Studie von Crisp Research über die Digital Leader

Leadership im digitalen Zeitalter

30.01.2016 von Heinrich Vaske
Führungskräfte unterschiedlicher Branchen und Betriebsrößen sind sich nicht einig darüber, was der digitale Wandel für ihr Unternehmen bedeutet. Eine Marktanalyse zeigt, dass nicht nur diese Einschätzungen divergieren, sondern auch die Zuständigkeiten unklar sind.

Mithilfe des Kasseler Beratungs- und Analystenhauses Crisp Research hat sich Dimension Data Deutschland daran gemacht herauszufinden, wie es hierzulande um die "Digital Leadership" bestellt ist. Interviewt wurden 503 Business- und IT-Entscheider unterschiedlicher Branchen und Unternehmensgrößen. Die Ergebnisse sind ernüchternd. So glaubt nur die Hälfte, dass die digitale Transformation für das eigene Unternehmen größere Relevanz hat. 18 Prozent der Befragten sehen ihr Unternehmen gar nicht, und 31 Prozent nur schwach betroffen.

Leadership im digitalen Zeitalter
Studie von Crisp Research über die Digital Leader
Führungskräfte unterschiedlicher Branchen und Betriebsrößen sind sich nicht einig darüber, was der digitale Wandel für ihr Unternehmen bedeutet. Eine Marktanalyse zeigt, dass nicht nur diese Einschätzungen divergieren, sondern auch die Zuständigkeiten unklar sind.
Stichprobe: Unternehmensdaten
Bei der Untersuchung wurde eine Stichprobe von 503 Business- und IT-Entscheidern ausgewertet. Die untersuchten Unternehmen verteilen sich auf neun Branchen ...
Wie viele Mitarbeiter sind in IhremUnternehmen beschäftigt?
... und vier Größenklassen.
In welchem Land befindet sich der Hauptsitz des Unternehmens?
Die Studie konzentriert sich auf den deutschsprachigen Raum, das heißt Deutschland, Österreich und Schweiz (DACH).
Wie alt ist die Belegschaft Ihres Unternehmens im Durchschnitt?
Zuletzt wurde das durchschnittliche Alter der Mitarbeiter erfragt.
In welchem Unternehmensbereich sind Sieverantwortlich tätig?
Die in der Studie befragten Teilnehmer wurden in die beiden Gruppen IT- sowie Business-Entscheider aufgeteilt.
Profil der befragten Entscheider
Inwieweit stimmen Sie folgenden Aussagen zu?
Wie stark ist Ihr Unternehmen von der Digitalen Transformation betroffen?
Wo hat die Digitale Transformation in Ihrem Unternehmen den stärksten Einfluss?
Wie schätzen Sie die digitale Kompetenz der Mitarbeiter im Unternehmen ein?
Welche Projekte bzw. Maßnahmen im Kontext der Digitalen Transformation setzt Ihr Unternehmen derzeit um?
Welche Initiativen sind notwendig, um Ihr Unternehmen fit für die Digitale Transformation zu machen? Welche wurdenbereits umgesetzt?
In welche Projekte bzw. Maßnahmen im Kontext der Digitalen Transformation sind Sie in Ihrem Unternehmen eingebunden?
Welche Funktionen sollte eine gute Führungspersönlichkeit im digitalen Zeitalter erfüllen?
Welche Eigenschaften zeichnen eine gute Führungspersönlichkeit im digitalen Zeitalter aus? Der Digital Leader…
Auf welchen Veranstaltungen und Konferenzen treffen sich die “Digital Leader”? Wie ist Ihre Einschätzung:
Digital Leaders – Leadership im digitalen Zeitalter
Die Auswertung des Reifegradmodells im Kontext Digital Leadership zeigt deutlich, dass die Führungskräfte der großen Unternehmen innerhalb der DACH-Region nur selten das Zeug zur digitalen Führungsrolle haben.
Wie wird die Digitale Transformation die Entwicklung Ihrer Karriere bzw. Ihrer unternehmensinternen Aufgabenbeeinflussen?
In welchen der folgenden Tätigkeitsbereiche profitierenSie persönlich von der Digitalen Transformation in Ihrem Unternehmen?
Mit welchen neuen Technologien beschäftigen Sie sich beruflich oder privat?
In welchen der folgenden Bereiche bauen Sie Ihre eigenen digitalen Skills aus?
Wie schätzen Sie Ihre eigene digitale Kompetenz ein?
Welche Stakeholder sind für Sie die wichtigsten Wissens und Sparringspartner, um die Digitale Transformation im eigenen Unternehmen voranzutreiben?
Wer fördert bzw. bremst die neuen digitalen Skills bzw. “Digital Leaders” im Unternehmen?
Wo sind die größten digitalen Skills bzw. die meisten Digital Leader vorhanden?

Erwartungsgemäß deutlich sind die Unterschiede zwischen den Generationen: Jüngere Entscheider schätzen den Einfluss der Digitalisierung auf das eigene Unternehmen viel höher ein als ältere. In Unternehmen, wo das Durchschnittsalter der Mitarbeiter unter 30 Jahren liegt, glauben 18 Prozent an einen "sehr starken" Einfluss der digitalen Transformation auf die Geschäfte. Liegt das Alter der Beschäftigten zwischen 30 und 40 Jahren, sind nur acht Prozent dieser Ansicht, bei den 40 bis 50-Jährigen sind es nur sechs Prozent und in der "Ü-50-Fraktion" glaubt sogar niemand hunderprozentig an die Digitalisierungschance.

Wie alt ist die Belegschaft Ihres Unternehmens im Durchschnitt?
Foto: Crisp Research AG

Für viele geht es um Kundenbeziehungen

Die Erwartungen an die Digitalisierung differieren deutlich. Drei Viertel aller Befragten hoffen, die Kundenbeziehungen auf ein höheres Niveau heben zu können. Ähnlich viele Entscheider glauben an bessere interne Prozesse und eine flexiblere Organisation. Erwartet werden eine intensivere Zusammenarbeit auf allen Ebenen (Teamwork, Collaboration) und das Aufbrechen des Silo-Denkens, wie es heute oft noch in den Abteilungen vorliegt. Für die Hälfte der Befragten ist die Digitalisierung allerdings schlicht ein "Medienhype", der überbewertet werde. Auffällig ist zudem, dass sich die meisten noch ganz am Anfang auf dem Weg in die digitale Zukunft sehen.

Wo hat die Digitale Transformation in Ihrem Unternehmen den stärksten Einfluss?
Foto: Crisp Research AG

Wie die Marktforscher feststellen, stehen beim digitalen Umbau derzeit eher operative als strategische Aspekte im Vordergrund. In der Studie heißt es: "Dies spiegelt eine alte, aber erprobte Denkweise der Entscheider wider. Sie optimieren lieber die bestehenden Prozesse in routinierter Manier, bevor sie sich auf eine disruptive Denkweise einlassen." Doch die Autoren mahnen, dass die eigentlich Chance der Digitalisierung darin liege, vorhandene Prozesse und Beziehungen in Frage zu stellen und disruptiven Ansätzen eine Chance zu geben. Wer sich in die operativen Themen "rette", gebe damit auch eine gewisse Hilflosigkeit in Sachen digitaler Transformation preis. So oder so: Im nächsten Schritt werde der Umbau in allen Unternehmen zu einem strategischen und grundlegenden Thema.

Widersprüche bezüglich digitaler Fitness

Interessant sind auch die Selbsteinschätzungen der Befragten bezüglich der digitalen Kompetenz der Mitarbeiter im eigenen Unternehmen. Tatsächlich stellen 57 Prozent der Entscheider den eigenen Leuten ein gutes Zeugnis aus: Das diesbezügliche Know-how sei stark (48,9 Prozent) oder sogar sehr stark (8,0 Prozent) ausgeprägt. Andererseits melden 43 Prozent hier ihre Zweifel an. Die Liste der konkreten Initiativen, die nötig seien, um das Unternehmen fit für die digitale Transformation zu machen, wird zudem von der Forderung nach einer "Aus- und Weiterbildungsinitiative" angeführt. Die Entscheider versprechen sich demnach am meisten davon, zunächst bei Qualifikation, Mindset und Organisationsfragen anzusetzen - obwohl sie ihren Leuten meist eine Menge digitales Know-how zusprechen.

Wie schätzen Sie Ihre eigene digitale Kompetenz ein?
Foto: Crisp Research AG

Für umsetzungsrelevant wird zudem die Umstellung der IT auf Cloud-Services erachtet und die Beauftragung externer Berater - vermutlich, um den unabhängigen Blick und vielleicht auch den nötigen Druck von außen zu bekommen. Wichtig erscheinen den Entscheidern zudem die Entwicklung neuer Geschäfts-, Preis- und Vermarktungsmodelle, die Umgestaltung der Webseiten und Portale sowie die Beschäftigung mit Big-Data- und Analytics-Projekten.

Digital Leader kommen oft aus der IT

Laut Studie ist unter den Befragten kein Personen- oder Funktionskreis für die Rolle eines Digital Leader prädestiniert. "Lediglich die CIOs konnten sich aufgrund ihres berufsbedingt ausgeprägten Wissens und ihrer Fähigkeiten rund um neue digitale Technologien als technologieexperten qualifizieren", schreiben die Autoren. Ansonsten seien die Digital Leaders in den jeweiligen Projekten zu finden, die sich etwa mit Kundenbeziehungen, internen Prozessen oder Produkten beschäftigten.

Am Ende seien aber nur wenige Personen wirklich in der Lage, in eine solche Rolle zu schlüpfen. Unternehmen sollten dafür sorgen, dass der in Frage kommende Personenkreis identifziert und maximal gefördert werde. Diese Talente bräuchten Entscheidungsfreiräume, Ressourcen und die Rückendeckung vom Management um sich optimal zu entfalten. Gleichzeitig wirbt die Studie dafür, dass jeder Entscheider im Unternehmen sein digitales Profil schärfen und sich mit den entsprechenden Themen intensiv beschäftigen sollte.

Neue Führungspraxis für die digitale Welt
Der Sportdirektor eines Vereins
Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
Führung in der Digitalisierung
Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen.
Die Landschaftsgärtnerin
Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf.
Die Seismologin
Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle".
Der Zen-Schüler
Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen.
Der DJ
Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung.
Die Intendantin eines Theaters
Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise.
Die Trainerin
Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein.
Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.