Kritik am neuen Telekom-Chef - Spekulationen um T-Systems

20.11.2006
Am neuen Telekom-Chef René Obermann kommt nach "Spiegel"-Informationen auch im eigenen Haus erste Kritik auf. Zudem gibt es neue Spekulationen um die Telekom-Tochter T-Systems.

Einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge verhandelt die Telekom seit einigen Wochen intensiv mit Atos Origin über einen Zusammenschluss oder ein Gemeinschaftsunternehmen. Nach Informationen des "Focus" ist der russische Milliardär Wladimir Jewtuschenkow weiter an einem Einstieg bei der Telekom interessiert und will im kommenden Jahr einen zweiten Anlauf wagen.

Wie es im "Spiegel" unter Berufung auf interne Papiere heißt, werde etwa die Leistung Obermanns als Chef der Handy-Sparte T-Mobile kritisch hinterfragt. So seien die Auslandstöchter in Großbritannien, Österreich und den Niederlanden bei genauer Betrachtung "margenschwach" und lägen "signifikant" unter europäischem Marktniveau, berichtet das Hamburger Magazin in seiner aktuellen Ausgabe. Ein Telekom-Sprecher entgegnete am Sonntag: "Wir sehen von Quartal zu Quartal eine Besserung in diesen Ländern." Aber auch die Kapitalrendite von T-Mobile werde in den Berechnungen kritisch gesehen, schreibt das Magazin. Unter Berücksichtigung aller Abschreibungen liege sie selbst im Jahr 2009 noch bei mageren 6,3 Prozent.

Die Gewerkschaft Verdi warnte Obermann unterdessen vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei der Telekom. Obermann müsse begreifen, "dass beim Personal nichts mehr zu holen ist", sagte das Verdi-Bundesvorstandsmitglied Lothar Schröder dem "Tagesspiegel". Die Telekom könne sich im Wettbewerb nicht durch niedrige Preise profilieren, sondern nur durch eine bessere Bedienung der Kunden. "Wenn Obermann den Personalabbau verschärft und er weitere Angriffe auf die Konditionen der Beschäftigten fährt, dann ist Krach mit uns programmiert", sagte Schröder.

Der Chef des russischen Mischkonzerns Sistema, Wladimir Jewtuschenkow, beteuerte unterdessen, dass er "nie im Leben" ohne Zustimmung der Berliner Bundesregierung bei der Deutschen Telekom einsteigen wolle. "Umgekehrt würde es ja auch für einen deutschen Großkonzern keinen Sinn machen, in Russland zu investieren, ohne dass die russische Regierung es billigt", sagte Jewtuschenkow in einem Interview mit dem "Spiegel".

Zugleich bekräftigte der Moskauer Milliardär aber sein Interesse an der Telekom: "Sie ist ein gutes Unternehmen. Gemeinsam könnten wir irgendwann Vodafone und all die anderen hinter uns lassen." Gerüchte, er strebe sogar eine Sperrminorität bei dem Bonner Konzern an, bestritt er: "Das haben andere hochgejazzt. Wir waren in diesem Theater eher Statisten." Nach Informationen des Magazins "Focus" plant der russische Investor über sein Unternehmen AFK Sistema für 2007 einen zweiten Anlauf, um fünf bis zehn Prozent der Telekom-Aktien zu kaufen. AFK Sistema hält 53 Prozent am Mobilfunk-Unternehmen MTS, das in Russland, Weißrussland und der Ukraine 64 Millionen Handy-Kunden hat.

Dem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge prüft die Deutsche Telekom en Zusammenschluss ihrer Geschäftskundensparte T-Systems mit dem französischen IT-Dienstleister Atos Origin oder einem anderen Partner. T-Systems führe mit Atos seit einigen Wochen intensive Gespräche über ein Gemeinschaftsunternehmen oder einen Zusammenschluss, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Zeitung. Ob die Verhandlungen zum Abschluss kämen, sei aber noch offen. Verhandlungskreisen zufolge spricht T-Systems auch mit anderen potenziellen Partnern. Darunter seien die IT-Dienstleister Capgemini und EDS. Ein T-Systems-Sprecher lehnte gegenüber der Zeitung einen Kommentar ab, Atos reagierte nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.

Am Freitag hatte ein Telekom-Sprecher der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX gesagt, dass ein Verkauf T-Systems beim Aufsichtsrat oder Vorstand kein Thema sei. Nach dpa-AFX-Informationen drängt vor allem der Telekom-Großaktionär Blackstone auf einen Verkauf des T-Systems-Großkundengeschäfts. Eine Sprecherin des Finanzinvestors lehnten einen Kommentar dazu ab. Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" plant der neue Vorstandschef René Obermann bereits einen Teilverkauf von T-Systems. Dabei handele es sich um Segmente, die nicht unmittelbar in den Bereich der Telekommunikation fielen, schreibt das Blatt ohne konkrete Details zu nennen. (dpa/tc)