Lagerwirtschaft bei Noerpel

Logistiker müssen schnell reagieren

19.11.2008 von Frank Rudat
Logistik-Dienstleister Noerpel kann mit seiner neuen Lagerwirtschaft individuelle Workflows für jeden Kunden einrichten.

Flexibilität ist in der Speditionsbranche Trumpf: Von Kunde zu Kunde variieren die Anforderungen. Doch jeder verlangt die passenden Logistik-Dienstleistungen zügig und zuverlässig. Deshalb sind Infrastruktur und Know-how bei der C. E. Noerpel Logistik GmbH + Co. KG, die Schlüssel zum Geschäft. Die gezielte Nutzung aktueller Technologien und leistungsfähiger Informationssysteme hätten eine herausgehobene Bedeutung, bekräftigen die Verantwortlichen für den Geschäftsbereich Logistik. Die Fähigkeit, auf Kundenanforderungen schnell zu reagieren, werde immer wichtiger.

Zum Unternehmen

Das 1881 gegründete Traditionsunternehmen C. E. Noerpel Logistik GmbH + Co. KG mit Sitz in Ulm beschäftigt über 500 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2006 einen Umsatz von rund 107 Millionen Euro. In Ulm, Ravensburg, Kempten und Passau hält die Firma knapp 90.000 Quadratmeter Logistikfläche bereit. Am Hauptstandort betreibt Noerpel ein Rechenzentrum, als Plattform dienen unter anderem Systeme der IBM i-Series. Im neu errichteten Hochregallager in Ulm sind 48 Regale mit 24 Gängen zu verwalten.

Der Einsatz an vier Standorten sowie fünf Nebenstandorten - alle sind an das zentrale Rechenzentrum in Ulm angebunden - bildete die Voraussetzung für die Auswahl einer neuen Softwarelösung für Warehouse-Management. Als wichtigste Grundanforderungen nennt IT-Leiter Arnold Ottenbreit neben einer flexiblen und leistungsfähigen Führung der Geschäftsprozesse die Integration in die bestehende Systemlandschaft: "Wir wollten ein System, mit dem wir die Logistikprozesse optimal abbilden und durch eine dynamische Leitstandsfunktionalität zeitnah auf aktuelle Ereignisse reagieren können, um Lieferbereitschaft und Durchsatz auf höchstem Niveau zu gewährleisten". Die Auswahl fiel auf LFS 400 vom Experten für Warehouse-Logistik Ehrhardt + Partner in Boppard.

Wettbewerbsposition verbessern

Mit der neuen Software sollte in erster Linie die Wettbewerbfähigkeit des Unternehmens gesteigert werden. Erreicht hat dies Noerpel durch die Integration sowohl mit externen als auch internen Applikationen, besonders dem ERP-System von SAP, sowie eine optimale Abbildung der vorhandenen Prozesse. Als weitere Pluspunkte nennt das Logistikunternehmen die Erhöhung des Lagerdurchsatzes, die Verbesserung der Lieferbereitschaft und die Optimierung der Fahrwege mit Senkung der Durchlaufzeiten sowie der Produktionskosten. "LFS 400 wird heute von 30 kaufmännischen und 85 gewerblichen Nutzern an unseren verschiedenen Standorten eingesetzt, an Endgeräten vom PC bis zu Staplerterminals und Geräten zur mobilen Datenerfassung", erklärt der IT-Leiter.

Flexible Workflows für die Kunden

Die Flexibilität, die auch den Kunden des Unternehmens zugute kommt, zeigt sich den Anwendern zufolge im Einrichten individueller Abläufe durch einen jeweils eigenen Workflow. So wurde beispielsweise für Britax, einen Hersteller von Kindersitzen, eine integrierte Versandabwicklung geschaffen. Ein Bestandteil ist die automatische Zusammenstellung von Aufträgen. Deren Kern bilden so genannte "Lokomotiven" in Form eines identischen Artikels oder einer kompletten Palette. Alle anderen Stücke werden dem Auftrag nur noch zugeordnet, so dass dieser einfach und rasch zu erledigen ist.

Gardena und Noerpel tauschen Daten für Lagerprozesse in Echtzeit aus.
Foto: Noerpel

Für den Kunden Gardena, der kürzlich seine Logistik in die Tochtergesellschaft "Hortus GmbH" ausgegründet hat, war es erforderlich, die Auslagerung zu optimieren, mit Zeitfenster und Priorität als Richtwerten. Noerpel hat in diesem Fall eine Lieferung "just in time" zu erfüllen. Dafür ist ein effizientes Lager mit möglichst wenig Gangwechseln erforderlich. Zur erforderlichen Optimierung trägt eine automatisierte Palettenverwaltung bei, die bereits bei der Einlagerung die voraussichtliche Entnahmeabfolge berücksichtigt. Für ein reibungsloses Zusammenspiel der Logistiksysteme zwischen Kunde und Noerpel werden Daten in Echtzeit durch direkte Datenbankzugriffe über Transfertabellen ausgetauscht. "Auf den entsprechenden Knopfdruck durch den Kunden Gardena wird von LFS 400 die richtige Palette aus dem Hochregal gefahren", beschreibt IT-Leiter Ottenbreit das System.

Um die Prozesse jedes einzelnen Kunden im Workflow anzupassen; wird im Lagerführungssystem jeweils ein Mandant zugeordnet. So lassen sich Abläufe zügig einrichten, auch unter Benutzung von Vorlagen. Beispielsweise können passende Bausteine von bestehenden Kunden auf neu anzulegende übertragen werden, so dass Workflows in der Lagerführung sehr zügig abgebildet werden können. Diese Templates bringen eine deutliche Zeitersparnis bei der Anlage von Neukunden und dem jeweils erforderlichen Customizing. Dies ist umso wichtiger, als von der Einlagerung bis zu Auslagerung oder Versand viele verschiedene Möglichkeiten bestehen, die Abläufe zu kombinieren. "Die Übertragung der Einstellungen ist ein wesentlicher Faktor zur Erhöhung der Effizienz", erläutert Ottenbreit. Kundenbezogene Dienstleistungen werden auf diese Weise von der Software individuell unterstützt, ob es sich in dem einen Fall um die Verfolgung des Sendungsverlaufs oder in einem anderen um die Veredelung von Produkten handelt, wie die Bestückung elektronischer Geräte mit Komponenten im Auftrag eines Kunden.

Als wichtigen Effekt neben Kostenreduktionen und Effizienzgewinnen registriert Noerpel seit der Einführung des Systems vor allem die Zunahme des Knowhow zu Lagerhaltung und Logistik beispielsweise wenn neue Kundenprofile mittels des Informationssystems umzusetzen sind. So programmiert Noerpel selbst Schnittstellen zum Datenaustausch mit Kunden, zum Beispiel zur Statistik, zu Kennzahlen, zur Verlade-Scannung oder zur DFÜ-Onlineanbindung an andere Host-Systeme über Konverter in verschiedenen Datenformaten. Neben dem methodischen hält das Unternehmen so das technische Wissen bereit, um neue Anforderungen umzusetzen. Dies schlägt sich auch in Beratungsleistungen nieder, etwa wenn gemeinsam mit dem Kunden vor Beginn des Projektes festgelegt wird, auf welchem Weg die Anforderungen am besten zu realisieren sind. Weitere Beispiele sind neben der Optimierung der Lagerstrategien der Einsatz neuer Technologien wie die Sprachsteuerung für eine verbesserte Kommissionierung ("pick by voice") oder die mobile Datenübermittlung zur automatisierten Steuerung der Stapler. Dabei gibt die Software vor, wie die Aufträge abzuarbeiten sind. Auf Basis von Zielzeitpunkt, Priorität und Entfernung des Staplers werden Gewichtung und Reihenfolge der Aufträge ermittelt.

Das Ergebnis sind weniger Gangwechsel und kürzere Wege der Stapler, indem etwa Ein- und Auslagerungen miteinander kombiniert werden. Produktionsaufträge und Direktabholungen haben generell Vorrang gegenüber dem Versand. Auch hier geht die zentrale Steuerung für die Optimierung mit der erforderlichen Flexibilität einher, indem das System spontane Palettenübernahmen sofort registriert.

Kosten werden transparenter

Mit der neuen Lagerwirtschaft lassen sich Noerpel zufolge die vorhandenen Ressourcen effizienter auslasten.
Foto: Noerpel

Neben den Vorteilen im Betrieb der neuen Lagerwirtschaft sehen die Verantwortlichen von Noerpel weiteren Nutzen in der verbesserten Kostentransparenz. Darüber hinaus lassen sich die vorhandenen Ressourcen effizienter ausnutzen. Dies gilt für deren Einsatz und Auslastung wie auch für die Planung. So lässt sich das Transportleitsystem optimal einsetzen, da das Warehouse Management vorab ermittelt, wann und in welchem Umfang es benötigt wird. Die Anwender heben außerdem die Zuverlässigkeit der Logistiklösung hervor, die durch den Einsatz eines Produktiv- und eines Backup-Systems in Verbindung mit einem Hochverfügbarkeitscluster nahezu 100 Prozent erreicht.

Noerpel zufolge lassen sich die Anforderungen der meisten Kunden mit den im Standard enthaltenen Funktionen beziehungsweise durch eigene Anpassungen abbilden. Das Unternehmen erwartet, dass neue Technologien, etwa im Bereich RFID (Radio Frequency Identification), die bereits vorhandene Flexibilität weiter fördern. Damit sieht sich das Familienunternehmen gerüstet, um seine Geschäftsmodelle mit den sich wandelnden Anforderungen auch in der Zukunft weiter zu entwickeln. (ba)