SAP, Sage, CSS und Wilken

Lösungen für das Liquiditäts-Management

24.04.2009 von Frank Niemann
Eine Reihe von Softwareherstellern hat ihre Produkte mit neuen Funktionen für die Liquiditätsüberwachung ausgestattet.

Für viele Firmen geht es in der Krise nicht mehr um nette Softwarefunktionen und moderne Oberflächen, sondern darum, die Finanzbasis über IT-Systeme zu steuern und den Betrieb am Laufen zu halten. Softwarehäuser bieten schon eine Weile Tools für Liquiditätsplanung und -Management an. Manche verfeinern ihre Produkte nun. Einen Einführungsbeitrag ins Thema finden Sie hier.

Zu diesen Herstellern zählt das Softwarehaus Sage in Frankfurt am Main, das unlängst die Funktion "Liquiditätsbetrachtung" der für mittelständische Unternehmen gedachten Standardsoftware "Office Line" erweitert hat. "Wenn ein Auftrag da ist, ermitteln wir, wann für diesen Geld reinkommt. Das findet noch vor der eigentlichen Buchhaltung statt", erläutert Eckhardt Weinholz, der bei Sage für das ERP-Paket verantwortlich ist. "Die Daten werden abgegriffen, sobald sie bekannt sind, nicht erst, wenn sie gebucht werden." Auch Bestellungen, für die der Lieferant noch keine Rechnung gestellt hat, lassen sich dabei berücksichtigen.

Grundlegende Methoden zur Liquiditätsplanung beherrschen ERP- und Rechnungswesenspezialisten bereits seit einiger Zeit. Neu an der Sage-Lösung ist, dass die integrierte Komponente nun auch die Personal- und Sachkostenplanungen eines Unternehmens automatisch mit berücksichtigen kann. Manager sollen damit in der Lage sein, anhand der Lohnkosten von 2008 die Kostenstrukturen für 2009 vorherzusagen und in die Finanzplanung sowie in die Liquiditätsübersicht einfließen zu lassen. Es gehe Weinholz zufolge nicht darum, neue Datenquellen zu schaffen, denn die Buchhalter haben hier meist gute Vorarbeit geleistet. Vielmehr sollen die Ergänzungen es erlauben, bestehende Informationsquellen leichter zu integrieren und daraus Hochrechnungen zu erstellen. Mit Einzelauswertungen sei das zwar möglich, aber ungleich schwieriger.

Prognosen über schlechte Zahlungsmoral

Nicht nur das volatile Geschäftsumfeld macht Firmen zu schaffen, sondern auch die schlechte Zahlungsmoral mancher Kunden. Analysemethoden sollen künftig das Zahlungsverhalten vorhersagen. Aus historischen Daten prognostizieren einige Programme, wann mit einem Zahlungseingang zu rechnen ist. Wenn ein Abnehmer bisher durch spätes Begleichen seiner Rechnungen aufgefallen ist, wird er sein Verhalten vermutlich beibehalten. Im "Liquiditäts-Management" von Wilken aus Ulm können Firmen darüber hinaus nicht automatisch ableitbare Zahlungen etwa aus Lastschriften von Kunden berücksichtigen.

Die Software Liquiditätsbetrachtung von Sage berücksichtigt auch Bestellungen, für die der Lieferant noch keine Rechnung gestellt hat.

Laut Herstellerangaben kann im Wilken-System im Gegensatz zu einer rein aufwands- und ertragsbezogenen Darstellung der Sachkontenwerte (etwa in der Gewinn- und Verlust- oder der Kostenrechnung) auf Basis der Daten des Liquiditäts-Management eine zahlungsbezogene Darstellung je Sachkonto erfolgen. Anwender würden so pro Sachkonto ersehen können, wie viel Geld wirklich geflossen ist. "Je nach Branche sind spezielle Ausgangsdaten einzubeziehen. So sind bei Energieversorgungsunternehmen etwa die Abschlagzahlungspläne der verschiedenen Kundentarife Grundlage für die Prognose der Zahlungseingänge. Bei Krankenkassen hingegen leiten sich die Zahlungseingänge aus der Versichertenstruktur und der Grundlohnsumme ab. In Handelsunternehmen wiederum reicht es, auf dem Forderungs- und Auftragsbestand aufzusetzen", erläutert Jörn Struck, Leiter Produkt-Mangement beim Ulmer Softwarehaus. Das Modul ist Teil der Finanz- und Rechnungswesensoftware von Wilken. Zahlungsausfälle lassen sich jedoch auch mit solchen Prognosewerkzeugen kaum vermeiden. Es empfiehlt sich daher, die Bonität von Kunden zu prüfen, bevor man ihnen Ware überlässt.

Welche Rechnungen sind im Umlauf?

Der Rechnungswesen- und Controlling-Spezialist CSS hat für das Produkt "eGecko" ein integriertes Rechnungseingangsbuch gebaut. Auf diese Weise sollen Firmen die im Umlauf befindlichen Rechnungen leichter im Überblick behalten. Am Posteingang lassen sich damit Lieferantenrechnungen mit Angaben zu Betrag und Fälligkeit vorerfassen und stehen somit ganz am Anfang in der Liquiditätsanalyse zur Verfügung, so der Hersteller.

Darüber hinaus lassen sich offene Posten unterschiedlichen Gruppen zuordnen, etwa insolventen oder schlechten Zahlern. Der Vorteil: Diese Posten fließen nicht oder nur anteilig in die Liquiditätsvorschau ein. Ferner kann der Anwender für einen Einzelposten ein geplantes Zahldatum vergeben, wodurch Vereinbarungen mit dem jeweiligen Kunden oder Lieferanten unabhängig von der tatsächlichen Zahlungskondition berücksichtigt werden.

Währungsrisiken und Rohstoffpreise

Ist es schon schwer genug, in einem mittelständischen Unternehmen die Zahlungsströme im Blick zu halten, potenziert sich das Problem noch in international aufgestellten Konzernen. Sie müssen beim Liquiditäts-Management auch Währungsrisiken und Daten etwa über die Entwicklung der internationalen Rohstoffpreise berücksichtigen.

Der Rechnungswesenanbieter Varial wertet im Cash-Manager auch Daten von Drittsystemen aus.

Liquidität mit Hilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen wie Excel zu überwachen ist in Konzernen verbreitet, aber schwierig. Ein weit verzweigtes Unternehmen hat allerhand zu tun, um zu kontrollieren, woher Geld kommt, wohin es fließt und bei welchen Banken in welchen Ländern es welche Guthaben hat. Das Softwarehaus SAP hat für solche Organisationen das Zusatzpaket "Best-run Now" zusammengestellt. Damit sollen Nutzer von SAP ERP und der Business Suite ihre Zahlungsfähigkeit sicherstellen können. Ferner seien sie in der Lage, Risiken aus Währungs- und Rohstoffpreisschwankungen zu verringern. Aus ihren SAP-Systemen sollen Anwender die erforderlichen Daten einsammeln und auswerten können. Nach Überzeugung von Jim Daddario, Director Solution Marketing für SAP ERP Financials, können SAP-Nutzer so eine Menge Zeit sparen. Der amerikanische Manager war früher selbst Cash-Manager bei einer Bank und hat da so Einiges erlebt: "Bis zu 80 Prozent meiner Arbeitszeit habe ich damit verbracht, die erforderlichen Daten zu sichten und zu sortieren."

Mit dem Liquiditäts-Management-Produkt könnten Konzerne ermitteln, welche Zahlungseingänge von internationalen Kunden in welchem Monat und unter welchem Währungseinfluss zu erwarten sind. Große Firmen unterhalten eine Abteilung für das Cash-Management, die ständig damit beschäftigt ist, Geldflüsse zu überwachen und Engpässe zu vermeiden. Das bedeutet nicht nur, die Kosten im Griff zu haben, sondern für erforderliche Investitionen die finanzielle Basis zu gewährleisten. Erschwerend hierbei: Internationale Firmen unterhalten weltweit Bankverbindungen. "Cash-Verantwortliche müssen trotzdem wissen, wie viel Geld sie derzeit zur Verfügung haben und wo auf der Welt es sich gerade befindet", so Daddario.

Schutz vor Bankpleiten

Liquiditätsvorschau des Rechungswesen- und Controlling-Systems eGecko von CSS.

Nach SAP-Angaben gestattet das Zusatzpaket es Unternehmen zudem, Gelder auch unabhängig von Banken innerhalb einer Firmengruppe zu verschieben. Wenn ein Unternehmen einen hohen Betrag auf dem Konto der Hausbank in Japan liegen hat und eine umfangreiche Rechnung in Großbritannien bezahlen muss, kann es eine Weile dauern, bis das eine Geldhaus die Mittel an die für die britische Niederlassung zuständige Bank übermittelt hat. Zudem ist die Transaktion Währungsrisiken ausgesetzt, und es fallen dafür Gebühren an. Statt jede Niederlassung die eigenen Bankverbindungen unterhalten zu lassen, können Anwender mit der SAP-Software von der Firmenzentrale aus - quasi als "Inhouse-Bank" - das Geld an die Filialen verteilen. Ein solches Vorgehen gestattet laut Daddario eine bessere Kontrolle der Geldflüsse. Ferner lasse sich so das Risiko umgehen, dass eine in finanziellen Schwierigkeiten steckende Bank das eigene Geschäft des Kunden gefährdet, sei es durch Insolvenz oder durch das Kappen der Kreditlinie.

Ein zusätzliches SAP-Werkzeug namens "Credit Risk Analyser" soll helfen, die Engagements in potenziell gefährdeten Banken gering zu halten ("Kontrahentenrisiko").

Treasury-Management in komplexen Konzernen

An Konzerne richtet sich auch das in Graz beheimatete Softwarehaus Ecofinance. Es bietet innerhalb des Treasury-Systems "IST" ein Modul zur Liquiditätsplanung, mit der Unternehmen mittel- und langfristig eine kontenunabhängige Finanzplanung vornehmen können sollen. Cashflow-Daten importiert die Software aus anderen ITS-Modulen und Vorsystemen der dezentralen Konzerngesellschaften. Laut Hersteller lassen sich dabei komplexe Unternehmensstrukturen mehrstufig konsolidieren. Dies schließe eine automatische Umrechnung auf die Konzernwährung ein. Das Ist-Modul "Konzern Cash Management" eigne sich dazu, die Liquidität kurzfristig zu steuern.

Lösungsanbieter

  • Zu den Anbietern von Liquiditätsplanungs- und -Management-Werkzeugen zählen Rechnungswesenspezialisten wie Beispielsweise Diamant Software, CSS, Varial und SoftM. Sie verfügen über Schnittstellen zu ERP-Systemen. Diese ist erforderlich, um Auftrags- und Angebotsbestände abzurufen.

  • Einige Hersteller von ERP-Software nutzen Rechnungswesensoftware von Entwicklungspartnern (etwa AP AG, Infor und Psipenta), andere verfügen über eigene Module (unter anderem SAP, Oracle, Proalpha, Abas, IFS und Microsoft). Bei letzteren fällt es nach Ansicht von Manfred Brinkmann, Controlling-Experte beim Beratungshaus MQ Result, dem Anwender tendenziell leichter, auf die erforderlichen ERP-Daten zuzugreifen, weil weniger Schnittstellen zu bedienen sind.

  • Darüber hinaus bieten Spezialisten für Business-Intelligence-Lösungen wie etwa Orbis, Cubeware oder Corporate Planning entsprechende Werkzeuge an. Sie adressieren dabei vor allem Firmengruppen, die vor der Aufgabe stehen, sich aus einzelnen Gesellschaften mit unterschiedlichen Systemen eine Gesamtsicht zu erstellen. Der "CP Cash Manager" von Corporate Planning beispielsweise lässt sich Herstellerangaben zufolge in gängige Finanzbuchhaltungen oder andere Vorsysteme einbinden. Daten lassen sich über CSV-Dateien oder direkt aus einer Datenbank (per ODBC, OLEDB) importieren.