Axel Oppermann, Experton Group

Lizenz-Management - sieben Fragen, sieben Antworten

17.08.2009 von Martin Bayer
Seit Jahren mahnen Experten und Branchenbeobachter ein besseres Lizenz-Management in deutschen Unternehmen an. Lesen Sie, wie es aktuell um das Thema bestellt ist.

Jahr für Jahr investieren die Unternehmen hierzulande Milliardenbeträge in Softwarelizenzen. Umso erstaunlicher ist es, wie schwer sich die Verantwortlichen mit dem Lizenz-Management tun. Axel Oppermann, Software- und Lizenzexperte der Experton Group, gibt Auskunft darüber, welchen Stellenwert das Lizenz-Management aktuell in den deutschen Führungsetagen einnimmt.

Lesen Sie mehr zum Thema Lizenz-Management:

Frage 1

Kümmern sich die Firmen mittlerweile aktiver um das Thema Lizenz-Management oder wird dieser Bereich nach wie vor eher stiefmütterlich behandelt?

Immer mehr Anwenderunternehmen beschäftigen sich mit dem Thema Lizenz-Management. Eine hohe Dynamik ist insbesondere bei Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitsplätzen feststellbar. Getrieben wird dies - neben finanziellen Motiven - durch die wachsende Komplexität des Themas. Die neuen Herausforderungen liegen in der Virtualisierung, der Einbindung von On-demand-Lösungen und einem Exit-Management, sowohl bei On-demand-Lösungen als auch bei On-premise-Lösungen.

Frage 2

Wie groß schätzen Sie das Einsparpotenzial ein?

Die Einsparpotenziale variieren je nach Reifegrad (Maturity Level) des Anwenderunternehmens. Sie liegen zwischen 15 und 30 Prozent der Aufwendungen für Software. Dabei ist zu beachten, dass sich die Vorteile aus mehreren Komponenten zusammensetzen: Einerseits sind es direkte Kostenvorteile, die sich aus niedrigeren Beständen oder optimierten Einkaufspreisen ableiten lassen. Anderseits sind es Vorteile, die durch das Management der Lizenzen oder eine konsolidierte IT-Landschaft entstehen.

Der individuelle Reifegrad beziehungsweise das Leistungsniveau des Lizenz-Managements lässt sich in vier bis fünf Stufen einteilen: Die Segmente reichen von Ad-hoc-orientierten Basismodellen bis hin zu einer auf die Geschäftsprozesse und -bedarfe ausgerichteten Abbildung des Lizenz-Managements in nahezu Echtzeit. Bei dem Basisniveau sind in der Regel keine Prozesse definiert. Das Lizenz-Management wird ad-hoc gesteuert und der Output hängt stark vom einzelnen Know-how-Träger ab. In der obersten Stufe werden die Prozesse kontinuierlich und systematisch auf Grundlage von Metriken optimiert.

Frage 3

Wie beurteilen Sie die Fehl-Lizenzierung in deutschen Unternehmen?

Hier sind grundsätzlich zwei Aspekte zu berücksichtigen: Dazu zählen die Bereiche "Piraterie" - also in der Regel eine absichtliche Fehl-Lizenzierung - und eine durch organisatorische Strukturen gegebene Fehl-Lizenzierung. Die "Piraterierate" liegt in Deutschland laut Studien der Business Software Alliance (BSA) konstant und regelmäßig bei 27 Prozent - und damit unter dem westeuropäischen Schnitt (33 Prozent). Hierbei handelt es sich um bewusstes Umgehen der Schutzrechte der Hersteller.

Organisatorische Unter- oder Überlizenzierung ist oftmals auf nicht vorhandenes Wissen über die tatsächlichen Bedarfe an Software und die Möglichkeiten des Lizenz-Managements zurückzuführen. Grund hierfür ist noch immer die schwierige Positionierung des Themas gegenüber der Geschäftsführung. Auch spielen persönliche Gründe bei einer eher passiven Herangehensweise an das Thema Lizenz-Management eine entscheidende Rolle. So gehen Betroffene oft von persönlichen Restriktionen oder Vorwürfen gegen die eigene Person aus.

Frage 4

Was gehört zu einem funktionierenden Lizenz-Management?

Ein funktionierendes Lizenz-Management beginnt bei der Bedarfsplanung und endet mit der Verwertung der Lizenzen am Ende der Einsatzdauer im Unternehmen. Ausgangspunkt sollte immer eine an den Geschäftsbedürfnissen ausgerichtete Bedarfsplanung sein. Ohne eine solche sind alle weiteren Schritte Makulatur. Ein weiteres wichtiges Element ist die Compliance-Prüfung. Hier wird untersucht, ob der technische mit dem kaufmännischen Bestand identisch ist. Dies ermöglichen Instrumente des Managements und der Verwaltung von Lizenzen, beispielsweise interne oder externe Audits und Lizenz-Reviews. Vervollständigt wird das Lizenz-Management durch ein Vertrags-Management, in welchem alle eigentums- und/ oder vertragsrechtliche Parameter erfasst werden.

Ferner gehört ein grundsätzliches Verständnis für das Thema Lizenz-Management zu einem funktionierenden Modell. Im Mittelpunkt steht hierbei die Erkenntnis, dass Lizenz-Management ein fortlaufender Prozess ist, der in einem Modell Menschen, Techniken und Prozesse vereinigt.

Frage 5

Welche Rolle spielt die Lizenzpolitik der Softwarehersteller?

Die Hersteller sind daran interessiert, eine optimale Wertschöpfung bei den Anwendern abzugreifen. Um dies zu erreichen, unterstützen sie die Anwender beim Lizenz-Management. Neben Anleitungen und Modellen bieten Sie direkt - oder indirekt über Partner - Schulungen an. Hierdurch erzielen beziehungsweise suggerieren sie Vorteile für beide Seiten.

Dennoch sind und bleiben die Lizenzmodelle sehr komplex und benachteiligen die Anwender in einigen Bereichen. So richten sich einige Lizenzbestimmungen klar gehen liberale oder offene Wirtschaftsmärkte. Exemplarisch sind hier Auslandszuschläge oder Einschränkungen bei der Verwertung zu benennen.

Frage 6

Inwieweit werden neue Softwarenutzungsmodelle wie SaaS und Cloud Computing das Lizenz-Management in der Zukunft beeinflussen?

Die neuen Softwarenutzungsmodelle erweitern das Entscheidungsportfolio der Anwenderunternehmen. Durch SaaS-Lösungen gewinnen die Anwender Flexibilität beim Einsatz von Software. Der Preis hierfür sind komplexere organisatorische Rahmenparameter, wenn gemischte Umgebungen aus Softwareservices und gekauften Lizenzen verwaltet werden müssen. Für Unternehmen mit einem funktionierenden Lizenz-Management überwiegen jedoch die Vorteile. Für alle Anwender gilt dabei aber, die Verträge aktiv zu managen. So müssen Laufzeiten oder Kündigungsfristen genauso exakt verwaltet werden, wie Zugriffs- und Nutzungsrechte im Unternehmen.

Frage 7

Wie schwierig ist es für Anwenderunternehmen, heterogene Landschaften aus On-premise und Off-premise-Lösungen unter dem Aspekt Lizenz-Management in den Griff zu bekommen?

Die Herausforderung für das einzelne Unternehmen hängt vom individuellen Reifegrad beziehungsweise Leistungsniveau im Bereich des Lizenz-Managements ab. Für Unternehmen, die Prozesse und Kompetenzen im klassischen On-premise Bereich klar definiert haben, ist das Management von heterogenen Landschaften wesentlich leichter zu bewerkstelligen als für Unternehmen, die auf Ad-hoc-Ansätze setzen. Da heterogene Landschaften zukünftig zur Tagesordnung gehören werden sowie Off-premise-Lizenzen auch oftmals nicht über die IT-Abteilungen sondern durch die Fachbereiche beauftragt werden, gilt es, frühzeitig Prozesse zu definieren, um das Lizenz-Management im Griff zu behalten.