Strategischer Rückzug

Lenovo konzentriert sich wieder auf China

06.02.2009
Der viertgrößte Computerhersteller der Welt, Lenovo, kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Der chinesische Endanwender gilt wieder als die Lösung der aktuellen Probleme.
William 'Bill' Amelio hatte wenig Fortune an der Spitze des PC-Bauers Lenovo.
Foto: Lenovo

Vier Jahre nach der Übernahme der Computersparte von IBM hat die Weltwirtschaftskrise dem Traum des chinesischen Erfolgsunternehmens Lenovo von einer internationalen Expansion einen schweren Dämpfer verpasst. Mit einem Verlust von 96,7 Millionen US-Dollar im dritten Geschäftsquartal verkündete Lenovo eine Wende zurück zu der chinesischen Führungsmannschaft, die das Unternehmen einst groß gemacht hat. Der 65-jährige Firmengründer Liu Chuanzi kehrt zurück als Vorstandsvorsitzender. Unternehmenschef Yang Yuanqing (44), der mit dem Heimatmarkt China bestens vertraut ist, ersetzt den glücklosen amerikanischen Geschäftsführer und früheren Dell-Manager Bill Amelio, der nach drei Jahren seinen Hut nehmen muss.

Lenovo will sich damit wieder stärker auf China ausrichten, wo sein Geschäft auch besser läuft. Immerhin trägt "Greater China" mit Festlandchina, Hongkong und Taiwan mit 45 Prozent zu seinen Einnahmen bei. "In dieser entscheidenden Zeit wollen wir unserem China-Geschäft besondere Aufmerksamkeit zollen", sagte Liu Chuanzi. "Es ist das Fundament unserer globalen Geschäftstätigkeit und Wachstumsstrategie." Außer auf China, wo Lenovo Marktführer ist, will sich Lenovo auch auf Schwellenländer wie Indien, Russland und Brasilien konzentrieren.

Die globale Finanzkrise trifft Lenovo besonders hart, weil viele seiner Kunden in Übersee Unternehmen sind, die in der Krise als erstes ihre Ausgaben für Informationstechnologie kürzen. Lenovo will sich nun direkt den Verbrauchern zuwenden. Auch wird kräftig gespart. Im Januar hatte das Unternehmen bereits eine Umstrukturierung und die Entlassung von elf Prozent oder 2.500 seiner Beschäftigten weltweit verkündet. Nur in China soll niemand vor die Tür gesetzt werden.

Rückbesinnung auf Kernfähigkeiten

Während der Umsatz im dritten Geschäftsquartal per Ende Dezember weltweit um 20 Prozent fiel, ging der Lenovo-Absatz in China nur um ein Prozent zurück, obwohl die PC-Verkäufe in China insgesamt sieben Prozent einbüßten. Damit stieg Lenovos Marktanteil auf seinem Heimatmarkt noch um 1,8 Punkte auf 30,5 Prozent. In den USA und Europa wolle Lenovo zwar seine Position verteidigen, dürfe aber in seinem wichtigsten Markt China nicht Anteile verlieren, mahnte der alte und neue Lenovo-Chef Liu Chuanzhi, der das Unternehmen 1984 gegründet und unter dem Namen Legend groß gemacht hatte. Lenovo gehört heute der Legend-Holding, deren Vizevorsitzender Liu Chuanzhi ist.

International sieht das Bild schon länger weniger rosig aus. Seit der Übernahme von IBM ist Lenovo weltweit hinter Dell und HP von Platz drei auf vier abgerutscht und musste seinem taiwanesischen Rivalen Acer Platz machen, der mit billigen kleinen Netbooks erfolgreiche kostenbewusste Verbraucher ansprechen konnte. Statt ähnlich innovative Produkte auf den Markt zu bringen, war Lenovo - vielleicht stärker als erwartet - damit beschäftigt, seinen Markennamen auch international bekanntzumachen und zwei grundverschiedene Firmenkulturen zusammenzubringen. So gibt es heute immer noch zwei Lenovo-Zentralen in Peking sowie in Raleigh im amerikanischen Bundesstaat North Carolina.

Die globale Finanzkrise machte die Träume vom internationalen Aufstieg erstmal zunichte und erfordert eine Rückbesinnung auf die Kernfähigkeiten des Unternehmens. "Lenovo ist der führende PC- Hersteller in China", sagte der neue Geschäftsführer Yang Yuanqing. "Wir haben unseren Erfolg in China herangezogen und unsere Strategien für den internationalen Markt entwickelt." Er vertraue darauf, dass Lenovo mit diesen besonderen Fähigkeiten auch in schwierigen Zeiten in China und in den Schwellenmärkten wachsen könne. (dpa/ajf)