Linux: "Risiken bestehen"

26.01.2005 von Thomas Feil
Aus patentrechtlicher Sicht besteht ein Risiko beim Einsatz von Open-Source-Software. Bereits heute können Computerprogramme Patente verletzen. Dieses Risiko existiert allerdings auch für proprietäre Software. Da der Patentinhaber allein befugt ist, das Patent zu verwenden oder das Nutzungsrecht weiterzugeben, kann er gegen jeden Nutzer vorgehen, der dieses Recht verletzt. Der Programmanwender kann aufgrund von Patentverletzungen plötzlich mit Unterlassungs- sowie Schadensersatzansprüchen oder gar strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert werden.
"Ob der Softwareanbieter Urheberrechte verletzt hat, kann der Kunde zumeist nicht beurteilen." (Thomas Feil)

Häufig wird die Behauptung aufgestellt, die Wahrscheinlichkeit, in einen Patentverletzungsprozess verwickelt zu werden, sei gering. Diese pauschale Bewertung lässt sich ebenso wenig belegen wie der Hinweis, dass der Einsatz quelloffener Software immer patentrechtlich gefährlich ist. Letztendlich muss jedes Unternehmen für sich eine Risikoabschätzung vornehmen. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Der Satz gilt indes nur, wenn der Gefahr mit innerbetrieblichen Schutzmechanismen begegnet wird. Dazu gehört zuerst die Frage, ob - und wenn ja, welche - Open-Source-Software im Unternehmen eingesetzt wird. Der Einsatz ist dann juristisch zu bewerten. Mit den jeweiligen Lieferanten quelloffener Software sollte geklärt werden, welche Schutzmaßnahmen gegen Patentverletzungen getroffen wurden. Ein vollständiger Schutz ist dies nicht, aber eine erhebliche Risikominimierung.

Nicht nur das Patentrecht führt zu juristischen Risiken beim Einsatz von Open-Source-Software. Die Entscheidung des Landgerichts München zur Wirksamkeit der General Public License (GPL) vom 19. Mai 2004 (Az.: 21 O 6123/04) verdeutlichte, dass der Einsatz quelloffener Software auch aus anderen Gründen rechtlich nicht ungefährlich ist.

Ein Hauptverantwortlicher für die Programmentwicklung war gegen ein Unternehmen gerichtlich vorgegangen, das Netzprodukte vertreibt. Zu einem Router hatte der Anbieter eine Firmware zum Download angeboten, die im Objectcode ein Open-Source-Produkt enthielt. Die Entwickler hatten das Open-Source-Projekt unter die General Public License gestellt, der Anbieter der Netzprodukte diese Lizenzbedingungen aber weder beachtet noch auf die GPL hingewiesen. Das Gericht verpflichtete den Anbieter zur Beachtung der GPL.

Ob der Softwareanbieter Urheberrechte verletzt hat, kann der Kunde zumeist nicht beurteilen. Der Nutzer muss für sich selber sorgen und auch zum Schutz vor Urheberrechtsverletzungen die beschriebenen innerbetrieblichen Schutzmechanismen installieren.

Sorgloser Umgang mit Lizenzen

Urheberrechtsverletzungen sind möglich, wenn mit den Lizenzbedingungen der Open-Source-Software sorglos umgegangen wird. Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen ein Unternehmen können die Folge sein. Aber auch der gerichtlich durchsetzbare Zwang, aufgrund der Open-Source-Lizenzbedingungen den Quelltext ursprünglich proprietärer Software zu veröffentlichen, hat für den Programmnutzer eine Brisanz. Die Vielzahl der unterschiedlichen Lizenzen für Open-Source-Software verstärkt die Gefahr für die Unternehmenspraxis.

Neben den Risiken, die durch eine entsprechende innerbetriebliche Organisation verringert werden, bleiben die klassischen urheberrechtlichen Gefahren. Lizenzverstöße können deshalb sowohl zivile als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Bei der rechtlichen Bewertung sind allerdings viele Einzelfragen im Zusammenhang mit Open Source noch ungeklärt. Beispielsweise ist die Feststellung einer klaren Urheberschaft in der Praxis schwierig oder das Zusammenspiel der gesetzlichen urheberrechtlichen Regeln mit den zum Teil aus anderen Rechtskreisen stammenden Lizenzbedingungen unklar. Diese Unklarheiten wirken sich auch auf die Vertragsgestaltung aus. Hier besteht ein weiteres Risiko für die Unternehmen.

Bei vielen Programmnutzern und ebenso bei vielen Anbietern erfolgt zurzeit keine juristische Bewertung und Begleitung des Einsatzes von Open-Source-Software. Ein solches Verhalten ist risikobehaftet.