Steuerberater-Anwender-Tagung des Softwarehauses Schleupen:

Kritik am Hardwarelieferanten MAI

13.06.1980

FRANKENTHAL (ub) - Im Grundsätzlichen zufrieden mlt ihrer hauseigenen DV-Organisation zeigten sich rund 120 Steuerberater bei einer Anwender-Tagung in Frankenthal/Pfalz. Leo Schleupen, Geschäftsführer der gleichnamigen Systemanalyse GmbH, dem Veranstalter des Meetings, formulierte als Ziele der Zusammenkunft den Informations- und Erfahrungsaustausch sowie das Ansprechen von Problemen. Kritikpunkte sah man vorwiegend beim Hardwarelieferanten MAI. Künftig sollen die Treffen im halbjährigen Turnus stattfinden und unter anderem als eine Art Börse für die von einzelnen Anwendern entwickelte Master (Kostenrahmen, BWA-Standards etc.) fungieren. Nächster Termin: November 1980.

Die Veranstaltung in Frankenthal war bereits die fünfte seit 1975, wobei zum Schluß eine zweijährige Pause eingetreten war. Sie ist bisher die einzige ihrer Art, die von einem Softwarehaus veranstaltet wird. Leo Schleupen: Da muß das eigene Haus schon in Ordnung sein, wenn man sich der geballten Anwenderkritik stellt. Die erste Anwendertagung vor fünf Jahren fand mit einer Handvoll Benutzer statt. Inzwischen ist die Zahl der Steuerberater, die die Schleupen-Programme auf MAI-Computern einsetzen, auf über 200 gestiegen. Fast alle haben einen Softwarewartungsvertrag abgeschlossen. Zwischen MAI und dem Softwarehaus besteht eine Arbeitsteilung. Um die Anwendersoftware kümmert sich ausschließlich die Leo Schleupen Systemanalyse GmbH, wobei seit vier Jahren eine vollmaschinelle Programmpflege durchgeführt wird.

Die Steuerberater-Programme des Softwarehauses Schleupen laufen auf MAI-Dialogcomputern mit unterschiedlichen Betriebssystemen. Die Programmkompatibilität zwischen den Anlagen mit den Betriebssystemen BB1, BB2 und BB3 war dann auch einer der Problemkreise, die heiß diskutiert wurden. Leo Schleupen stellte klar, daß der technologische Fortschritt im Computerbau neue und leistungsfähigere Systemarchitekturen und damit auch neue Betriebssysteme gebracht hat. So seien die MAI-Computer von 1975 unter BB1 nicht mehr mit den neuen Anlagen unter BB3 zu vergleichen. Die Systeme seien zwar aufwärtskompatibel, aber nur bedingt abwärts. Beispielsweise könnten für Computer mit dem Betriebssystem BB3 entwickelte Programme durch gewisse Software-Simulationen auch mit BB2, aber nicht mit BB1 gefahren werden. So wird es nicht möglich sein, die neuentwickelte Berichtsbilanz aus Speicherkapazitätsgründen für BB1 "umzumodeln". Schleupen schlug vor, künftige Anwender-Tagungen getrennt nach Betriebssystemen zu veranstalten, um spezieller auf die Probleme der einzelnen Anlagen eingehen zu können. Die Mehrheit der Anwesenden hielt ein solches Vorgehen für sinnvoll.

Im informativen Teil der Veranstaltung stellte Leo Schleupen drei neue Programmpakete (Berichtsbilanz, Textmodul und Terminüberwachung) vor. Er gab bekannt, das MAI jetzt auch ein Laufwerk für ECMA-34 Kassetten liefere. Damit könnten unter anderem die Mandanten auf diesem Datenträger ihre Daten selbst erfassen. Ferner habe man die softwareseitigen Voraussetzungen für einen Datev-Anschluß geschaffen und das Verfahren bereits bei einem Pilotanwender realisiert. Der Sprecher des Softwarehauses räumte ein, daß es bisher mit der Programmdokumentation nicht zum Besten gestanden habe. Inzwischen sei jedoch der Anwenderkreis so groß geworden, daß man eine eigene Dokumentationsabteilung habe einrichten können. Wie künftig die Dokumentationen aussehen werden, wurde am Beispiel der Lohnprogramme demonstriert und bei dieser Gelegenheit die grundsätzliche Systematik erklärt.

Leo Schleupen erläuterte auch die Verfahrensweise der künftigen Kundenbetreuung. Man werde nicht nur Kurse für neue Anwender anbieten, sondern auch Nachschulungen durchführen. Voll computerisiert habe das Softwarehaus die Fehlerdiagnose. Jeder Anruf werde in einer Datenbank gespeichert mit Angabe des Fehlers und wie er behoben wurde. Das ermögliche eine bessere Qualitätskontrolle der Programme und eine Lokalisierung bestimmter wiederkehrender Hard- und Softwarefehler. Mit diesem Verfahren könne ein System und seine aufgetretenen Fehler bis zum ersten Tag rückverfolgt werden. Durch die zentrale Speicherung aller Fehler und Lösungen könnten mehr solcher Probleme sofort gelöst werden. Bei einem Anruf überprüfe man zuerst, ob es diesen Fehler schon mal gegeben hat und könne gegebenenfalls auf die dort gefundene Lösung zurückgreifen.

Aus dem Anwenderkreis wurde vorgeschlagen, die Programme künftig, zumindest alternativ, auf dem Wege der Fernwartung mittels eines Postmodems zu pflegen. Leo Schleupen erklärte hierzu, in seinem Hause seien die technischen Voraussetzungen vorhanden, doch sei zu Bedenken, daß hardwareseitig beim Anwender ein zusätzlicher Kanal benötigt werde. Damit sei das Ganze eine Kostenfrage.

Peter Bolik, Steuerberater aus Fulda, regte in einem Vortrag an, eine Art institutionalisierte Interessengemeinschaft der Anwender zu bilden, um die Anwenderinteressen gegenüber MAI und dem Softwarehaus Schleupen besser durchsetzen zu können. Zu einem konkreten Beschluß kam es in dieser Angelegenheit nicht. Einige Steuerberater wollten auch nicht so recht daran glauben, daß sich in ihrer Branche so etwas wirksam organisieren läßt.

Verschiedentlich Kritik geübt wurde am technischen Kundendienst von MAI. Man bemängelte, daß die Servicetechniker manchmal zu lange auf sich warten ließen, kaum vorbeugende Wartung durchgeführt werde, Kunden ohne Wartungsvertrag schlechter behandelt würden als solche mit und die Wartungspreise zu hoch seien. Von Peter Bolik kam der Vorschlag, gegebenenfalls einen eigenen Wartungsdienst aufzuziehen. Die meisten seiner Kollegen hielten das Vorhaben für nicht machbar. MAI-Vertriebschef Ernst Pätzold, der teilweise an der Tagung teilnahm, erklärte zu den Vorwürfen im Bezug auf die Wartung, er müsse gewisse Servicelücken zugeben. Sie seien jedoch nur vorübergehend und regional gewesen. Mit den Wartungspreisen liege man im üblichen Rahmen. Den Vorschlag, den Steuerberatern einen Sonderwartungsvertrag einzuräumen, lehnte er ab.