des Kundenservice nur rund einen Prozent des Umsatzes. Nach einer Untersuchung von Jeffrey Rayport aus dem Jahr 2005 operieren andere Online-Händler im Durchschnitt mit dem zehnfachen Anteil. Angesichts dieser Zahlen kann man im Bereich des Kundenservice ohne Einschränkung davon sprechen, dass Amazon das Kostensenkungsversprechen realisieren konnte. Kommt es aber zu Problemen im Kaufprozess, steht Amazon-Kunden auch ein teilautomatisierter Service zur Verfügung. Dies trifft vor allem dann zu, wenn man bei einem Drittanbieter kauft, der über Amazon vermarktet.

In einem Fall wurde über einen Amazon-Partner ein Laptop-Akku bestellt. Dem Käufer fiel nicht auf, dass die Lieferung aus dem außereuropäischen Ausland erfolgen sollte und zusätzliche Zollgebühren anfallen würden. Der Zoll stoppte die Lieferung, bis die zusätzlichen Gebühren beglichen waren. Da der Besteller diese Gebühr nicht übernehmen wollte, wurde die Lieferung zurückgesendet. Jetzt ist es wichtig zu wissen, dass Amazon die Kommunikation mit Drittanbietern aus Gründen der Anonymisierung über die eigene Website abwickelt. Anbieter und Käufer kennen ihre E-Mail-Adresse nicht direkt. Die Bemühungen, den bereits entrichteten Kaufpreis vom Drittanbieter zurückzuerhalten, führten zu einer geradezu kafkaesken Situation. Der Vorgang endete damit, dass der Kunde aufgab und den bereits entrichteten Betrag abschrieb. Erst nach mehreren Wochen kam es doch noch zu einer unerwarteten Rückerstattung.

Nicht zu beantworten ist an dieser Stelle die Frage, ob Kostenvorteile, die auf die Automatisierung zurückzuführen sind, eventuelle Umsatzverluste durch enttäuschte Kunden aufwiegen.

Auch die Deutsche Post liefert ein Beispiel für das Kostensenkungsversprechen. In Deutschland betreibt das Unternehmen rund 2500 Packstationen. Jede von ihnen ist ein Wunderwerk der Automatisierung. Schätzen wir einmal die Investitionen der Post auf zirka 30.000 Euro pro Packstation, so würde sich alleine für die lokale Infrastruktur ein Aufwand von 75 Millionen Euro ergeben. Interessant ist, dass man selbst nach intensiver Suche keine Zahlen über den wirtschaftlichen Erfolg der Packstationen findet. Lediglich auf den verringerten CO2-Ausstoß der Auslieferungsfahrzeuge wird hingewiesen. Demnach entfielen im Jahr 2009 den Angaben der Verantwortlichen zufolge 280.000 überflüssige Zustellungskilometer. Rechnet man unter Berücksichtigung der durchschnittlich zu erwartenden Anschaffungskosten eines Auslieferungsfahrzeugs mit Kosten von etwa einem Euro pro Transportkilometer, erhält man eine eingesparte Summe von zirka 280.000 Euro pro Jahr.

Auch wenn diese Zahlen auf einer stark vereinfachten Schätzung basieren und weitere Größen wie zum Beispiel Lohnkosten nicht berücksichtigt werden, fällt doch bereits eine erhebliche Lücke auf. Die Reduzierung der Transportkilometer kann nicht die alleinige Begründung für die Installation der Packstationen liefern. Es müssen Ersparnisse an einer anderen Stelle gelingen oder in Aussicht stehen. Ich überlasse es dem Leser, die weitere Entwicklung der Paketauslieferung in Deutschland inklusive der Reaktion der Wettbewerber zu prognostizieren.

Schlussfolgerung 2: Vertrauen Sie den Kostensenkungsversprechen einer Prozessautomatisierung nur dann, wenn Sie in der Lage sind, den wirtschaftlichen Nutzen und das Risiko im Ganzen zu bewerten. Dazu gehört neben einer Betrachtung der Kostenvorteile aus dem automatisierten Prozess auch die Berücksichtigung versteckter quantitativer und qualitativer Auswirkungen, die mitunter in keinem direkten Zusammenhang zum automatisierten Ablauf stehen. Wenn Sie die Gesamterträge und -kosten nicht bewerten können, ist es in der Regel besser, diesen Geschäftsprozess zunächst nicht zu verändern und erst einmal für ein besseres Gesamtverständnis zu sorgen. Oft entstehen durch Automatisierung unvorhergesehene Effekte außerhalb des betrachteten Prozesses, die nur schwer zu beherrschen sind.

3. Versprechen: Höhere Plastizität

Foto: Fotolia/Norbert Zeller

Gerne werden Lösungen zur Automatisierung von Geschäftsprozessen mit dem Argument einer hohen Plastizität verkauft. Häufig wird diese fälschlich als Flexibilität bezeichnet. Demnach sind automatisierte Geschäftsprozesse einfach zu verändern. Das soll sowohl interne als auch externe Prozesse betreffen, also Abläufe, in die Partner eingebunden sind. Auf dieses Argument stößt man durchgängig von der abstrakten Beschreibung der Geschäftsprozesse bis zur informationstechnischen Implementierung.

Kunden machen sich in der Folge zu wenige Gedanken über die Pflege und Anpassung einer implementierten Lösung mit all den möglicherweise auftretenden Unsicherheiten. Sie kalkulieren lediglich einen festen Satz für zukünftige Anpassungsaufwendungen. Dieser Faktor ist aber kaum auszurechnen, da man nicht weiß, welche Anpassungen am Ende erforderlich sein werden. Bei vielen automatisierten Geschäftsprozessen ist die angestrebte Lösung nur scheinbar flexibel. Die realen Kosten in Folge von Veränderungen zeigen sich erst im Lauf der Zeit.

Eine stabile kaufmännische Kalkulation ist also kaum möglich. Dieser Punkt wird umso bedeutender, je komplexer die zu implementierende Lösung ist. Die Kosten für einen potenziellen Wechsel zu einem anderen Technologieanbieter ist nahezu unmöglich. Je weiter die Integration der automatisierten Geschäftsprozesse reicht, desto stärker wird sich ihre Plastizität einschränken.

Schlussfolgerung 3: Erwarten Sie nicht, dass die Automatisierung dazu führt, dass Prozesse einfacher und schneller an grundsätzlich veränderte Gegebenheiten anpassbar sind. Haben Sie zusätzlich viele Prozesse mit vormaligen Anteilen menschlicher Interaktion automatisiert, wird eher das Gegenteil der Fall sein. Je stärker und tiefer Sie Ihre Geschäftsprozesse automatisieren und damit dem direkten Zugriff einer individuellen menschlichen Interaktion entziehen, desto aufwändiger wird jede Anpassung. Das plastischste Werkzeug, das wir zur flexiblen Gestaltung von Geschäftsprozessen haben ist das Gehirn unserer Mitarbeiter.

Fazit

Die Erfahrungen meiner Kunden mit automatisierten Prozessen lassen mich in einigen Fällen an deren Sinn zweifeln. Insbesondere bei Prozessen mit direktem Kundenkontakt stellt sich die Frage, ob nicht einige Unternehmen über das Ziel hinausgeschossen sind. Wenn ein automatisierter Prozess nicht mehr flexibel auf individuelle Situationen reagieren kann, Kostenvorteile durch undurchsichtige Abläufe bei Problemen verloren gehen, komplexe Verknüpfungen im Geschäftsmodell erschwert werden und notwendige Anpassungen aufgrund steigender Änderungskosten nicht erfolgen, gefährdet der Anbieter seine Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb sollte die Automatisierung zunächst immer nur dort erfolgen, wo sie zu 100 Prozent ohne menschliche Interaktion gekapselt werden kann oder (fast) alle Ereignisse im Prozess vorhersehbar sind.

Geschäftsprozesse mit einem hohen Anteil individueller menschlicher Interaktionen sind im Regelfall zu komplex, um flexibel, kostengünstig und plastisch mit den heute verfügbaren IT-Lösungen bearbeitet zu werden. Das gilt besonders bei der Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse und Fehlerfälle. Meine Prognose ist, dass wir in den kommenden Jahren bei manchen kundennahen Prozessen eine Rückkehr zur menschlichen Bearbeitung sehen werden. (hv)