Platz 1 beim Database-Award - Landesbetrieb Hessen-Forst

Lichtung im digitalen Wald

17.06.2010 von Holger Eriksdotter
Nur noch eine Datenbank, Integration Der Landesbetrieb Hessen-Forst ist der Gewinner des Database Awards. Vergeben wurde die Auszeichnung für eine Anwendung zur Holzerfassung und -vermarktung, die auf einer Oracle-Datenbank basiert. Damit ist jetzt nicht nur eine Echtzeitverarbeitung möglich geworden, sondern auch die Anbindung an das Geo-Informationssystem des Landesbetriebs.
"Mit der alten Lösung konnten wir zentrale Daten der Holzverarbeitung und Kundeninformationen nicht mehr zeitgerecht verarbeiten", sagt Stephan Karger, Sachgebietsleiter Fachverfahren und Datenbanken beim Landesbetrieb Hessen-Forst.

Es gibt ihn noch, den Förster, der im grünen Anzug mit Jagdhund und Flinte in den staatlichen Wäldern nach dem Rechten sieht. Auch der Waldarbeiter, der mit Axt und Motorsäge Bäume fällt, ist aus dem Wald nicht wegzudenken. Aber aus den einst beschaulichen Staatsforsten sind längst moderne Betriebe geworden, die vielfältige Aufgaben erfüllen: Von der Vermarktung des Holzes und Wildbrets, über den Naturschutz und Dienstleistungen für private Waldbesitzer, bis hin zum Bildungsauftrag im Naturschutz und hoheitlichen Aufgaben reicht das Tätigkeitsfeld der Förstereien. Ohne moderne Datenverarbeitung kommt auch der Revierförster heute nicht mehr aus.

Echtzeitbetrieb plus Geo-Informationen - das Video zum Erfolgsprojekt

Beim Landesbetrieb Hessen-Forst sorgen neben der zentralen SAP-Lösung des Landes Hessen seit vielen Jahren selbst entwickelte forstwirtschaftliche Spezialanwendungen für die Abwicklung des Geschäfts. Jetzt hat die hessische Forstverwaltung die Kernanwendung Holzerfassung und -vermarktung (HEV) auf eine zentrale Oracle-Datenbank umgestellt. Damit wurde neben einem Echtzeitbetrieb auch die Anbindung an das Geo-Informations-Systems des Landesbetriebs möglich.

Der Landesbetrieb Hessen-Forst verwaltet 342.000 Hektar Staatswald und bewirtschaftet als Dienstleister weitere 430.000 Hektar private und kommunale Waldfläche. Allein im hessischen Staatswald werden jährlich 1,7 bis 2,1 Millionen Festmeter Holz geschlagen. Insgesamt erwirtschaftet der Landesbetrieb mit 2500 Mitarbeitern einen jährlichen Umsatz von etwa 200 Millionen Euro.

Seit 1999 lief die HEV-Anwendung dezentral in den damals 94 hessischen Forstämtern und speicherte alle Daten in lokalen Installationen von Gupta-SQLBase. Damit waren aber keine forstamtsübergreifenden Auswertungen möglich. Mit nächtlichen Replikationsläufen wurden deshalb die Daten aller Dienststellen zusätzlich in einer zentralen Oracle-Datenbank konsolidiert. Bis zur Zusammenlegung der Datenbanken im Rechenzentrum der Hessischen Zentrale Datenverarbeitung (HZD) in Wiesbaden im Jahr 2003 hatten sich rund 80 GB an Daten angesammelt, die sich nach dem neuen Strukturkonzept von Hessen-Forst nun auf 41 Forstämter und rund 440 Revierförstereien verteilten.

Die Replikationslösung stieß immer öfter an ihre Grenzen. Bei der Submission etwa, einer Art Holzversteigerung, bei der zum Stichtag die Umschläge mit allen bis dahin eingegangenen Angeboten der Kunden gleichzeitig geöffnet und erfasst werden müssen, kam es regelmäßig zu Performance-Problemen. Zudem dauerten die Replikationsläufe bei zunehmenden Datenvolumen immer länger. Das größte Problem war jedoch, dass es manchmal bis zu zwei Tagen dauerte, bis veränderte Stammdaten auf alle Förstereien verteilt waren.

Geo-Informations-System nun integrierbar

Auch genaue Informationen der Standorte lassen sich im neuen System zentral erfassen.

Zudem erwies es sich, dass sich die dezentrale Lösung nicht in das Geo-Informations-Systems integrieren ließen. "Mit der alten Lösung konnten wir zentrale Daten der Holzverarbeitung und Kundeninformationen nicht mehr zeitgerecht verarbeiten", blickt Stephan Karger, Sachgebietsleiter Fachverfahren und Datenbanken beim Landesbetrieb Hessen-Forst, zurück. Deshalb fiel die Entscheidung, die Applikation für Holzerfassung und -vermarktung komplett auf eine zentrale Datenbank umzustellen.

Statt wie früher auf 94 lokale Datenbanken greifen die forstwirtschaftlichen Anwendungen heute nur noch auf eine einzige zentral gemanagte Oracle-Datenbank zu. Vereinfacht wurde die Datenbankkonsolidierung durch den Einsatz der "Virtual private Database"-Funktion von Oracle. Diese macht es möglich, dass allein durch das Berechtigungskonzept, das zudem um eine Single-Sign-On-Lösung ergänzt wurde, die einzelnen Förstereien und Forstämter nur auf dem jeweils eigenen Datenbestand arbeiten, ohne dass die lokalen Anwendungen grundsätzlich verändert werden mussten. "Allerdings war es wegen des anderen SQL-Dialekts nötig, alle SQL-Statements in der Applikation und den Berichten anzupassen", sagt Projektleiter Karger.

Der echte 24-Stunden-Betrieb ohne Wartungsfenster bedeutet einen erheblichen Gewinn für die Geschäftsabläufe. Und auch bei den Logistik-Prozessen für die Abfuhr der geschlagenen Stämme aus dem hessischen Forst hat sich einiges verändert: Der Revierförster erfasst die Menge und den Standort der Holzpolter inklusive der GPS-Daten in einem mobilen Erfassungsgerät. Die HEV-Anwendung errechnet danach Abfuhrpläne, die exakte Angaben zum Anfahrtsweg und etwaige Einschränkungen für die Abholfahrzeuge enthalten. Gerade bei den nicht-öffentlichen Waldwegen sind die Holzpolter sonst von Ortsunkundigen kaum aufzufinden. Früher hatte der Revierförster die Abfahrtsrouten per Hand in eine Karte eingezeichnet.

Im Wald kennzeichnen Forstbeamte die Baumstämme. Die GPS-Daten werden später in die zentrale Datenbank eingegeben.

Bereits in der Planung ist die Ergänzung der Anwendung um eine landesweite Bürgschaftsverwaltung, als nächstes soll der Verkauf stehender Bäume unterstützt werden. Dabei haben Projektverlauf, Migration und Betrieb der Lösung die Erwartungen des Sachgebietsleiters übertroffen. Er hat das Projekt nicht nur im angepeilten Zeitrahmen abgeschlossen, sondern konnte das Projektbudget von 1.200.000 Euro mit veranschlagten 1400 Aufwandstagen Euro und inklusive aller Migrations-, Consulting- und Lizenzkosten für fünf Jahre um fast 10 Prozent unterschreiten.

1,2 Millionen € veranschlagt, 10 Prozent gespart

Besonders freut er sich über die vollkommen reibungslose Umstellung auf das neue System: "Als die Mitarbeiter von Hessen-Forst am Tag der Ablösung wie gewohnt weiterarbeiteten, gab es für sie nur zwei Änderungen. Die Anwendung lief schneller als bisher und dank der integrierten Single-Sign-on-Lösung mussten sich die Benutzer nicht mehr separat bei HEV anmelden", blickt Karger zurück.